Celina Kress
Adolf Sommerfeld / Andrew Sommerfield
Bauen für Berlin 1910–1970

 

»Auf den Spaziergängen meiner Kindheit war diese Tür [der Eingang zum Haus Sommerfeld, B.G.] verschlossen, und ich fragte mich, welche Geschichte wohl dahinter verborgen lag.« Diesen Satz stellt die Autorin an das Ende ihres Buches. Hier soll er am Anfang stehen, weil er eine wesentliche Intention des Buches beschreibt, nämlich die Türen des Wissens um die Person A. Sommerfelds zu öffnen. – Fuhr ich als Berliner durch die Stadtgebiete im Süden Berlins, wie z.B. die Waldsiedlung um den U-Bahnhof Onkel-Toms-Hütte, so fielen mir diese Areale als einheitliche Stadtstruktur auf, die als Ganzes im Stadtraum wahrnehmbar ist. Erst bei der Lektüre des vorliegenden Bandes wurde mir aber bewußt, daß hier die Handschrift einer Persönlichkeit ablesbar ist und entscheidend zu diesem Eindruck geführt hat. Damit verbunden zeigt sich jedoch auch ein Problem, da die betroffenen Gebiete in ihrer Ausdehnung und Einheitlichkeit bis heute zu einem gewissen Grad Fremdkörper in der Stadt geblieben sind. Diesen Erkenntnisgewinn und die Biographie einer für die Stadtentwicklung bedeutenden aber (noch) unbekannten Person stellen den Verdienst des vorliegenden Buches dar.
Es gliedert sich in mehrere Kapitel, die – vereinfacht gesprochen – die Stadtbaugeschichte Berlins von der Zeit um 1900 bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Aspekt der Siedlungsentwicklung beschreiben. Die Titel der Kapitel setzen den zeitgeschichtlichen Rahmen, innerhalb dessen die Biographie Sommerfelds geschildert und in ihren historischen Zusammenhang gestellt wird. Das erste, einleitende Kapitel »Adolf Sommerfeld und die Großstadt Berlin« gibt einen Abriss über den Städtebau des 20. Jahrhunderts bis zur heutigen Situation und setzt ihn ins Verhältnis zur Person Sommerfelds sowie zur Geschichte Berlins und seines Siedlungsbaus.
Das zweite Kapitel »Junge Metropole: Groß-Berlin 1910« und die folgenden nehmen nun direkten Bezug auf die Person Sommerfelds…
Im Abschnitt »Bauen um die Metropole 1910–1933« beschreibt die Autorin, wie Sommerfeld nach dem Ersten Weltkrieg seine Kontakte zu den überkommenen Terraingesellschaften wieder aufleben ließ … Interessant ist hier, daß durch die Kooperation mit Architekten wie Walter Gropius, der dem industriellen Bauen verbunden war, Salvisberg, Paul Mebes u.a. die Architektur in den Vordergrund rückte. Sommerfeld erkannte ihre Bedeutung als künstlerische Disziplin und setzte sie gezielt als bild- und charaktergebend für die neu gestalteten Siedlungen ein…
Im Kapitel »Bauen mit dem Bauhaus 1920–1924« zeigt die Autorin die wichtigste Verbindung Sommerfelds zu einem Architekten auf, nämlich die Freundschaft zu Walter Gropius…
Im Abschnitt »Bauen für das neue Berlin 1920–1933« beschreibt Kress die erste Hälfte der zwanziger Jahre als eine Zeit, die von einem hohen Wohnungsbedarf geprägt ist. Eine staatliche Mietpreisbindung, die die Mieten weit unter dem Marktwert festsetzte, machte den Wohnungsbau für private Initiativen wirtschaftlich uninteressant. Sommerfeld nutzte diese Zeit, um seine bis dahin erlangten Fähig- und Fertigkeiten auszubauen und zu professionalisieren…
Die Hochzeit seines Einflusses erlangte Sommerfeld Mitte der zwanziger bis Anfang der dreißiger Jahre. Die politischen Konstellationen beförderten die großmaßstäblichen Siedlungsentwicklungen … Personen wie der damalige Stadtbaurat M. Wagner und der Stadtrat für Verkehr Ernst Reuter verfolgten für Berlin das Leitbild der Großstadt und setzen es auch politisch um. Im Sog dieser Konstellation entstanden zahlreiche und weitreichende Stadtentwicklungen, an denen Sommerfeld maßgeblich beteiligt war.
Die Autorin zeigt, daß auch die Zusammenarbeit mit Gropius sich in dieser Zeit verstärkte – zeitweise arbeitete Gropius überwiegend für den Sommerfeldkonzern. Die Idee des industriell gefertigten Wohnungsbaus wurde von beiden wieder aufgegriffen und in mehreren Projekten intensiviert und verfeinert…
Der letzte Abschnitt »Verlorene Metropole: Berlin 1933–1970« schildert, wie Sommerfeld schon 1932 durch den politischen Umschwung in Deutschland als jüdischer Unternehmer den willkürlichen Repressalien der Nationalsozialisten ausgesetzt war. Belästigungen und Beeinträchtigungen mündeten in die Enteignung und anschließende Flucht 1933 in die Schweiz und später nach Frankreich, Palästina und England. Hier änderte er seinen Namen in Sommerfield Adolf Sommerfeld starb im Jahre 1964 in der Schweiz.
Das Buch ist eine mit Bildern und Planmaterial üppig ausgestattete und gut recherchierte Biographie und beleuchtet einen Menschen, der mehrere Akteurstypen des Städtebaus in sich vereint und dadurch großen Einfluss ausüben konnte. Die Person Sommerfelds wird in ihrem stadtbaugeschichtlichen und zeitgeschichtlichen Zusammenhang dargestellt. Die angesprochenen Kapitel »Junge Metropole: Groß-Berlin 1910« oder »Bauen für das neue Berlin« beschreiben die politischen und zeitgeschichtlichen Umstände fundiert, bilden den notwendigen Hintergrund für die persönliche Entwicklung Sommerfelds und lassen seine Biographie stets greifbar, plausibel und nachvollziehbar erscheinen. Ist das Buch gut und flüssig geschrieben, erscheinen doch einzig Begriffe wie »Netzwerke«, »medial« oder »Synergieeffekte« gerade im ersten und chronologisch am weitesten zurückgreifenden Teil für die Beschreibung der damaligen Situation nicht unbedingt angemessen und wirken ein wenig modisch. Im Anhang geben ausgiebig und durch Sommerfeld selbst gut dokumentierte Werkverzeichnisse Aufschluss über sein immenses Lebenswerk.
Zusammenfassend ist der Band eine höchst interessante Lektüre und für das Verständnis der Stadtgeschichte Berlins und seiner Entwicklung ein echter Erkenntnisgewinn. Bezugnehmend auf das eingangs erwähnte Zitat, vermag das Buch »die Tür zu öffnen und eine bis dahin verborgene Geschichte von und für Berlin zu erzählen«.
Benjamin Günther, in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte, Band 63 (2012)

 

