Melanie Ehler (Hg.)

Fürstliche Garten(t)räume

Schlösser und Gärten in Mecklenburg und Vorpommern

Als Außenstandort der IGA Rostock (2003) hatte sich das Vineta-Museum der Stadt Barth nach der Sonderausstellung zu Ferdinand Jühlke ein neues ehrgeiziges Ziel gesetzt – mit der Ausstellung Fürstliche Garten(t)räume – Schlösser und Gärten in Mecklenburg-Vorpommern erstmals einen umfassenden Überblick über die gartenkünstlerische Entwicklung des Landes an exemplarischen Beispielen zu geben. Bei rund 2000 Schlössern, Guts- und Herrenhäusern, Burgen und Klöstern mit einer weit zurückreichenden Geschichte gibt es ein breites Arbeitsfeld, aber leider bisher keine museale Gesamtbetrachtung. In einer Fülle von Veröffentlichungen, die seit 1990 auf dem Büchermarkt erschienen sind, werden mehr oder weniger gut Denkmäler vorgestellt, oft ohne die historische Einbindung vorzunehmen. Auf 238 S. ist es nicht möglich, die Entwicklung der deutschen und europäischen Gartenkunst und ihre Auswirkung in Mecklenburg-Vorpommern vollständig darzustellen, aber was im gleichnamigen Katalog zu dieser Ausstellung von einzelnen Verf. vorgelegt worden ist, verdient höchste Beachtung. Bei dem unternommenen Versuch, Entwicklungsetappen der Gartenkultur/Gartenkunst darzustellen, wird sichtbar, daß die Kenntnisse aus verschiedenen Gründen oft sehr lückenhaft sind, es aber lohnt, auf verschiedenen Wegen nach Antworten zu suchen. Hier sei besonders auf den Beitrag von Michael Claven, Carola Morgenstern und Georg Döll hingewiesen, die sich der Historie der Parkanlage Griebenow zuwenden. Hervorhebenswert sind die Vergleiche mit ähnlichen Anlagen in Schweden und die gärtnerische »Beziehung« zum Generalgouverneur Carl Gustav Wrangel.
Es ist davon auszugehen, daß mit der Christianisierung des pommerschen Raumes auch der Gartenbau beeinflußt wurde. Viele Mönchsorden widmeten sich der Boden- und Gartenkultur, denn meistens schreiben die Ordensregeln auch Gartenarbeit vor. Obst-, Gemüseanbau und Gartenkunst wurden gepflegt. Die von Kreuzgängen umschlossenen Innenflächen der Klöster wurden für den Anbau von Heil-, Gewürz- und Gemüsepflanzen genutzt, Spalierobst bedeckte die Mauern und Weinanbau breitete sich nach Norden aus. Da aber oft genaue Beschreibungen, Kataloge, Pläne oder Ansichten zu frühen Anlagen in unserem Raum fehlten, sind die Darlegungen von Sabine und Andreas Webersinke zum Klosterbezirk von Bad Doberan besonders interessant. Auf den Beitrag von Michael Lissok sei verwiesen, weil er eine wunderbare Ergänzung zum Katalog Die Welt ein großer Garten darstellt. Dort wurde nur kurz verwiesen auf die Königliche Landwirtschaftsakademie in Eldena, der Wirkungsstätte von Ferdinand Jühlke. Hier erfährt diese Bildungsstätte ihre Würdigung und es wird dargestellt, wie Forschung und Lehre zum Nutzen Pommerns und Preußens wirksam wurden und von dort nach Skandinavien, Polen, in das Baltikum ausstrahlten. Wer kann sich schon noch daran erinnern, daß diese Akademie über ein pomologisches Institut, eine Baumschule, einen Obst-, Mutter-und Mustergarten oder einen akademischen Gemüsegarten verfügte?
In einer Arbeit über Gärten und Schlösser Mecklenburg-Vorpommern ist es unumgänglich, auch auf Arbeiten Peter Joseph Lennés zu verweisen. Dies ist seit 1989 (200. Geburtstag) in zahlreichen Veröffentlichungen geschehen. Lenné knüpfte bei seinen Arbeiten gerne bei Friedrich Ludwig von Sckell an: »Die Natur drückt sich nur zufällig bildlich aus, die Kunst tut dies mit Vorsatz. […] Daher kann auch nicht jede Szene in der Natur der Landschaftsmalerei zum Muster dienen. […]Allein die Kunst bemüht sich, beides zu erreichen Lennes Bemühungen gehen dabei immer, ob er persönlich verantwortlich oder nur der Gestalter von Entwürfen war, weit über Garten und Park hinaus. Sie bezogen die ganze umgebende Landschaft mit ein. Stefan Pulkenat begibt sich auf die Reise und wandert auf den Spuren Lennés in Mecklenburg-Vorpommern. Er zeigt die Handschrift des Gartenkünstlers, läßt aber den ganzheitlichen Ansatz vermissen. Im Sinne des Gesamtkataloges wäre die Frage nach dem Menschenbild, das hinter seinen Planungen liegt, sicherlich interessant gewesen. Die weiteren, im Katalog ausgewiesenen Beiträge dürfen nicht unerwähnt bleiben, sollten aber nicht näher analysiert werden. Die Sichtweise auf die Themenkreise Putbus, Güstrow, Barth, Residenzgärten, Schloß und Garten als Spiegelbild des klugen Regenten, Hofplatz eines Gutes ist stets interessant und fügt sich harmonisch in den Gesamtkatalog ein. Im Ergebnis ist eine umfangreiche, sachliche und in vielen Facetten neue Darstellung der Gartenkunst in Mecklenburg-Vorpommern entstanden. Der breit angelegte, qualitativ hochwertige Bildteil des Katalogs zeichnet nicht nur ein buntes, sondern auch ein klares Bild der Fürstlichen Garten(t)räume.
Dittmar Alexander, Kreutzmannshagen, in: Baltische Studien. Pommersche Jahrbücher für Landesgeschichte, Bd. 90 (2004)

