Jens Rüffer
Band 6: Orbis Cisterciensis
Zur Geschichte der monastischen ästhetischen Kultur im 12. Jahrhundert

 

 

Dieser Band, eine Dissertation an der Humboldt-Universität, geht von der Intention aus, aus verschiedenen schriftlichen Quellen und materiellen Überresten so etwas wie eine Ästhetik der frühen Zisterzienser herauszudestillieren, wobei der Schwerpunkt auf den Klöstern von Yorkshire in England liegt. Gleich zu Beginn gibt der Verfasser zu, den Anspruch des Titels nicht einlösen zu können, und damit hat er Recht. Wiewohl es sich um eine Arbeit von durchaus gutem Niveau handelt und die 'technische' Seite, Quellenzitierung, -übersetzung und -interpretation i.d.R. adäquat gehandhabt ist, bleiben die einzelnen Teile des Buches weitestgehend unverbunden und ist der Eintrag an Neuem nicht groß. Dies auch deshalb, da Rüffer immer wieder der Versuchung erliegt, Themen zu verfolgen, die mit seiner Fragestellung nichts mehr zu tun haben, und diese Themen in der so umfangreichen Sekundärliteratur über die Zisterzienser des Hochmittelalters schon vielfach behandelt wurden.
Die Einleitung setzt sich mit dem unmittelalterlichen Begriff Ästhetik auseinander und versucht, Demut und Mäßigung als »ethische Grundlagen die­ser ästhetischen Kultur« zu bestimmen sowie die verwendeten Quellen zu charakterisieren. Schon hier wird wie mehrfach später die Neigung des Verfassers deutlich, Komponenten der monastischen Spiritualität, die damals wie heute den Bereichen von Religion und Moral zugeordnet wurden, als Ausdruck einer Ästhetik zu verstehen. Angenommen, dies wäre sinnvoll, so hätte es zum Erweis dessen umfangreicher Interpretation bedurft, und nicht, wie hier faktisch, der bloßen Schilderung der Gegebenheiten.
Das erste Kapitel gibt einen Umriß über die Zisterzienser im 12. Jh. – ein Thema, über das schon derartig viele Publikationen vorliegen, daß es wohl besser durch eine bibliographisch-forschungsgeschichtliche Skizze ersetzt worden wären. Nicht daß das Vorgetragene unrichtig wäre oder ungeschickt dargestellt, nur eben geläufig usque ad taedium. Es ist klar, daß ein Dissertant der Forschung bereits wohlbekannte Dinge wie soziale Zusammensetzung, Verwaltung, Wirtschaft, Spiritualität usf. erst für sich erarbeiten muß, aber wenig sinnvoll, sie in einer doch einer Spezialfrage gewidmeten Arbeit wiederum auszubreiten, obschon anzuerkennen ist, daß Rüffer in den Anmerkungen i.d.R. alle Aussagen aus den Quellen selbst belegt, anstatt bloß auf die Sekundärliteratur zu verweisen. Hier schließt sich auch die Präsentation von Quellen aus dem Orden an, die Bezug auf die Kunst haben, also die normativen Texte und die vieldiskutierten Äußerungen Bernhards von Clairvaux.
Nun kommen einige mit der Thematik des Buches kaum mehr in Zusammenhang stehende kulturgeschichtliche Kapitel, handelnd zunächst über die Cura corporis und die Ernährung im Rahmen der sonstigen zeitgenössischen Essensgewohnheiten. Durchaus interessant, was besagt es aber für die Ästhetik? Kann man mit Petrus Alphonsi und Abaelard die zisterziensischen Tischsitten erfassen, die tatsächlich in den (zahlreich erhaltenen) Refektorien galten? Es folgen analoge Abschnitte über die Tracht, die Hygiene, und die Zeichensprache.
Dann ein ganz neues Thema, nämlich eine Biographie und verständnisvolle Würdigung Aelreds von Rievaulx, wobei hauptsächlich seine Anthropologie behandelt wird, u.a. die Affekten- und natürlich die Freundschaftslehre. Der in seiner Vita ja ausführlich geschilderte Tod des Abtes gibt Anlaß zu einer weiteren Abschweifung, nämlich einer Kurzdarstellung zeitgenössischer Jenseitsvorstellungen mit Nacherzählung des Tractatus de Purgatorio S. Patricii. Gerade Aelred und die anderen Zisterzienser starben aber meist nicht in der Angst vor den Qualen im Jenseits (die so viele von ihnen zum Klostereintritt bewogen hatte), wie Rüffer ohnehin selbst hervorhebt. Und wozu hier die lange Interpretation der Schilderung aus der Vita des Abtes, die doch ohnehin schon T. Heffernan wesentlich einläßlicher geleistet hat? Niemand, der dessen Buch nicht kennt, sieht, wie sehr er Rüffers Darlegungen bereits vorweggenommen hat, denn letzterer erwähnt ihn befremdlicherweise in keiner Anmerkung, nur in der Bibliographie, doch dort, als ob es sich um eine nie veröffentliche Dissertation handeln würde! Die Bestattung Aelreds gibt dann Anlaß, auf die (auch vielfach erhaltenen) mittelalterlichen Grablegen in Zisterzienserklöstern einzugehen.
Damit sind wir beim dritten Abschnitt, fast möchte man sagen Buch, dieser Dissertation. Es geht hier um eine systematische Darstellung der auch schon so oft behandelten Ordensarchitektur: Lage der Konvente, Materialien, Fußböden, Grisaillescheiben, Baugeometrie (mit Kritik an den verschiedenen Versuchen, Maßeinheiten zu korrelieren), Bauorganisation. Wieder zwei Digressionen beschließen den Band, und zwar zur Biographie des Adam von Meaux, in dem der Verfasser nicht, wie bisher üblich, einen Architekten, sondern den Aufseher der Holzbauten sehen möchte, und ausführlich zur Bauchronologie und Objektbeschreibung von Fountains Abbey. Die bezeichnend wenigen Seiten des Epilogs betonen zwar richtig, daß auch die frühen Zisterzienser keineswegs homogene Kulturäußerungen hinterlassen haben, vermögen aber nicht, die mangelnde Kohärenz der vorhergegangen Ausführungen zu beheben. Das Literaturverzeichnis zeugt von eingehender Beschäftigung mit der Forschung, weist aber irritierenderweise viele widersprüchliche Angaben bei den Erscheinungsjahren auf, die sich nur teilweise als Nachdrucke erklären lassen.
Ungeachtet der eben vorgetragenen Kritik möchte ich aber betonen, daß es sich um eine in der Durchführung der einzelnen Abschnitte qualitätsvolle und, soweit das eben bei der bekannten Thematik möglich ist, oft auch eigenständige Arbeit handelt. Wer sich noch wenig mit den Zisterziensern des 12. Jahrhunderts beschäftigt hat, wird sie unbedingt mit Gewinn lesen, und auch der Fachmann wird die eine oder andere interessante Stelle finden. Vielleicht würde der Verfasser am besten fahren, wenn er aus dem gesammelten Material so etwas wie eine Kulturgeschichte zisterziensischen Lebens für ein breiteres Publikum machen würde. Zwar gibt es Ähnliches auch schon in Fülle, aber das Interesse scheint nach wie vor groß zu sein. Rüffers gute Kenntnisse des Themas und sein klarer Stil würde ihn dazu fraglos qualifizieren. Auf ergänzende Literatur zu verweisen erübrigt sich, nur die Dissertation von M. Cassidy-Welch, Monastic Spaces and their Meanings (Medieval Church Studies 1), Turnhout 2001 sei erwähnt, da in ihr genau dieselben nordenglischen Zisterzen im Mittelpunkt stehen wie in der vorliegenden Publikation und es teilweise auch gleiche thematische Interessen gibt.
Peter Dinzelbacher in »Mediaevistik« 16/2003