Lange hat man auf die überfällige Unter­suchung zum Auf- und Abstieg einer der bedeutendsten deutschen Unternehmerper­sönlichkeiten im Baugewerbe Berlins warten müssen – nun zeigt sich: Es hat sich gelohnt! Schon im Titel – in der anglisierenden Um­benennung des Namens Adolf Sommerfeld (1886–1964) in Andrew Sommerfield – wird deutlich, dass man es in diesem Buch von Celina Kress mit dem tragischen Schicksal eines deutschen Juden im 20. Jahrhundert zu tun hat, der als Wegbereiter der Berliner Variante moderner Stadtentwicklungspro­zesse im Wirbel politischer Ereignisse lebte und im Exil überlebte. Entsprechend endet diese voluminöse Untersuchung mit der bru­talen Vertreibung Sommerfelds und seiner Familie gleich zu Beginn der nationalsozia­listischen Terrorherrschaft 1933 und seinem letztlich erfolglosen Versuch, die prägende Arbeit für Berlins Großstadtentwicklung auch nach 1945 in der geteilten Stadt wie­der aufzunehmen.
[…] Wie Sommerfeld den Suburbanisierungsprozess der Stadt ma
ßgeblich mit­gestaltet und die Verlagerung vom Leitbild des dichten zum aufgelockerten Städtebau befördert hat, dokumentiert Kress an bis­lang unbeachtet gebliebenen Archivfunden. Das beeindruckende Plan- und Fotomaterial machen ihr Buch zu einem Grundlagenwerk der kommunalen Bauökonomie Berlins und der ihr verbundenen sozialdemokratisch ori­entierten modernen Architektur, mithin zu einem Buch, das man besitzen sollte.
Karin Wilhelm, in: der architekt 4/12

 

Celina Kress, selbst Architektin und vielseitige Architektur- und Städtebauhistorikerin, wählt in ihrer aufwändig und umfassend recherchierten Forschungsarbeit einen biographischen Zugang zur Praxis der Berliner Stadtplanung und -entwicklung. Es geht um den Developer, Bauunternehmer und Berliner Bürger Adolf Sommerfeld, der 1933 nach erzwungener Emigration im Ausland beruflich eine neue Existenz aufbaute, nach dem Krieg wieder nach Berlin zurückkehrte, nun aber das Baugeschehen nicht mehr so prägen konnte wie in den von Kress zentral behandelten 1920er Jahren. In diesen trat Sommerfeld mit seiner ständig expandierenden Firma auf mehreren Gebieten tatkräftig, innovativ und effizient hervor. Kress’ Arbeit ist eine der ganz wenigen, die tatsächliche Stadtproduktion in dieser Periode außerhalb des eigentlichen öffentlichen Städtebaus behandelt. […]
Zu Recht unterstreicht die Autorin, dass mit ihrem Buch »neue Perspektiven auf wichtige Projekte und Akteursbeziehungen der klassischen Moderne sowie auf das Verhältnis zu den konkurrierenden Architekturrichtungen einer gemäßigten oder konservativen Moderne« erschlossen werden können. Sommerfelds attraktive, am aufgelockerten »Grün« und überwiegend am Wohneigentum orientierte Projekte stellten freilich ihre eigenen Ansprüche an den verfügbaren Siedlungsraum. Aus heutiger Sicht zeichnen sie sich durch Pragmatismus und Nachhaltigkeit aus. Dass sich der Ansatz insgesamt in der heutigen ökonomisch und funktional emanzipierten Suburbanität inmitten komplexer, verdichteter Siedlungsgefüge nicht einfach wiederholen lässt, dass wir uns gegenwärtig eher Gedanken um die Innenstadtgebiete machen, ist klar. Aber das Buch von Kress zeigt mancherlei geglückte Beispiele dafür, wie Gestaltungsqualität und ökonomische Erfordernisse im Zusammenhang der Großstadtentwicklung miteinander verbunden wurden.

Clemens Zimmermann, in: Forum Stadt, 39. Jahrgang, Heft 2/2012

 

Haus Sommerfeld – dominant ziert das erste ganzheitliche Werk des Weimarer Bauhauses den Einband des Buches und erweckt neben dem Interesse auch die Sorge des Betrachters, dass der hohe Wiedererkennungswert dieser Ikone nur der Kaufreizsteigerung dienen solle. Der Titel nennt vor Sommerfeld jedoch Adolf, nicht Haus. Hier wird aber keine Trittbrettfahrerei betrieben, sondern der in Vergessenheit geratene Unternehmer und Namengeber in Erinne­rung gerufen wird.
Der 1886 in Kolmar/Posen geborene Adolf Sommerfeld absolvierte in Berlin eine Zimmermannslehre und gr
ündete 1910 im Alter von 24 Jahren seine erste Baufirma. In den Folgejahren der republikanischen Zwischenkriegszeit expandierte diese zu einer alle Bereiche der »Stadtproduktion« abdeckenden Unternehmensgruppe. Getreu dem Motto seines Freundes und Bankiers Hugo Simon: »Bauunternehmer müssen gute Netzwerker sein«, war er gleichzeitig auch Betreiber von Sägewerken, Holzbearbeitungsbetrieben, Ziegeleien und Gartenbaubetrieben, Anteilseigner von Wohnungsbaugesellschaften und auch Eigentümer von Bauentwicklungsland in den Berliner Metropolregionen. In Kooperation mit den Stadträten Reuter und Wagner entwickelte er soziale Wohnungsbau-Großprojekte, für die Onkel-Tom-Siedlung in Berlin-Zehlendorf ermöglichte er deren Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz, indem er dort einen U-Bahnhof plante und auch finanzierte.
Zahlreiche seiner Projekte realisierte Sommerfeld mit Protagonisten des
»Neuen Bauen«, wie Erich Mendelsohn, Richard Neutra, Fred Forbat, Rudolf Salvisberg, Bruno Taut, Hugo Häring und im Besonderen Walter Gropius, mit dem ihn seit 1919 eine Freundschaft verband. Seine Suche nach innovativen Methoden der schnellen und preiswerten Wohnungsproduktion machte ihn zum Förderer und privaten Geldgeber des Bauhauses. Sommerfeld entwickelte aber durchaus auch Projekte in tradierter Formensprache, wie zu Beginn der dreißiger Jahre die Siedlung Kleinmachnow am Berliner Stadtrand. Mittels eines Finanzierungsangebotes, das nur einen geringen Eigenkapitalanteil erforderte, sollte einkommensschwachen Familien ein Haus mit Sonne, Luft und Garten ermöglicht werden.
Sommerfeld hatte wesentlichen Anteil am Entstehen der Gro
ßstadt Berlin und im Besonderen an der Entwicklung der Siedlungsbauprojekte der Weimarer Republik. Der Republikaner und sozialdemokratisch engagierte Jude Sommerfeld war schon vor deren Machtübernahme ein erklärtes Feindbild der Nationalsozialisten. Im März 1933 erfolgte ein Überfall bewaffneter SA-Leute auf sein Haus, Sommerfeld musste um sein Leben und das seiner Familie fürchten und flüchtete über Frankreich und Palästina nach England. Dort nahm er die britische Staatsbürgerschaft an und änderte seinen Namen in Andrew Sommerfield. Die Nationalsozialisten enteigneten 1935 sein Vermögen und arisierten seine Firmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Deutschland zurück, von 1948 bis 1952 andauernde Restitutionsverfahren endeten überwiegend in Vergleichen, machten ihn aber wieder zum Hauptaktionär der Firmengruppe. Sommerfield fand in das Berliner Baugeschehen zurück, konnte aber nicht mehr an seine herausragende Rolle vor 1933 anschließen. 1954 verlegte er seinen Wohnsitz in die Schweiz, wo er 1964, kurz vor Vollendung seines 78. Lebensjahres, verstarb.
Die au
ßerordentlich lesenswerte Publikation von Celina Kress macht deutlich, dass weder innovative Kunstschulen wie das Bauhaus noch derVorzeige-Wohnungsbau der Weimarer Republik eine lange Lebenserwartung gehabt hätten, wäre allein die Architektenschaft für deren Geburt verantwortlich gewesen. Auch wenn der in einigen Textpassagen ungefiltert durchscheinende wissenschaftliche Duktus der auf einer Doktorarbeit basierenden Monographie den interessierten Laien vielleicht enerviert, kann sie hoffentlich dazu beitragen, Adolf Sommerfeld und sein Schaffen nicht nur in der Fachwelt dem Vergessen zu entreißen – und keine Sorge, »Haus« Sommerfeld kommt natürlich auch darin vor.
Thomas Katzke, in: Bauwelt 18.12, 103. Jahrgang

