Dieter Pötschke (Hg.):

Vryhet do ik ju openbar … Rolande und Stadtgeschichte

Harz-Forschungen Bd. 23

 

vryheit do ik ju openbar ... Rolande und Stadtgeschichte, hg. von Dieter Pötschke (Harz-Forschungen, Bd. 23, Berlin 2007, Lukas Verlag, 365 S., zahlreiche, teils farbige Abb.). - Der mehr als üppig bebilderte Band enthält Vorträge, die anlässlich der 6. und 7. interdisziplinären Rolandtagungen in Quedlinburg (2004) bzw. Magdeburg (2005) gehalten worden sind und die in zwei Abteilungen präsentiert werden: einer ersten, in der unter der Überschrift »Rechtssymbole und Stadtgeschichte« die allgemeineren Fragen gewidmeten Beiträge versammelt sind, und einer zweiten, in der es um »Einzelne Rolande und Rolandstädte« (hauptsächlich in Sachsen-Anhalt) geht. Hier ist vor allem auf die folgenden Aufsätze hinzuweisen: Gernot Kocher beleuchtet Rechtliche Aspekte des Königs als Reiter (29–37) und erörtert mit Blick auf den Magdeburger Reiter die bildliche Verbindung von Pferd und Herrschaft (beim Herrschaftsantritt und bei der Ausübung von Herrschaft); Vf. kommt zu dem Ergebnis, dass eine königliche Reiterfigur gewissermaßen das »summum ius« darstellt. In einem zweiten Aufsatz Das Schwert -Alltagsgerät und Rechtssymbol (203–209) unterstreicht Vf. die ikonographische Bedeutung des Schwertes als Zeichen herrscherlicher Macht und jurisdiktioneller Gewalt. – Dieter Pötschke, Magdeburger Reiter und Roland als Rechtssymbole (38–63), fragt nach ikonographischen Vorbildern für den Magdeburger Reiter, möglichen Auftraggebern und der ursprünglichen Bedeutung »des Reiters auf der Säule« (38) und trägt Argumente für die These zusammen, dass die Justinianssäule in Konstantinopel Vorbild für den Magdeburger Reiter gewesen sein könnte, der im Auftrag der Magdeburger Schöffen um 1240/1250 aufgestellt worden sein könnte, die dabei möglicherweise doch an Otto L, »den Begründer Magdeburgs und angeblichen Gründer des Schöppenstuhles, oder an Otto II.« (56) gedacht haben. – In einem weiteren Aufsatz mit dem Thema Rolande als Rechtssymbole und die Karls­legende (107–171) geht P. auf die Entstehung der Rolandslegende und der Rolandslieder im Verlauf des 12. Jhs. ein. Im Mittelpunkt aber steht die Frage, wie der christliche Held und Märtyrer seit der Mitte des 14. Jhs., seit der Zeit Ludwigs des Bayern, nicht erst Karls IV., »auf die norddeutschen Marktplätze gelangt ist« (115) und welcher »Wandel des Rolandbildes« (ebd.) in der fraglichen Zeit stattgefunden hat. Vf. hebt den Bedeutungswandel hervor, der den »Roland« im Zusammenhang der Ausbildung der Karlslegende zum Rechtssymbol werden ließ, zum Zeichen für die (angeblich) von Karl d. G. verliehenen städtischen Freiheitsprivilegien. – Beatrice Weifenbach, Roland als Ritter der »Chanson de geste« und die Verbreitung seiner Verehrung in Europa (64–89), verfolgt die mündliche Tradition der Roland-Geschichte in den französischen »Chanson de geste«, die im 12. und 13. Jh. auch der Kreuzzugspropaganda dienten, und in den deutschen Rolandsliedern und erörtert die Verehrung Rolands als Heiliger, Märtyrer und Kämpfer für Gerechtigkeit in den romanischen Ländern. Das Bindeglied zu den norddeutschen Rolandfiguren sieht B. in der Verehrung der Ritterheiligen in Dortmund (Reinoldus) und Soest (Patroklus), wobei »das Schwert des Martyriums zum Richtschwert umgedeutet wurde« (82). Auch Dietlinde Munzel-Everling befasst sich mit Rolands Wandlung vom christlichen Ritter zum Symbol des kaiserlichen Schutzes (90–106). Anders als Pötschke geht sie davon aus, dass die ersten »Rolandsfiguren unter Kaiser Karl IV. aufgestellt wurden als Zeichen seines kaiserlichen Schutzes und Rechtes und zugleich als Symbol der Loslösungsbestrebungen der Städte von ihren Stadtherren« (105). – Angesichts der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Quellen und der Vergleichbarkeit der Fragestellungen bleibt es wohl nicht aus, dass man bei der Lektüre der Beiträge immer wieder auf Bekanntes/bereits Gelesenes stößt, aber es strapaziert gelegentlich doch die Geduld des Lesers.
V. H. in: »Hansische Geschichtsblätter«, 126/2008