Sigrid Grabner, Hendrik Röder (Hg.)
Emmi Bonhoeffer
Essay – Gespräch – Erinnerung

Emmi Bonhoeffer, geborene Delbrück(1905-1991), war eine Schwägerin Dietrich Bonhoeffers. Sie heiratete 1930 den Juristen Klaus Bonhoeffer, der in der Nacht vom 22. zum 23. April 1945 zusammen mit einer Gruppe anderer Häftlinge, unter ihnen auch Rüdiger Schleicher, ein anderer Schwager Bonhoeffers und Schwiegervater Eberhard Bethges, von einem SS-Kommando nahe der Lehrter Straße in Berlin erschossen wurde.
Sigrid Grabner und Hendrik Röder haben sehr verschiedene Texte zusammengestellt, die allesamt von der Lebenseinstellung und Wertehaltung, dem Mut und der zupackenden Mitmenschlichkeit Emmi Bonhoeffers Zeugnis ablegen. Herzstücke des Buches sind »Erinnerungen an die Häuser Delbrück, Harnack und Bonhoeffer« (Seite 43–67) »Autobiographische Äußerungen aus dem Jahre 1989« (Seite 68–100) und »Zivilcourage und Gehorsam« (Seite 101-109). Bewegend sind andere Texte, die sich auf Klaus Bonhoeffer beziehen und die ahnen lassen, welch eine Last die Witwe eines Widerständlers zu tragen hatte. Aufschlußreich für Emmi Bonhoeffers humanitäres und politisches Engagement »Zeugen im Auschwitz-Prozeß - Bemerkungen und Gedanken« (Seite 111-134) – sie hatte traumatisierte Zeugen im Auschwitz-Prozeß in vorbildlicher Mitmenschlichkeit begleitet, so wie sie nach Kriegsende in Holstein sehr unbürokratisch Flüchtlinge und Einheimische zu gegenseitiger Hilfe bewegte.
Aus der Einleitung von Sigrid Grabner erfährt man noch manches mehr über Emmi Bonhoeffer, die sich noch im hohen Alter für amnesty international engagierte und sich an Mahnwachen gegen die Raketenstationierungen beteiligte. Ausführliche Anmerkungen geben Auskunft über die erwähnten Personen und Zusammenhänge.
Das Buch erinnert eindringlich an eine bemerkenswerte Frau des Widerstandes, und wie sie ihr Leben nach Kriegsende engagiert weitergeführt hat. Darüber hinaus ist es auch eine Quelle zur »Großfamilie Bonhoeffer«, zum familiären Umfeld Dietrich Bonhoeffers und deshalb auf seine Weise auch ein wichtiger Beitrag zu den Bonhoeffer-Jahren 2005 und 2006.

Paul Gerhard Schoenborn in: »Transparent«, Dezember 2005

 

Eine Begegnung mit der bürgerlichen Welt des Widerstands und mit der Frage, was wesentlich ist.

In:»DIE ZEIT«, Dezember 2005

 

 

Preußen hat uns Frauengestalten gegeben, in denen das Wesentliche fortwirkt. An uns liegt es, sie zu erkennen…« Dies sagte der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker anläßlich einer Rede Emmi Bonhoeffers 1981 über den Widerstand gegen Hitler.
Als Widerständlerin verstand sich Emmi Bonhoeffer nicht, doch befand sie sich als Ehefrau von Klaus und Schwägerin von Dietrich Bonhoeffer von Anfang an im Kreis jener Männer, die schon in den 30er Jahren ein Netzwerk spannten.
In dem 2004 erschienenen Buch mit einem Essay, mit Gesprächen, Briefen und Erinnerungen Emmi Bonhoeffers wird ihre Überzeugung sichtbar, daß »die politische Phantasie der Frauen beim Suchen nach rettenden Auswegen« eine erhebliche Rolle spielt.
Nach der Nazi-Katastrophe arbeitete die Witwe mit drei Kindern trotz entbehrungsreicher Nachkriegszeit bereits in den 50er Jahren beim Evangelischen Hilfswerk in Frankfurt mit, baute unter anderem einen »Hilfsring« für Frauen in Ostdeutschland auf und fand 1964 zu ihrer »Lebensaufgabe«. Sie bot an, Zeugen im Auschwitz-Prozeß zu betreuen. »Wer machte sich schon Gedanken über die Befindlichkeit der Menschen, die nach 20 Jahren die erlebten Greuel einigermaßen verdrängt glaubten und sie nun wieder im Detail ausgraben mußten? «
Daß aus dieser Tätigkeit eine wunderbare Brieffreundschaft hervorging, war für Emmi Bonhoeffer wohl der größte Lohn. Eine Erkenntnis aus den beeindruckenden Briefen an Recha in den USA lautet: Überwältigender als Millionenzahlen ist eine Stimme eines Menschen (im Auschwitz-Prozeß). Und: »Daß Auschwitz in einem Kulturvolk möglich war, das zu fünfundneunzig Prozent aus getauften Christen bestand, sollte uns aufrütteln und zur Umkehr bewegen«. Darin sah sie den Sinn des Auschwitz-Prozesses. Den beiden Herausgebern des kleinen Buches, Sigrid) Grabner und Hendrik Röder, ist die Veröffentlichung zu verdanken.
I. Stelz-Geiger in »Die Nordelbische« vom 07.08.2005