 

Neben der gründlichen Aufarbeitung der Biografie Sommerfelds, seiner Unternehmensgeschichte und seiner kaum zu überschätzenden Bedeutung für die Entwicklung suburbaner Wohnsiedlungen überzeugen in der Publikation von Celina Kress vor allem die grundlegenden Ausführungen zur bislang vernachlässigten Relevanz der privaten Terrainentwicklung in der Weimarer Republik. Sommerfelds Kooperationen mit einer Reihe der bedeutendsten Architekten seiner Zeit, sein Einsatz für Typisierung und serielle Bauproduktion, aber auch sein Gespür für unterschiedlichen Nutzergruppen angepasste Angebote sowie sein unternehmerisches Geschick, das es ihm ermöglichte, mit den zentralen Akteuren der Baupolitik der Weimarer Republik zu kooperieren, werden in der Publikation von Kress eindrucksvoll deutlich. Die Arbeit wertet neben der relevanten Literatur auch den Nachlass Sommerfelds sowie die projektbezogenen Bestände des Berliner Landesarchivs und zahlreicher anderer Archive aus und bindet ihre Erkenntnisse in eine überzeugende, stringente und vorzüglich bebilderte Gesamtdarstellung ein.
Die vollständige Rezension lesen…
Paul Sigel, für die Redaktion H-Soz-u-Kult, Januar 2012

 

Die Autorin, zugleich Architektin und Stadthistorikerin am Center for Metropolitan Studies der Technischen Universität Berlin, hat sich mit diesem aus ihrer 2008 an der Technischen Universität Berlin abgeschlossenen Dissertation »Zwischen Bauhaus und Bürgerhaus – Die Projekte des Berliner Bauunternehmers Adolf Sommerfeld« hervorgegangenen Werk mit biographischem Ansatz eines bisher wenig beachteten Kapitels der Berliner Bautätigkeit der Zwischenkriegszeit angenommen: des Wirkens privater Unternehmer in der Stadtentwicklung. Die große Zeit der Terrainunternehmen, wie sie etwa Christoph Bernhardt [Bauplatz Groß Berlin. Wohnungsmärkte, Terraingewerbe und Kommunalpolitik im Städtewachstum der Hochindustrialisierung (1871–1918), Berlin/New York 1998] darstellt, schien mit den politischen und sozialen Veränderungen nach Ende des Ersten Weltkrieges vorbei zu sein. Dass dies nicht der Fall war, zeigte Georg Haberland, der als unermüdlicher Selbstdarsteller die Geschicke seiner »Berlinischen Boden-Gesellschaft« vor und nach dem Krieg publizistisch begleitete und beschreiben ließ.
Adolf Sommerfeld gehörte einer jüngeren Generation an. 1886 geboren, begann sein Aufstieg in der späten Kaiserzeit. Im Ersten Weltkrieg sorgte der gelernte Zimmermann, Architekt und Bauunternehmer/Holzhändler mit innovativen Holzhallenkonstruktionen vor allem für Flugzeuge und Luftschiffe, in der unmittelbaren Nachkriegszeit durch einfache Holzhäuser für Aufsehen und geschäftlichen Erfolg. Als Architekt hatte er zuvor im Auftrag einer der wichtigen Terraingesellschaften im Berliner Raum, der »Allgemeinen Häuserbau-Actien-Gesellschaft« (AHAG), gearbeitet und 1912 die Tochter des Direktors und Gesellschafters geheiratet. Bis 1922 sollte er die Aktienmehrheit dieser und anderer mit ihr räumlich und geschäftlich verbundenen Firmen übernehmen. Aktionsbereich der Sommerfeldschen Unternehmen war vornehmlich der Südwesten der werdenden Metropolenregion Berlin. Die Stadtgrenze von 1920 wurde dabei vor allem im Bereich Kleinmachnow in die Provinz Brandenburg hinein überschritten.
Die vielfältigen und häufig innovativen Tätigkeitsfelder Sommerfelds erlauben der Autorin sowohl die Herstellung einer klassischen Architektenbiographie einschließlich des Werkverzeichnisses wie auch eine exemplarische Darstellung des Beitrages der privaten Stadtentwickler an der Gestaltung des modernen Berlin: Neue zeitgemäße Netzwerke entstanden. Enge Verbindung zu Sommerfeld unterhielten nicht nur Architekten wie Walter Gropius, der auch das Wohnhaus Sommerfeld – ein Holzhaus – entwarf, sondern auch der Stadtbaurat Martin Wagner. Sommerfeld gehörte zu den ein offenes Haus führenden bürgerlichen Sozialdemokraten wie der mit ihm geschäftlich und freundschaftlich verbundene Bankier Hugo Simon. Die künstlerische und politische Elite der Zeit traf sich auch im Hause Sommerfeld. In enger Zusammenarbeit mit der gewerkschaftsnahen Wohnungsgesellschaft Gehag wurden ab 1926 die dem Sommerfeld-Konzern gehörenden Flächen am Südwestrand des Grunewalds erschlossen und im Auftrag der gemeinnützigen Gesellschaften GEHAG und GAGFAH bebaut. Es gelang sogar, die vor dem Kriege maßgeblich aus Terraininteressen heraus bis nach Dahlem geführte U-Bahnlinie über das Terrain zu verlängern und mit einem im Schnellbahnhof baulich integrierten Einkaufszentrum zu versehen. Die Modernität der hauptsächlich nach Entwürfen des Architekten Bruno Taut entstandenen Flachdachbauten bewirkte – für die Weimarer Zeit typisch – ideologisch in der Rechten zu lokalisierende Gegenpositionen, die den »Zehlendorfer Dächerkrieg« entfachten.
Anders als in den Etagenwohnhaus- und Reihenhaussiedlungen im Berliner Bezirk Zehlendorf waren die Bauflächen des Konzerns in Kleinmachnow für Einzelwohnhäuser vorgesehen. An der das Siedlungsprojekt durchführenden Gesellschaft waren Sommerfeld und der Kreis Teltow zu gleichen Teilen beteiligt, wie die Autorin beschreibt. Es gelang Sommerfeld, 1930 für die Siedlungshäuser ein Finanzierungsmodell zu entwickeln, das trotz der auf den Höhepunkt gelangten Weltwirtschaftskrise erfolgreich war. Der Besitz von Einzelhäusern war nun auch in Deutschland nicht nur vermögenden Bevölkerungsschichten offen.
Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme begann – wie hier ebenfalls dargestellt wird – der Terror gegen den jüdischen Unternehmer Sommerfeld und seine Mitarbeiter. Ein Überfall auf sein Wohnhaus ließ ihn um sein Leben fürchten. Nur mit einem Rucksack im Gepäck konnte er im Frühjahr 1933 Berlin verlassen. NSDAP-Mitglieder wurden zu kommissarischen Leitern der Firmengruppe. Dieser sehr frühen »Arisierung«, der Herausgabe des gesamten Geschäftsvermögens einschließlich der Grundstücke zugunsten einer anonymen Treuhändergruppe, musste Sommerfeld 1935 zustimmen, um wenigstens Reste des Privatvermögens zu erhalten. Die neuen »Besitzer« führten den erfolgreichen Siedlungsbau und Verkauf in Kleinmachnow weiter und begannen weitere Projekte, unter anderem mit der ebenfalls gleichgeschalteten GAGFAH das Vorhaben des Baus einer »SS-Siedlung« auf Sommerfeld-Terrain.
1949 kehrte er – jetzt als britischer Staatsbürger Andrew Summerfield – zeitweilig nach Berlin zurück. Nach zähen Verhandlungen wurde ein Vergleich über eine Entschädigung und die Restitution der nach dem Krieg vorhanden Reste der Firmengruppe geschlossen. Zunächst waren es Wiederaufbaumaßnahmen, ab 1956 Kaufeigenheime. Innovativen Städtebau unterstützte er durch ein Bauvorhaben in der »Waldstadt Karlsruhe« 1956. Sommerfeld starb 1964. In Berlin erinnert der zwei Jahre nach seinem Tod benannte »Summerfieldring« in Berlin-Wannsee, an dem von seinen Firmen gebaute Kaufeigenheime liegen, an den Unternehmer.
Mit dieser Biographie hat Celina Kress nicht nur das Leben und Wirken eines Architekten und Bauunternehmers der Vergessenheit entrissen, sondern auch den Nachweis erbracht, dass die private Siedlungserschließung in großem Stil durchaus noch in der Weimarer Zeit ideenreich und innovativ fortgeführt wurde. Das NS-Regime hat auch hier die Entwicklung zerstört. Trotz Bemühungen konnte an die Entwicklung vor 1933 nicht mehr angeknüpft werden. So hat die Verfasserin mit dem vorzüglich ausgestatteten Buch und einem umfangreichen Anhang (unter anderem Daten zu Firmenstrukturen und -Statistik, Erschließungsgebiete und Bauprojekte, ausgeführte Bauten, Patente und Gebrauchsmuster, Personen- und Firmenregister) einen wichtigen Forschungsbeitrag zur Entstehung der Metropolenregion Berlin geleistet.
Felix Escher, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Band 57 (2011)

