Gisbert Porstmann 
Das Chorgestühl des Magdeburger Domes
Ikonographie Stilgeschichte Deutung

[...] stellt die Schrift nach mehr als einem halben Jahrhundert wieder eine gründliche Beschäftigung mit dem größten Chorgestühl Mitteldeutschlands dar. Ausführlich werden Ikonographie und Motivgeschichte zur Klärung des umfangreichen Bildprogramms eingesetzt. [...] Ein großer historischer und kulturgeschichtlicher Bogen, der politische und wirtschaftliche Stellung sowie geistliches Leben des Domkapitels umreißt, Musikpraxis und symboltheologisches Konzept des Chorraumes umfaßt, stellt der Deutung des Bildprogrammes schließlich eine breite Basis zur Verfügung. Frank Matthias Kammel im »Journal für Kunstgeschichte« Heft 4/1998

Gisbert Porstmann hat in dieser Arbeit in einer bisher nie dagewesenen Ausführlichkeit das Chorgestühl des Magdeburger Domes einer Untersuchung unterzogen. [...]
Porstmann hat eine sehr anregende, kunsthistorische und historische Überlegungen einbeziehende Untersuchung vorgelegt, in der neben der häufig recht breiten Darstellung des Forschungsstandes auch neue Interpretationsansätze, die vor allem als Diskussionsanregungen wertvoll sind, gegeben werden. An manchen Stellen wünscht man sich eine klarer zu erkennende Positionsbeschreibung des Autors, so etwa im Fall der nicht unwichtigen Frage der Datierungen des Magdeburger Chorgestühls. [...] Aber dies ist nur eine Randbemerkung und kann ebenso wie die eine oder andere Wiederholung im Text sowie die eher an Fotokopien erinnernde Qualität der Abbildungen den insgesamt sehr positiven Eindruck kaum schmälern. Matthias Puhle in »Sachsen und Anhalt. Jahrbuch der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt«, Bd. 21/1998

Das vorliegende Buch [...] ist zunächst eine klassische Monographie über ein bisher wenig beachtetes Kunstwerk. In den ersten Kapiteln werden Gestalt und Aufbau des Gestühls beschrieben, die ältere Forschung kritisch aufgearbeitet, Ikonographie und Stil der Reliefs mit außerordentlicher Gründlichkeit analysiert. Sehr zu begrüßen ist der ausführliche Abbildungsteil, der erstmals das bildnerische Gesamtprogramm veröffentlicht.
Die neuen Fragestellungen und Interpretationszusammenhänge, unter denen Porstmann das Chorgestühl betrachtet, machen jedoch seine Arbeit weit über die monographische Darstellung hinaus wertvoll und setzen Maßstäbe für die weitere Erforschung der mittelalterlichen Chorgestühle, die bislang eher in der Kategorie Möbel und Kunsthandwerk betrachtet werden. So erfolgt die Analyse der Chorgestühlsplastik nach einem sehr differenzierten System der Stilkritik. Das Gestühl wird dabei als ein komplexes Kunstwerk mit zahlreichen Sinnebenen und -bezügen interpretiert.
Porstmann datiert das gestühl in die Zeit zwischen 1355 und 1363. Er setzt die Gestühlsplastik zur zeitgenössischen Kunst in Beziehung und verbindet sehr überzeugend das Magdeburger gestühl mit dem Chorgestühl des Bremer Domes und einer Lübecker Skulpturengruppe zu einem Werkstattzusammenhang. Eine enge Verwandtschaft stellt er außerdem zu Skulpturen aus dem Havelberger Bistum fest. Die Werke der damit umrissenen Gruppe repräsentieren für den Autor einen »niedersächsischen Kunstkreis«. [...]
In den folgenden Kapiteln, in denen der Autor sein Programm deutet und Hintergründe umreißt, entfaltet seine Argumentation besondere Kraft. Das Chorgestühl wird als funktionaler und programmatischer Bestandteil des Magdeburger Domchores beschrieben. In diesem Zuge stellt Porstmann nicht nur das Chorgestühl in einen neuen – der Bedeutung seines Aufstellungsortes entsprechenden – thematischen Zusammenhang, sondern weist auch einen exemplarischen Weg zur Interpretation des Chores. [...]
Neben dem Aufstellungsort ist der Adressatenkreis für die Deutung des Gestühlsprogramms entscheidend. Das Domkapitel als exklusivem Benutzer des gestühls beschreibt Porstmann als Klerikergemeinschaft, die sich beständig im Konflikt zwischen mönchischen Idealen und Regeln auf der einen Seite sowie weltgeistlichen Aufgaben und Versuchungen auf der anderen Seite befand. Der Umgang mit diesem Konflikt bildet den Rahmen für die Interpretation vor allem der Misericordiendarstellungen. Diese Reliefs mit ihrer von Dämonen, Lastern und Teufeln bevölkerten Welt haben sich bisher gängigen Erklärungsschemata entzogen. [...] Porstmann sieht sie jedoch mit Recht eingebunden in das bedeutungsgeladene Gesamtprogramm von Gestühl und Chor. [...]
Hier konnten nur einige Aspekte der äußerst vielschichtigen Argumentation Porstmanns behandelt werden. Sein Buch ist nicht nur für Kunsthistoriker sehr empfehlenswert – bietet diesen allerdings zahlreiche Ansätze zur weiteren Diskussion und Forschung. Maria Deiters in »Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte« Bd. 6/1999

Eine kunstgeschichtlich (darin aber auch soziologisch interessiert) gründliche Studie, die ihr Objekt auch »ideologisch« zu interpretieren versucht. [...] Ein Register erschließt das kunstgeschichtlich seriöse Buch, eine der wenigen neueren Studien zum liturgisch so bedeutenden Einrichtungsobjekt aller größeren Kirchen des Mittelalters, an der aber einmal mehr die Liturgieferne des Wissenschaftlers bedauert werden muß. A(ngelus) H(äußling) in »Archiv für Liturgiewissenschaft« 1998 Vol. 40

Kurzrezension auch in: Erbe und Auftrag. Benediktinische Monatsschrift, Heft 4/1998, S. 350 sowie in Monumente 09+10/1999