 

Es ist ein äußerst gelungenes Begleitbuch zur Barther Ausstellung. Anhand ausgewählter Park- und Gartenanlagen stellen die Autoren im Textteil die gartenkünstlerischen und architektonischen Besonderheiten im Kontext zur jeweiligen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zeitaufassung dar. Ohne diese Anlagen, so wird deutlich, müßte uns Land auf ein Großteil seiner Schönheit verzichten – viele Ensembles sind dennoch weiter gefährdet. Der Katalogteil enthält über neunzig in Barth gezeigte historische Ansichten und Pläne mecklenburgischer und vorpommerscher Herrenhäuser und Gartenanlagen.
Mecklenburg-Magazin (Regionalbeilage der SVZ, der NNN und des Nordkurier) am 22.08.2003

Die leichte Muse hat das Schloß von Barth im mecklenburgischen Neustrelitz wiedererstehen lassen. Leider nur als Bühnendekoration für Operetten, die seit drei Jahren jeden Sommer im Schloßpark mit großem Pomp und ebenso großem Erfolg aufgeführt werden. Immerhin läßt die Schloßattrappe ahnen, welche Form das im achtzehnten Jahrhundert gebaute Schloß hatte und wie die Fassade aussah. Vor allem aber wird klar, daß Park, Schloßkirche, Pavillon, Orangerie und Marstall keineswegs beziehungslos nebeneinander liegen, wie es Parkbesuchern bislang erscheinen mußte.
Park und Gebäude waren auf das Schloß ausgerichtet. 1945 wurde es zerstört. Unter ungeklärten Umständen, wie es damals so häufig geschah. Wo die Schlösser nicht geschleift wurden, verwahrlosten sie oft: Mehr als zweitausend Burgen, Schlösser, Guts- und Herrenhäuser sowie Klöster gibt es heute in Mecklenburg-Vorpommern. Das Schweriner Schloß wurde Sitz des Landtages, Burg Schlitz mitten in der Mecklenburgischen Schweiz würde ein kleines, feines Hotel. In das Schloß von Hohenzieritz, in dem 1810 die preußische Königin Luise gestorben war, zog die Verwaltung des Müritz-Nationalparks ein – und eine Luisen-Gedenkstätte.
Viele Schlösser indes stehen leer. So der wundervoll leichte Bau in Mirow aus der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. Die Fassade ist zwar restauriert. Seit Jahren aber schleppen sich die Bemühungen hin, eine Nutzung für das Gebäude zu finden. Noch reicher als an Schlössern ist das Land an Parks. Mehrere Dutzend sind von Peter Joseph Lenné entworfen worden. Sein Nachfolger als königlicher Hofgartendirektor, Ferdinand Jühlke, wurde im vorpommerschen Barth geboren. Er hatte die Idee zu einer Internationalen Landesgartenbauausstellung 1835 in Erfurt.
Rostock ist gegenwärtig Gastgeber der Internationalen Gartenbauausstellung (IGA). Barth ist IGA-Außenstelle. Deshalb auch widmet sich das Museum der Stadt den Schlössern und Gärten in Mecklenburg-Vorpommern unter dem Titel »Fürstliche Garten(t)räume«. Das Erstaunliche an dieser Ausstellung ist: Noch nie hat es für Mecklenburg-Vorpommern eine solche Übersicht gegeben. Das Thema wird in dem für Barther Verhältnisse aufwendigen Katalog umfassend behandelt. Die in Bamberg und Schwerin lebende Professorin für Baugeschichte und Denkmalpflege Sabine Bock – sie will Ende des Jahres eine Gesamtdarstellung über die Herrenhäuser in Mecklenburg-Strelitz vorlegen – warnt in ihrem Aufsatz davor, daß es im Land nur noch fünfzehn komplette Gutsanlagen gibt und auch die gefährdet sind. Der Hof in Gützkow nordwestlich von Neubrandenburg etwa erzählt von einer Wirtschaftsform, die Mecklenburg jahrhundertelang geprägt hat.
In den letzten Monaten der DDR waren es oft Bürgerinitiativen, die eigentlich nur Kulturhistorisches in den verfallenden Städten und Dörfern retten wollten, aber dabei zwangsläufig politisch wurden. Melanie Ehler, die junge und ehrgeizige Direktorin des Vineta-Museums, knüpft daran an. Ihrer bemerkenswerten Ausstellung, die bis zum 28. September zu sehen ist, geht es um »eine Rückgewinnung eines umfassenden historischen Bewußtseins von dem nordöstlichsten deutschen Bundesland und seinen Bewohnern«. Im von der PDS mitregierten Bundesland macht sich Frau Ehler damit keineswegs nur Freunde.
Frank Pergande in der »Frankfurter Allgemeine Zeitung« vom 18. August 2003