 

Berühmte Architekten wie Alfred Messel und Peter Behrens, Martin Wagner, Bruno Taut und Hans Scharoun gelten als die Erbauer des Neuen Berlin im frühen 20. Jahrhundert, aber Adolf Sommerfeld? Die Bauhistorikerin Celina Kress rückt nun den in Vergessenheit geratenen Protagonisten ins Blickfeld, der den namhaften Baukünstlern den Bau von Hunderten von Häusern erst ermöglichte. Sommerfeld wurde 1886 in Kolmar/Posen geboren, war gelernter Schreiner und Absolvent einer Baugewerkschule.
Als Bauunternehmer realisierte er bereits vor dem Ersten Weltkrieg Wohn- und Geschäftsbauten, darunter den Kopfbau des Kaufhauses Wertheim am Leipziger Platz, und arbeitete später mit den Bauhaus-Architekten zusammen.
Und er wirkte als, heute würde man sagen »Developer«, im Südwesten Berlins, von Onkel Toms Hütte bis zum Botanischen Garten. Mit einem ausgeprägten unternehmerischen Gespür ausgestattet, verlegte er sich mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf Industriebau, militärische Hallen und Truppenunterkünfte, wofür er rationelle und materialsparende Bau- und Konstruktionsmethoden entwickelte. 1921 entstand in dieser Bauweise die Tribüne an der Südschleife der Avus.
Aber auch für die Fertighäuser seiner flexiblen Holzbausysteme gab es nach dem Ersten Weltkrieg viel Bedarf. Nun tat er sich mit gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen zusammen und engagierte sich wieder verstärkt im Wohnungsbau. Das Interesse für vorfabrizierte Bauweisen teilte er mit Walter Gropius. Für ihn errichtete er in Lichterfelde ein berühmt gewordenes, zweigeschossiges Holzhaus. Das im Krieg zerstörte »Haus Sommerfeld« war mit seinem reich dekorierten und farbig gefassten Interieur ein Hauptwerk der expressionistischen Architektur und ist in jeder Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts abgebildet.
1920 begann Sommerfeld mit der Zehlendorf-West Terrain-Gesellschaft beiderseits der Onkel-Tom-Straße ein Gelände von 200 Hektar zu entwickeln und reagierte auf die proportional höhere Nachfrage nach Villen und Landhäusern. Dazu gehörte auch die Onkel-Tom-Siedlung selbst, aber auch die Siedlung »Sommerfelds Aue« mit den berühmten Häusern an der Onkel-Tom-Straße, die Richard Neutra im Büro Erich Mendelsohns entworfen hatte. Ihre Besonderheit war eine Art Drehbühne mit drei unterschiedlichen Raumteilen und -einrichtungen, durch die der Wohnraum verwandelt werden konnte.
Anfang der dreißiger Jahre war er damit befasst, die »Bürgerhaussiedlung« Kleinmachnow zu realisieren, als die Nationalsozialisten ihn mit ihrer besonderen Aufmerksamkeit bedachten. Celina Kress schildert anschaulich, mit welchen perfiden Methoden Sommerfeld um seinen Konzern gebracht wurde. Nach einem bewaffneten Überfall auf sein Haus floh Sommerfeld Anfang April 1933 in die Schweiz, dann nach Frankreich und 1935 nach Palästina. Als er dort nicht Fuß fassen konnte, ging er 1938 nach England, wo er als Andrew Sommerfield britischer Staatsbürger wurde und Modellbaukästen produzierte. In den fünfziger Jahren bemühte er sich um Rückübertragung der Reste seines Konzerns und wirkte ab 1952 wieder als Projektentwickler beim Wiederaufbau in Berlin und in Süddeutschland. 1954 bis zu seinem Tod 1964 hatte er seinen Wohnsitz in der Schweiz.
Die Autorin beschränkt sich nicht auf die Schilderung eines bewegten und spannenden Lebens, sondern sie ergänzt es durch Kapitel über die Berliner Architektur und Stadtentwicklung zu einem Zeitgemälde, das fünf Jahrzehnte und drei politische Systeme umfasst. Der Standardsatz scheint hier wieder einmal angebracht: Das verdienstvolle Buch schließt eine Lücke in der Berliner Baugeschichtsschreibung.
Falk Jaeger, in: Der Tagesspiegel am 3.10.2011

 