 

Attraverso l'analisi combinata di fonti scritte (regole e consuetudini dell'ordine cisterciense e documentazione d'archivio da un lato, testi redatti all'interno dell'ordine dall'altro) e »non scritte« (strutture architettoniche, reperti archeologici, oggetti liturgici e manoscritti), l'A. ricostruisce origini e fasi di sviluppo di una riflessione estetica all'interno dell'ordine fondato da Bernardo di Clairvaux, evidenziando contemporaneamente come anche la tecnica e la prassi artistica sia stata influenzata da implicazioni e da scopi univoci (particolarmente sottolineati sono l'importanza di concetti come l’humilitas, la discretio ed il rifiuto della superfluitas e della superbia). Il testo è così strutturato: dopo una sezione introduttiva dedicata alla definizione dell'organizzazione e della struttura dei monasteri cisterciensi, l'A. si sofferma su aspetti specifici quali l'alimentazione, la cura del corpo, l'abbigliamento, la conformazione architettonica dei monasteri, i rituali di sepoltura. Tra le fonti letterarie citate, accanto a Bernardo di Clairvaux ed a Guglielmo di Saint-Thierry, particolare attenzione viene rivolta all'opera di Eiredo di Rievaulx ed alla sua concezione dell’ amicitia monastica, a cui è dedicata una sezione specifica. Quanto all'analisi della struttura concreta dei monasteri (collocazione, costruzione, organizzazione interna), l'A. si sofferma in modo particolare sulle fondazioni di area inglese, con lo scopo di dimostrare come queste istituzioni »periferiche« rispetto alla zona di sviluppo principale dell'ordine, si confrontassero con i dettami pratici provenienti dalle consuetudini generali cisterciensi, adeguandole alle loro esigenze specifiche.
I. V., in: Medioevo Latino, Jg. XXIV, 2003, S. 817.

Der Autor hat für diese profunde Arbeit zahlreiche Quellen zuverlässig ausgewertet und daraus die Konturen einer spezifischen ästhetischen Kultur, die für einen kurzen historischen Zeitraum eine ungeheure Dynamik besaß, eindrucksvoll herausgearbeitet. Der Band enthält ein sehr umfangreiches und gut gegliedertes Quellen- und Literaturverzeichnis, doch leider kein Register. Erbe und Auftrag. Benediktinische Monatsschrift, Heft 1/2000, S. 82f.

Vorliegende ästhetisch-geschichtliche Unersuchung setzt sich zum Ziel, ästhetisches Denken und äthetischen Implikationen einer speziellen kulturellen Praxis – die des zisterziensischen Mönchtums im 12. Jahrhundert – in ihren Wechselwirkungen aufeinander zu beziehen und diese themenorientiert, quellenkritisch und interdisziplinär aufzuarbeiten. [ ... ] Rüffers Buch ist nicht nur ein die Zisterzienserforschung außerordentlich bereichender Beitrag; schon bald dürfte es zu einem unentbehrlichen Nachschlagewerk für die Ordensforschung schlechthin werden. Fritz Wagner in »Amsterdamer Beiträge zur Älteren Germanistik«, Bd. 51 (2001).