 

Sie ist eine starke Frau, auch wenn sie sich selbst so nicht beschrieben hat. Emmi Bonhoeffer, geb. Delbrück, Witwe von Klaus Bonhoeffer – der, wie sein Bruder Dietrich, wie Justus Delbrück, wegen seines Widerstandes gegen das Nazi-Regime ermordet wurde – ist eine der Frauen, die im Schatten ihres Mannes stehen. Zu Unrecht, wie jetzt eine Sammlung von Briefen, Notizen und Erinnerungen belegt. Ihr Weg waren die kleinen Schritte. Und diese Schritte haben der Mutter von drei Kindern auch geholfen, ihren Lebensweg nach dem Tod ihres Mannes zu bewältigen. Beeindruckend sind die Briefe, die Emmi Bonhoeffer an ihre Freundin Recha schreibt, um von den Auschwitz-Prozessen in den 60er Jahren zu berichten. Bonhoeffer hatte die Begleitung der Zeugen angeregt. Die Briefe geben Zeugnis von den Gesprächen mit den Menschen, die nach 20 Jahren erstmals wieder nach Deutschland gekommen waren und sich unter viel Leid an die Ereignisse im Konzentrationslager erinnerten. Von Widerstandsbewegung allerdings spricht sie nie. Ein Begriff, an dem sie sich immer wieder gerieben hat – eben, weil eine eigenständige Bewegung nicht möglich war. Etwas bewegen zu können, das hat Emmi Bonhoeffer in den Jahren nach dem Nazi-Regime umgesetzt.
[
ah] in »Kieler Nachrichten« vom 02. August 2005

 

Tagebuchnotizen vom Kriegsende 1945: »18. April. Letzter Besuch bei Klaus. Blumenschale zwischen uns auf dem Geländer des Gefängnisgangs.« »24. April. Bombe »9. Mai. Justus kommt mit Todesbotschaft von Georg. Abends mit Todesbotschaft von Hans. Von Klaus und Rüdiger keine Spur.« »16. Mai. Lene berichtet von der Wahrscheinlichkeit, daß Klaus und Rüdiger ermordet seien«
»30. Mai. Gewißheit, daß Klaus tot ist. Auch Rüdiger.«
Klaus, das war der Berliner Rechtsanwalt Klaus Bonhoeffer, der mit seinen Schwägern
Georg Höbe, Hans von Dohnanyj, Rüdiger  Schleicher und Justus Delbrück zu den Widerstandskämpfern  gehörte, die das mißglückte Stauffenberg-Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 organisiert hatten. Das Tagebuch stammt von seiner Frau Emmi Bonhoeffer (19051991), geborene Delbrück, die erst nach Kriegsende erfuhr, daß ihr Mann am 23. April im Gefängnis erschossen worden war. Die Mutter dreier Kinder erfüllte das Vermächtnis ihres Mannes auf ihre Weise. Emmi Bonhoeffer kämpfte gegen das Vergessen der Nazi-Untaten, half unermüdlich Menschen in seelischer und materieller Not. Sie baute ein Hilfsnetz auf für Spendenpakete nach Ostdeutschland und engagierte sich später für Amnesty International.
Im
Auschwitz-Prozeß 1964 betreute sie die KZ-Opfer, die als Zeugen aussagen sollten. Ihre Erlebnisse dabei schrieb sie ihrer jüdischen Freundin Recha Jaszi, die in den USA lebte. Diese Briefe sind Kernstück der zu ihrem 100. Geburtstag erschienenen Audio-CD »Martina Gedeck liest Briefe an Recha von Emmi Bonhoeffer« (Vacat Verlag), die auch O-Tonaufnahmen von Emmi Bonhoeffer enthält. Die CD basiert auf dem Buch »Emmi Bonhoeffer – Essay, Gespräch, Erinnerung«. Die Herausgeber Sigrid Grabner und Hendrik Röder zeichnen aus Erinnerungen und Originalzeugnissen (auch Klaus Bonhoeffers Abschiedsbrief ist abgedruckt) ein Bild der befreundeten und verschwägerten Großfamilien Delbrück und Bonhoeffer, die den Widerstand gegen Unrecht als moralische Pflicht betrachteten. Eine Haltung, der Emmi Bonhoeffer ihr Leben lang verpflichtet blieb.
Gabriella Lorenz in »Münchner Abendzeitung« vom 12. 07.2005