Anfang April des Jahres 1933 packt Adolf Sommerfeld hek­tisch seinen kleinen Jagdruck­sack und verabschiedet sich von seiner Frau und seinen beiden Kindern. Er verlässt fast überstürzt seine Villa am As­ternplatz in Berlin-Lichterfelde. Es ist höchste Zeit. Wenige Tage zuvor, in der Nacht auf den 1. April, haben betrunkene SA-Männer dem größten und erfolgreichsten jüdischen Bauunternehmer der Stadt unmissverständlich zugesetzt. Sein Haus wurde angegriffen, es fielen Schüsse.
Adolf Sommerfeld und seine Familie blieben noch einmal unversehrt. Sie wussten genau, dass es beim nächsten Mal schon sicher weniger glimpflich ausgehen wird. Sommerfeld verließ als einer der ersten bedeutenden jüdischen Unternehmer die deutsche Hauptstadt.
Er floh zunächst über die grüne Grenze in die Schweiz, wohin ihm der Rest seiner Familie wenig später folgte. Über Paris ging es 1935 nach Palästina und schließlich im Jahr 1938 erfolgte die Übersiedelung nach England. Dort nahm Adolf Som­merfeld eine Namensänderung vor und nannte sich Andrew Sommerfield. Ein Na­me, den er bis zu seinem Tod nicht mehr ablegen wollte.
Wer heute offenen Auges und ein wenig an Architek­tur interessiert durch Berlin streift, der kann noch immer vieles von dem entde­cken, was dieser große jüdische Bauunter­nehmer einstmals geschaffen hat. Die Liste seiner Projekte ist ebenso lang wie beein­druckend. Sommerfeld baute zahlreiche Fabrik-, Luftschiff- und Flugzeughallen auf dem gesamten Berliner Stadtgebiet. Er zeichnete für den vierten Bauabschnitt des Kaufhauses Wertheim in der Leipziger Straße verantwortlich. Sein Unternehmen baute die Tribüne an der Südschleife der AVUS oder sorgte für den Umbau des Ber­liner Sportpalastes. Sommerfelds Firmen­gruppe, in der zu Spitzenzeiten mehr als 3.500 Menschen beschäftigt waren, baute auch Synagogen in Berlin-Köpenick (Frei­heit 8) oder in der Fasanenstraße in Char­lottenburg, die heute nicht mehr stehen.
Sommerfelds Unternehmensschwer­punkt war jedoch der Wohn- und Sied­lungsbau in Berlin. Er galt deswegen als eine der Schlüsselfiguren der Berliner Stadtentwicklung in der Weimarer Repu­blik.
Adolf Sommerfeld stammt aus sehr einfachen Verhältnissen. Er wurde am 4. Mai 1886 in Kolmar in der Provinz Posen geboren. Sein Vater war ein Messer­schmied.
Mit 14 Jahren zog Adolf Sommerfeld alleine nach Berlin um. Er kam im Haus des »Lehrlingsvereins für bedürftige jüdische Knaben« in Pankow unter und schloss eine Zimmermannslehre erfolgreich ab. Im Jahr 1910 gründete er die Firma »Adolf Sommerfeld«. Sitz der Firma war Rixdorf in Neukölln.
Er baute im Berlin der Weimarer Republik das, was wir heute »Soziale Stadt« nennen würden. Dieser Idee war er auch politisch eng verbunden, denn er war ein überzeugter Sozialdemokrat. Die von ihm erbaute »Waldsiedlurig Onkel Toms Hütte« kommt Sommerfelds Ideal eines in ihrem sozialen Gefüge gemischten (suburbanen) Quartiers am nächsten. Es weist mit dem nahen S-Bahn-Anschluss eine qualifizierte Infrastruktur auf und verfügt zudem fuß­läufig über diverse Versorgungseinrichtun­gen. Die Ladenpassage neben den S-Bahn-Gleisen des Bahnhofs »Onkel Toms Hütte« ist ein Symbol dafür. Sie ist bis heute noch intakt. Sommerfeld hat den U-Bahnhof ge­baut, 1929 ging er in Betrieb.
Wer sich von dort aus ins nahe Quartier bewegt, der flaniert zunächst an mächti­gen, weißen Bauhausvillen vorbei. Es folgen Reihenhäuser und gegenüber Mehrfamilienhäuser. In diesem Ensemble wohnen heute wie damals reiche Menschen (in den Villen), der gehobene Mittelstand (in den Reihenhäusern), Arbeiter und kleinere An­gestellte (in den gehobenen Mietwohnungen) sowie Empfänger von staatlichen Transferleistungen (in den einfachen Mietwohnungen). Es ist also so etwas wie der stadtplanerische Gegenentwurf zu den ak­tuellen Gentrifizierungs-Umtrieben.
Man kann auch sagen, Adolf Sommerfeld war seiner Zeit voraus. Er sah die Planung einer Stadt wie Berlin immer als Ganzes. Die Peripherie definierte der Bauunternehmer als einen dynamischen Inno­vationsmotor für die Metropole und nicht als eine vom Zentrum abgekoppelte, ver­schlafene Vorstadt.
»Onkel-Toms-Hütte ist sicher Sommer­felds Bravourstück«, sagt die Architektur­historikern Celina Kress. Ihr ist es jetzt mit dem Buch Adolf Sommerfeld/Andrew Som­merfield. Bauen für Berlin 1910–1970, gelungen, den jüdischen Baumeister dem kollektiven Berliner Vergessen zu entreißen. Adolf Sommerfeld avancierte nach se ner Firmengründung schnell zum Newa mer der Berliner Unternehmerszene. Er war ein glänzender Netzwerker, ein Stratege und nicht zuletzt ein dem Leben zugewandter, großzügiger Mann mit gehöriger Sexappeal. Er galt als witzig, geistreich neugierig und war sein Leben lang fasziniert von der Welt um ihn herum. Seil Haus, die »Villa Sommerfeld«, das von seinem Freund und Exklusivarchitekten so wie späteren Bauhaus-Gründer Walter Gropius entworfen war, wurde zum angesagten Treffpunkt der Berliner Kunst-, Kultur und sozialdemokratischen Politikszene. Sommerfelds ausgeprägte Lust auf schwungvolle Partys war legendär. Auf der ausladenden Veranda der »Villa Sommer feld«, ein expressionistisches Holzblockhaus, trafen sich regelmäßig der preußische Ministerpräsident Otto Braun, dei Schriftsteller Gerhart Hauptmann, der Künstler Marc Chagall, der Berliner Stadt baurat für Verkehr, Ernst Reuter, oder die Architekten Erich Mendelsohn und Bruno Taut.
Als Sommerfeld Berlin verlassen musste, hatte er wie kein anderer Unternehmer vor ihm und wohl nur weni­ge danach diese Stadt baulich geprägt. Er kam aus dem Nichts und wurde im Exil wieder dorthin katapultiert. Die Nazis enteigneten im Jahr 1935 sein gesamtes Ver­mögen, adaptierten jedoch Sommerfelds architektonisches Leitbild. Dem Geschäfts­mann Walter Schwiering, SS- und NSDAP-Mitglied, wurde der Sommerfeld-Konzern übertragen. Mit Schwiering schlug sich Sommerfeld 1948 in zahlreichen Restitutionsverfahren herum, die fast allesamt im Vergleich endeten. 30 seiner ehemaligen Mitarbeiter unterstützten Sommerfeld in seiner mühsamen Arbeit, sich sein Eigentum wieder zurückzuholen.
Sommerfeld versuchte in der Folge noch einmal von der Schweiz aus, an seine grandiosen unternehmerischen Erfolge in Berlin anzuknüpfen. Es gelang ihm nur leidlich. Die Leichtigkeit des Lebens war dahin. Adolf Sommerfeld starb am 16. Dezember 1964 in Baden/Schweiz.
Torsten Haselbauer, in: Jüdische Allgemeine Nr. 31/11, 4. August 2011

 

