Peter Böthig  
Grammatik einer Landschaft 
Literatur aus der DDR in den 80er Jahren

Als Peter Böthig 1993 seine Dissertation vorlegte, war das Thema Stasi noch frisch. Wenn er seine Arbeit damals als Buch veröffentlicht hätte, wäre es womöglich unter einem zu engen Blickwinkel betrachtet worden. Nun aber, vier Jahre später, ist die analytische Distanz, die der Autor verdient, möglich geworden. Sein Buch ist die erste umfassende Darstellung der damals entstandenen Literatur. Cornelia Geißler in der »Berliner Zeitung«

Die Literatur aus der DDR in den 80er Jahren kennt der Autor zum Teil aus erster Hand – er gehörte zur Literaturszene am Prenzlauer Berg. Böthig hat einige ästhetische Grundpositionen dieser Szene und den literarischen Hintergrund skizziert, vor dem sie entstanden sind. Peter Walther in der »taz«

Böthig fehlt es heute nicht an kritischer Distanz. So scheint es ihm unumgänglich, manche, auch zentrale, Aspekte des künstlerischen Konzepts jener Jahre ernsthaft neu zu durchdenken. [...] Natürlich wird die Durchsetzung der Szene mit informellen Mitarbeitern nicht ausgespart. Fälle wie Anderson und Schedlinski werden ausführlich behandelt. [...] Im Streit um die Macht der Deutung jüngster deutscher Literaturentwicklung leistet das Buch von Peter Böthig einen ernsthaften Beitrag. Horst H. Lehmann im »Neuen Deutschland«

Der sogenannte DDR-Underground wird zum Gegenstand systematisierender Bestandsaufnahmen. [...] Die große Gesamtdarstellung der Literaturszene vom Prenzlauer Berg steht also noch aus – wobei gefragt werden muß, ob sie je geschrieben werden muß. Je mehr wir uns zeitlich von dem Phänomen entfernen, desto geringer erscheint uns seine ästhetische Relevanz. Insofern könnte Böthigs Buch ganz gut die alles abschließende Darstellung bleiben. Christine Meinecke in der »Berliner Morgenpost«

Der Autor redet, urteilt, richtet. Redet, urteilt, richtet er, dann vom besseren Anhaltspunkt und mit den besseren Argumenten. Im Gegensatz zu den meisten publizistischen Mitstreitern. Böthig redet nicht über etwas. Er redet vom Ursprung, von den Ursachen, von der Wirkung eines Winkels der Literatur der DDR. Er kann aufzeigen und aufbewahren, was er als Augenzeuge wahrnahm. [...] Der Augenzeuge kann nicht die Scheuklappen der Akademiker und Feuilletonisten anlegen, die aus dem »Prenzlauer Berg« das gemacht haben, was er nie war, eine Veranstaltung für Akademiker und Feuilletonisten. Im Rimbaudschen Sinne entgrenzt Böthig, was sich abgrenzte und, von wem auch immer, eingekreist wurde: der »Prenzlauer Berg«. Bernd Heimberger in »Berliner LeseZeichen«

Wer mit einigen Schlagworten nicht zufrieden ist, der greife zu Böthigs Buch. [...] Es ist eine aus eigenem Erleben gespeiste Analyse und zugleich eine umfassende Dokumentation, die in Faksimiles die unverwechselbare Ästhetik der Samisdat-Publikationen aus den 80er Jahren zugänglich macht. Das Buch unterscheidet sich von vielen anderen Darstellungen von Opposition und Bespitzelung in der DDR durch seinen literaturwissenschaftlichen Ansatz. Das Schreiben der Stasi-Opfer wie auch der Stasi-Mitarbeiter wird als Literatur ernstgenommen. Böthig zeigt an Andersons berühmtem Gedicht »Jeder Satellit hat einen Killersatelliten«, wie sich Stasi-Kontakte in sprachlichen Bildern niederschlagen. Er stellt die junge DDR-Literatur in den Zusammenhang der literarischen Tradition und würdigt dabei die Bedeutung des großen Lyrikers Erich Arendt. Schriftsteller wie Jan Faktor und Durs Grünbein werden in eigenen Kapiteln gewürdigt. [...]
Hier werden keine griffigen Thesen entwickelt, nicht nach deutschem Dissertationsmuster Einleitung, Hauptteil und Schluß aneinandergereiht. Böthig wendet die Dinge hin und her, fordert den Leser mit immer neuen Differenzierungen und Gedankensprüngen heraus. Ein Buch, das langsam gelesen werden will und bei aller Schwere des Themas intellektuelles Vergnügen und ästhetische Lust bereitet. Raimund Neuß in der »Kölnischen Rundschau«

Die »Grammatik einer Landschaft« heißt das Buch des Germanisten Peter Böthig, der schon in den achtziger Jahren zu dieser (ja, wie nun nennen?) »Szene vom Prenzlauer Berg« stieß. Genaugenommen zu einem Fragment der Szene, in dem Autoren wie Bernd Wagner, Lothar Trolle, Frank-Wolf Matthis, Katja Lange-Müller und viele andere nicht oder nur am Rande auftauchen. Der Autor dieser Zeilen, der damals andere Konzepte vertrat als der Autor des Buches, kommt neun Mal vor. Eine Auseinandersetzung mit dessen Haltungen, Widersprüchen, Handlungs- und Schreibweisen findet nicht statt. Sie wird geradezu kunstvoll vermieden. Lutz Rathenow in »Akrützel. Jenas führende Hochschulzeitung«, nahezu identisch außerdem in »Kommune. Forum für Politik – Ökonomie – Kultur« und in »Deutsche Tagespost. Katholische Zeitung für Deutschland« und schließlich auch in »Die Zeichen der Zeit. Lutherische Monatshefte«