Melanie Ehler

Daniel Nikolaus Chodowiecki

»Le petit maître« als großer Illustrator


Was taten wohl solche Maler und Zeichner, die – etwa Adolph von Menzel Mitte des 19. Jahrhunderts in einer Gemäldeserie – Friedrich II. darstellten, ohne den 1786, lange vor Erfindung der Photographie, gestorbenen berühmtesten Preußenkönig je von Angesicht gesehen zu haben? Sie kupferten ab beim Kupferstecher. Nach dem betreffenden Künstler nannte Berlin eine Straße, deren Bewohner man öfter ums Buchstabieren ihrer Adresse bittet: Daniel Chodowiecki (1726–1801) aus Danzig hatte polnische Vorfahren. Und eine Kaufmannslehre durchlaufen, von der fürs Leben hängen blieb: Absatz und Gewinn garantiert am besten das, was viele erwerben wollen. Womit sich der Kreis bei König Friedrich schließt. Mehrfach verewigte der zugewanderte Berliner seinen populären Landesherrn in mannigfachen Posen. Die Abzüge seiner vortrefflich gelungenen Kupferplatten gingen weg wie warme Schrippen, ebenso seine Illustrationen zu einem Bestseller-Roman wie Goethes »Leiden des jungen Werthers«. Anspruchsvolle Massenware – ein Glücksfall für die damals beginnende Herausbildung eines bürgerlichen Geschmacks! Sie verzichtete keineswegs auf unterhaltsame Akzente und kam damit der hiesigen Mentalität zusätzlich entgegen, wie Melanie Ehlers schöne Monographie »Daniel Nikolaus Chodowiecki« überzeugend schildert und wie beispielsweise der abgedruckte Radierungszyklus »Das Leben eines schlecht erzogenen Frauenzimmers« kritisch-pointiert belegt. Da Chodowiecki über seine Frau Jeanne Barez mit der Berliner Hugenotten-Gemeinde in Berührung kam und wichtige Entwürfe für den Reliefschmuck des Französischen Doms auf dem Gendarmenmarkt lieferte, prägt er sogar das Stadtbild mit. Die Seriosität derartiger ohne Honorar übernommener Aufgaben hinderte ihn nicht am Verfassen launiger Reimereien, eigene Berufserfahrung betreffend: »Gewisz: Die schwerste Kunst ist Mahlen / Und nach ihr offt die, zu bezahlen.« Solche Schnurren mitzuteilen, gehört zu den Verdiensten der Autorin dieses faktenreichen, gut bebilderten neuen Buches über einen milieukundigen Berliner. Günther Bellmann in der »Berliner Morgenpost« vom 18. Juni 2003