Zukunft braucht Vergangenheit. Es gibt viele Bereiche und Anlässe, in denen diese Formel gilt. Auch Architekturhistorikerin Celina Kress schaut bei der Frage zur künftigen Gestaltung des Berliner Umlandes zurück. Das hat sie bereits in ihrem 2004 erschienen Buch »Südwestlich siedeln« getan, in dem sie der Kleinmachnower Siedlungsgeschichte nachspürte.
Ihr neuestes Werk ließe sich – im Tenor des modernen Informationszeitalters – als weiterführender Link bezeichnen. Denn in dem Buch »Adolf Sommerfeld. Bauen für Berlin 1910–1970« widmet sie sich jenem Baumeister und Unternehmer, der als einer der wichtigsten Akteure der Baugeschichte Berlins zwischen den beiden Weltkriegen gilt – und der seine Handschrift auch in Kleinmachnow hinterlassen hat.
Fast ein halbes Jahrhundert beschäftigte sich der jüdische Bauunternehmer mit der Erschließung und Bebauung von Wohngebieten am Rand Berlins. Einerseits bedurfte es Alternativen zum rasanten Stadtwachstum und zum innerstädtischen Wohnungsproblem in Berlin. Andererseits brauchte es funktionaler und institutioneller Verflechtungen der Metropole mit dem Umland.
Sommerfelds Bürgerhaussiedlungen – eine davon entstand in den 1930er Jahren in Kleinmachnow – sind geprägt durch rationelle, serielle und preiswerte Typenhäuser, wie sie bis heute zum Leitbild der Suburbanisierung gehören. Ebenso zum Leitbild – und darin sieht Kress einen wichtigen Verdienst Sommerfelds – zählte damals eine breite und gute Infrastruktur für die Besiedlung der Peripherie. Der U-Bahnhof Onkel-Tom-Straße sei dafür beispielhaft, meint Kress.
Die Frage, wie die Metropolenregion zu entwickeln ist, stellt sich heute wie vor 90 Jahren. »Doch es fehlen die Impulse«, befindet Historikerin Kress, die an der TU Berlin lehrt und forscht. Es werde zu Einzelthemen wie zu Bau und Folgen des neuen Flughafens, zu S-Bahn-Verbindungen oder zu Straßenbauten viel Tagespolitik gemacht. Aber es gebe kein gemeinsames Verständnis und kein einheitliches Bild des Umlandes in seiner Beziehung zu Berlin.
Zwar gibt Kress’ Buch darauf keine konkreten Antworten, das ist auch nicht das Anliegen der in Kleinmachnow lebenden Autorin. Aber neben der Würdigung Alfred Sommerfelds fördert die Auseinandersetzung mit dessen Schaffen Techniken zutage, mit denen für das Berliner Umland eine Funktion und ein Selbstverständnis geschaffen wurden.
Letzteres gilt es nun wieder zu bestimmen, »es ist auf der Agenda«, meint Kress im Gespräch mit den PNN. Die Gemeinden und Städte des Berliner Umlandes seien mehr als Speckwürfel mit Autobahnkreuzen, Gewerbegebieten und Schlafburgen. Erst seit einigen Jahren gewinne das Thema »Metropolenregion« und deren Gestaltung wieder an Bedeutung, doch es fehle an Ansätzen und der »Euphorie der Politiker der Weimarer Zeit, die Peripherie auch als Motor für die Metropole zu sehen«, so die Autorin.
Natur und Landschaft des Umlandes als Ressource zu sehen oder den Rand Berlins als Innovationsraum für neue Energie- oder Mobilitätsformen zu nutzen sind für Kress Impulse, um dem Speckgürtel ein Selbstverständnis und Selbstbewusstsein zu geben. »Die Region um Berlin muss selbstbewusst Impulse entwickeln, ohne die Berlin gar nicht kann«, sagt Kress.
»Die Wohngebiete in Steglitz, Zehlendorf-Nord und Kleinmachnow sind in dem Bewusstsein entwickelt worden, ein wesentlicher – nämlich der bessere, der gesündere, der modernere – Teil der Großstadt zu werden«, schreibt Kress über die Leistung Sommerfelds. Wenn es in Zukunft darum gehe, neue Entwicklungsansätze zu definieren, sei dies das Erbe, auf dem gebaut werden sollte.
Die Hinterlassenschaft des Baumeisters Adolf Sommerfeld als Orientierungshilfe hat Kress auf knapp 300 Seiten anschaulich beschrieben und dokumentiert.
Ihr Buch »Adolf Sommerfeld. Bauen für Berlin 1910-1970« stellt Celina Kress heute Abend in Kleinmachnow vor. Lesung und Gespräch beginnen um 19.30 Uhr im Bürgersaal Kleinmachnow, Eintritt: 5 Euro.
Peter Könnicke, in: Potsdamer Neuste Nachrichten am 31.05.2011

 

Wenn es um Baugeschichte geht, werden zumeist die Architekten und Baumeister bedacht, doch kaum die Bauunternehmer, die maßgeblich Bauentwicklungen und Tendenzen beeinflussen. Einer, der das industrialisierte Bauen und der Moderne ganz besonders beeinflußt hat, ist der Berliner Bauunternehmer Adolf Sommerfeld alias Andrew Sommerfield. Ihm verdankt Berlin eine Vielzahl von innovativen Wohnprojekten, wie u.a. die Siedlung Onkel-Toms Hütte oder die Bürgerhaussiedlung Lankwitz. Nicht nur Berlin sähe ohne die Tätigkeiten eines Adolf Sommerfeld anders aus. Auch Orte wie etwa Dessau, Merseburg, Bad Dürenberg oder Kleinmachnow wurden nachhaltig durch die Bauaktivitäten der AHAG-Sommerfeld geprägt. Das hier vorliegende Band schließt nun diese Lücke. Das Buch basiert auf einer Dissertation an der TU Berlin von 2008. Ausgehend von den in der Dissertation beschriebenen Bauprojekten breitet Celina Kress das Leben von Sommerfeld und seine Projekte chronologisch in sieben Kapiteln aus.
Der Einleitung folgt im ersten Kapitel eine Darstellung der Rahmenbedingungen, unter denen der Bauunternehmer Adolf Sommerfeld 1910 seine Firma registrieren ließ und tätig wurde. Die Diskussion der Definition und Auslegung der Begriffe Metropole, Provinz und Metropolenregion bestimmt dabei die Parameter der späteren Aktivitäten Sommerfelds im Wohnungsbausektor. Das zweite Kapitel zeichnet den Anfang von Sommerfelds Bautätigkeit und den Aufbau des Unternehmens nach, und zwar im Spannungsfeld zwischen dem Wettbewerb Groß-Berlin und der Wohnungsbaumarktpolitik des frühen 20. Jahrhunderts. Das dritte Kapitel widmet sich der Zeit von 1910 bis 1933 und dem Bauen in und um Berlin. Es zeigt, wie Sommerfeld durch konjunkturell antizyklische Geschäftsaktivitäten sein Unternehmen entwickeln und ausbauen konnte. Der Holzbau wird dabei einer der Stützpfeiler seines Bauunternehmens und ein prägendes Element einer Vielzahl der geplanten und ausgeführten Projekte, z.B. in Villers-Bretonneux, in Berlin-Zehlendorf oder in den Notwohnsiedlungen nahe Thessaloniki. Die Entwicklung der Berliner Vorstädte und die Erschließung neuer Urbanisierungsgebiete stehen in diesem Kontext. Das folgende Kapitel beleuchtet die intensive Zusammenarbeit Adolf Sommerfelds mit dem Bauhaus und insbesondere Walter Gropius. Schwerpunkte der Darstellung sind die Projekte Haus Sommerfeld und die Bauhaussiedlung Am Horn. Insbesondere das expressionistische, im zweiten Weltkrieg zerstörte Haus Sommerfeld stellt eine idealtypisches Modell der Zusammenarbeit von Bauunternehmer und Architekt im Sinne des Bauhauses als »moderne Bauhütte« dar, auch wenn es durchaus zu Konflikten bezüglich der Gestaltung kam.
Im fünften Kapitel stellt Kress die Projekte Sommerfelds in den Jahren 1920 bis 1933 in den Mittelpunkt der Betrachtung, insbesondere die Großwohngebiete an den Rändern der »Weltstadt« Berlin, die maßgeblich die Stadtentwicklung und die Architekturdebatte der Zwanziger Jahre, Stichwort »Zehlendorfer Dächerstreit«, prägten. Die Architekturdebatte um die »richtige« Gestalt eines Bauwerks übersah dabei den entscheidenden Punkt, daß es sich bei all den diskutierten Häusern um rationalisierte, standardisierte und somit industrialisierte Bauten handelte. Nicht die Formensprache oder Konzeption sondern die Produktionsweise machte die Modernität aus. Ein weiterer Schwerpunkt des Kapitels liegt auf der Entwicklung der »Bürgerhaussiedlung« Kleinmachnow als einer privatwirtschaftliche Typenhaussiedlung.
Im sechsten Kapitel werden die Lebensstationen zwischen 1933 und 1970 dargestellt. Die Übernahme des Sommerfeld-Konzerns durch das nationalsozialistische Regime nach Adolf Sommerfelds Flucht in die Schweiz, die einem Anschlag auf sein Wohnhaus folgte. Die »Arisierung« des Sommerfeld-Konzerns stoppte aber nicht die bereits begonnenen Bauprojekte der AHAG, wie Kress deutlich zeigt; u.a. wurde die Siedlung Kleinmachnow weiterentwickelt und es kam auch zu weiteren Siedlungsbauten in Zehlendorf, die direkt Sommerfelds Firmenpolitik weiterführten.
Kress zeichnet Adolf Sommerfelds Weg über die Schweiz, Frankreich, Palästina, und England nach und stellt die schwierigen Lebensumstände der einzelnen Etappen dar. Er wird englischer Staatsbürger und ändert seinen Namen in Andrew Sommerfeld. Nach dem Krieg bemühte er sich um eine Rückübertragung der Reste seines Unternehmens und stellte Restitutions- und Entschädigungsanträge. Diese endeten meist in juristischen Vergleichen. Ab 1952 hielt sich Sommerfeld dann wieder als Bauunternehmer in Berlin auf, wenn auch nicht mehr in einer zentralen Rolle. Die alten Netzwerke und Verbindungen funktionierten nicht mehr und fanden auch nicht mehr zusammen. Andrew Sommerfield starb 1964 in Baden in der Schweiz. Das letzte, siebte Kapitel setzt die Tätigkeiten Sommerfelds nochmals zusammenfassend in den Kontext der Entwicklung der Metropole Berlin und seiner Region. Unter den Stichworten Zentrum, Peripherie und Metropolenregion werden die verschiedenen Strömungen zur Entwicklung nachhaltiger Wohnkonzepte für die Stadtregion in den letzten hundert Jahren beleuchtet und mit der Gegenwart verknüpft.
Es folgt ein umfangreicher Anhang, der Daten zu Leben und Werk, die Firmenstruktur und Statistik um 1933, Karten der Erschließungsgebiete und Bauprojekte in der Region Berlin, ein Verzeichnis der ausgeführten Bauten, Gebrauchsmuster und Patente bis 1932, ein Literaturverzeichnis, ein Zeitschriften- und Periodikaverzeichnis, ein Quellenverzeichnis, ein Abbildungsverzeichnis und ein Abkürzungsverzeichnis sowie eine Personen- und Firmenregister enthält. Es folgen Angaben zur Autorin.
Celina Kress gelingt es mit ihrer Arbeit zum Leben und Werk von Adolf Sommerfeld / Andrew Sommerfield, eine bislang wenig bearbeitete und beachtete Facette der modernen Architektur im 20. Jahrhundert zu beleuchten. Die vielschichtigen Verbindungen zwischen Bauunternehmer und Architekt bzw. Bauindustrie und Bauhaus(-schule) zeigen sich als treibende Kraft in der Etablierung neuer Ideen und der Rationalisierung im Bauen. Dabei kommt es weniger auf die Gestaltungsformen an als auf eine standardisierte, möglichst rationelle Bauweise. Die von Sommerfeld zuletzt in Kleinmachnow angestoßene Entwicklung von Einfamilienhaussiedlungen am Stadtrand läßt sich bis in die Gegenwart hinein weiterverfolgen und bietet somit ein anschauliches Beispiel für die Entwicklungskonzepte für Vororte und Siedlungen in einer Metropolenregion. Kress zeigt auch, daß Ungewißheit und Neugier der Ausgangspunkt zur Beschäftigung mit Geschichte und dem Schließen von Wissenslücken sein können und so ist zu hoffen, daß noch viele der verborgen liegenden Geschichten um die Architektur des 20. Jahrhunderts gehoben und so gründlich erforscht werden, wie die des Adolf Sommerfeld / Andrew Sommerfield.
Moritz Kinzel, in: Informationsmittel (IFB)

 

Sie gilt als größter Restitutionsfall nach der deutschen Wiedervereinigung: die Sommerfeld-Siedlung in Kleinmachnow. Hier ließ der jüdischen Bauunternehmer Adolf Sommerfeld ab Anfang der 1930er Jahre hunderte Eigenheime errichten und verkaufen. Die Typenhäuser wurden für 12 900 Reichsmark schlüsselfertig übergeben. Die Eigentümer benötigten anfangs nur 4900 Reichsmark Eigenkapital, dann sogar nur noch 3200 Reichsmark. Den Rest der Summe durften sie abstottern. So konnte sich der Traum vom Häuschen im Grünen auch für Familien aus der Mittelschicht erfüllen.
Celina Kress hat ein Buch über den 1886 geborenen Adolf Sommerfeld und seine Projekte geschrieben. Es heißt: »Adolf Sommerfeld – Bauen für Berlin 1910 bis 1970«. Es liefert wertvolle Hintergrundinformationen über Leben und Werk dieses Mannes.
Sommerfelds Vorfahren verdienten ihre Brötchen als Messerschmiede. Er selbst half als Kind seinem Vater, die Messer auf den Dörfern in der Provinz Posen für 20 bis 40 Pfennig das Stück zu verkaufen. Doch der Vater sah ein, dass Erzeugnisse aus Fabriken dieses Gewerbe über kurz oder lang ruinieren werden. Deshalb empfahl er seinen Söhnen, solche Handwerksberufe zu erlernen, von denen er meinte, dass Maschinenarbeit sie nicht ersetzen könnten. Adolf absolvierte in Berlin eine Zimmermannslehre, besuchte hernach von 1905 bis 1907 die Baugewerkschule. Nebenher arbeitete er für die Allgemeine Häuserbau-Actiengesellschaft (AHAG). Die Tochter von AHAG-Direktor Leopold Nothmann heiratete er 1912. Bereits 1910 ließ er seine erste eigene Baufirma in Handelsregister eintragen.
Der Berliner Wohnungsbau hatte im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts einen ungeheuren Aufschwung genommen. In dieser Zeit stieg die Einwohnerzahl der Hauptstadt um 100 000 pro Jahr. Man dachte, es werde immer so weiter gehen. Prognosen sagten voraus, Berlin werde im Jahr 2010 stolze zehn Millionen Einwohner zählen. Doch 1912 stürzte der Wohnungsbau in eine schwere Krise. Die schlecht ausgestatteten und überbelegten Mietskasernen hatten insofern ausgedient, dass sich ihr Neubau nicht mehr rentierte.
So verlegte sich Sommerfeld erst einmal auf die Errichtung von Warenhäusern. Im Ersten Weltkrieg baute er weit gespannte Hallen für die Flugzeuge und Luftschiffe des kaiserlichen Heeres. Auch als Lagerhallen dienten die von Sommerfeld und seinen Ingenieuren entwickelten Holzkonstruktionen, die 52 Meter ohne Stützen überspannen konnten. Damit verdiente Sommerfeld ausgezeichnet. Er investierte den Gewinn in den Kauf von Sägewerken. Sein Konzern wuchs.
Um 1920 erwarb er die Mehrheit an mehreren Terraingesellschaften. Zuerst kaufte er Anteile der AHAG, später Bauland im Südwesten Berlins: am Botanischen Garten, am Mexikoplatz, an der Ausflugsgaststätte Onkel Toms Hütte und schließlich 100 Hektar in Kleinmachnow. An diesen Stellen legte er los, nachdem er sich nach dem Krieg zunächst mit dem Umbau von Kriegsschiffen für die Handelsflotte beschäftigt und Notwohnungen aus Holz gebaut hatte. Die Notwohnungen entstanden beispielsweise als Reparationsleistungen in Frankreich oder bei Thessaloniki für 10 000 griechische Flüchtlinge aus Kleinasien.
In Berlin-Zehlendorf betrieb Sommerfeld in Zusammenarbeit mit einer gewerkschaftlichen Wohnungsgenossenschaft den sozial engagierten Bau einer Großsiedlung für 20 000 Bewohner. Dabei kümmerte er sich auch um die Verkehrsanbindung, indem er der Bahn das Land für die Schienentrasse kostenlos überließ und den Rohbau der Strecke und des Bahnhofs Krumme Lanke auf eigene Rechnung fertigstellte. Das Projekt stieß auf erhebliche Gegenwehr bürgerlicher Kreise.
Sommerfeld gehörte zwar selbst nicht der SPD an, pflegte aber Umgang mit vielen sozialdemokratischen Politikern. Die Kontakte nutzte er auch für seine Vorhaben. Geschäftliche und private Verbindungen gab es auch zu namhaften Architekten der Moderne, den Bauhausdirektor Walter Gropius lud Sommerfeld zu sich nach Hause und zum Skiurlaub ein. Gropius entwarf das Anwesen Sommerfelds. Der Baukonzern war der wichtigste private Sponsor der Bauhausschule.
Um 1930 gab es im Südwesten Berlins den Dächerkrieg. Spitz- und Flachdächer wurden seinerzeit politischen Richtungen zugeordnet: spitz bedeutete demnach rechts, flach links. Sommerfeld ließ Häuser mit Flachdächern bauen. Doch er passte sich dem Geschmack notfalls an. So arbeitete er auch mit Architekten zusammen, die traditionellere Formen entwarfen. In Kleinmachnow etwa waren die Dächer wieder spitz. Sommerfeld kam es darauf an, industrielle Verfahren zu verwenden, um die Kosten zu senken.
Den Faschisten war der experimentierfreudige jüdische Bauunternehmer ein Ärgernis. Schon 1932 begannen Belästigungen und Bedrohungen. Im Januar 1933 drangen Nazis auf Sommerfelds Grundstück vor, rissen die dort gehisste schwarz-rot-goldene Flagge von der Fahnenstange und trampelten darauf herum. Am 31. März erfolgte ein bewaffneter Überfall. Schüsse fielen. Sommerfeld musste um sein Leben fürchten. Er flüchtete wenige Tage später mit einem Rucksack in die Schweiz. Die Nazis raubten seine Firmen und sonstige Besitztümer.
Zu den Stationen im Exil zählte Palästina. Schließlich produzierte Sommerfeld in England Rollbahnen aus Stahlblech für die Luftwaffe. Er war britischer Staatsbürger geworden und hatte den Namen Andrew Sommerfield angenommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Deutschland zurück, bemühte sich um die Rückübertragung der Reste seiner Firmengruppe und um Entschädigungen für den Wertverlust seiner Aktien. Prozesse in diesen Angelegenheiten endeten mit Vergleichen. Sommerfeld betätigte sich wieder als Bauunternehmer – auch in Westberlin. Seinen Wohnsitz verlegte er allerdings um 1954 in die Schweiz, wo er zehn Jahre später starb. Eine so wichtige Rolle wie in der Weimarer Republik konnte er nicht wieder spielen.
Andreas Fritsche, in: Neues Deutschland am 16.05.2011

 

Der Heimatverein Kleinmachnow wird am 4. Mai um 10 Uhr am Gedenkstein für Adolf Sommerfeld, An der Stammbahn/Ecke Meisenbusch, zusammen mit dem Bürgermeister ein Gebinde niederlegen. Damit soll an das Schicksal des jüdischen Bauunternehmers erinnert werden, der mit dem Bau der »Sommerfeldsiedlung« in Kleinmachnow tiefe Spuren hinterlassen hat.
Keiner konnte ahnen, dass aus dem kleinen Jungen, der vor 125 Jahren am 4. Mai 1886 in Kolmar, dem polnischen Chodziez, geboren wurde, einmal ein so bedeutender Mann für die Stadtentwicklung Berlins und für die Bürgerhaussiedlung in Kleinmachnow werden sollte.
Gerade wegen seines starken sozialen und sozialdemokratischen Engagements haben die Nazis ihn, den umtriebigen jüdischen Unternehmer und »Netzwerker« Adolf Sommerfeld, bereits wenige Wochen nach ihrer Machtübernahme durch einen inszenierten Anschlag auf sein Haus in der Limonenstraße am 31. März 1933 zur Flucht aus Deutschland gezwungen.
Die ihm von den Nazis auferlegte Reichsfluchtsteuer über 800 000 Reichsmark, deretwegen er steckbrieflich gesucht wurde, hat er nach langen Verhandlungen bereinigt und bezahlt, denn sonst wäre er in Frankreich und in der Schweiz, wo er zunächst lebte, aus der Gesellschaft ausgeschlossen und als Unperson gebrandmarkt geblieben.
Nach seiner Emigration über Palästina nach England nahm er den Namen Andrew Sommerfield an. Er kehrte nach dem Krieg zeitweilig nach Deutschland zurück und wirkte ab 1952 als Bauunternehmer auch in Berlin weiter. Da sein Haus im Krieg zerstört worden war und die Stadt Berlin zunächst mehr mit Wiederaufbau und Reparatur und weniger mit Siedlungsneubau beschäftigt war, fand er in der Waldstadt Karlsruhe ein größeres Projekt für seine Haus und Heim Wohungsbau-AG. Noch in seinem 77. Lebensjahr startete der Unternehmer in Berlin-Wannsee ein Großprojekt mit 70 Wohnungen. Für seine Verdienste wurde dort 1966 der Sommerfieldring nach ihm benannt. Er starb am 18. Februar 1964 in der Schweiz, wo er auch begraben ist.
In: Märkische Allgemeine am 19.04.2011