 

Wem ist der Name Bonhoeffer nicht bekannt? Emmi Bonhoeffer ist die Ehefrau von Klaus Bonhoeffer, dem älteren Bruder von Dietrich Bonhoeffer. Dieses zeigt den Zusammenhang der Familiengeschichte im Dritten Reich. Emmi Bonhoeffer ist eine geborene Delbrück, die Familie hatte sieben Kinder und lebte in naher Nachbarschaft zu den Bonhoeffers. In dieses Umfeld gehören auch die Familien Harnack und von Dohnanyi. Aus den Nachbarn wurden Freunde und schließlich durch Heirat Familien. Die Herkunftsgeschichten der beteiligten Personen sind gut beschrieben, sie knüpfen unmißverständlich an die politische Geschichte dieser Zeit an. Die Familien fanden über die Musik zusammen, so wurden die Verabredungen zum gemeinsamen Musizieren nicht selten zu konspirativen Treffen in der einen oder anderen Wohnung. Das Wort »Widerstand« tauchte zu der Zeit noch nicht auf, dennoch entwickelte sich bei den einzelnen Familienmitgliedern die unverhohlene Ablehnung des Naziregimes. Das konnte nicht verborgen bleiben. Hans von Dohnanyi und seine Frau Christel (geb. Bonhoeffer) wurden als erste verhaftet. Bis zum April 1945 wurden acht Familienmitglieder hingerichtet. Die Lebensbeschreibungen im vorliegenden Buch – acht Menschen gefoltert, gehängt, erschossen – spiegeln zwölf Jahre Unrechtssystem wider und lassen jeden einzelnen aus der Geschichte, aus der Anonymität, heraustreten. Und wie lebt Emmi Bonhoeffer nach der Hinrichtung ihres Mannes Klaus Bonhoeffer 1945, gerade 40 Jahre alt, mit drei kleineren Kindern, weiter? Als erstes macht sie sich auf zu den dreien, die in Holstein leben. Nach beschwerlichem Weg ist sie glücklich, sie gesund wieder zu sehen. Die mit Angst erwartete Frage der Kinder: »Und wo ist Papa?« beantwortet sie: »Papa ist uns weit voraus«. Zunächst gilt es, mit den Kindern zu überleben. Sie erhält Care-Pakete und kann aus diesen manches weitergeben, z.B. im Tausch für Arbeitskraft. Es gelingt ihr, mit Hilfe dieser Arbeitsstunden eine Dorfstraße zu reparieren. »Ich habe immer aufgehoben, was mir vor die Tür gelegt wurde.« Das war im Laufe der Jahre u. a. die Mitarbeit bei »amnesty international«, ihr Einsatz und ihre Beteiligung in einem Kirchenorchester. Ihre wichtigste Arbeit, ihr aus ihrer Lebenserfahrung heraus auf den Leib geschrieben, war die Begleitung und Betreuung der Zeugen im Auschwitz-Prozeß in den 60er Jahren. Die inzwischen älter gewordenen Menschen, vornehmlich aus Polen, mußten nach 20 Jahren ihre grauenhaften Leiden zurück ins Gedächtnis holen und bis dahin oft Unausgesprochenes aussagen. Emmi Bonhoeffer wußte die Menschen einfühlsam zu begleiten. Dieses Mal war ihr eine besonders aufwühlende, bedrückende Last »vor die Tür« gelegt worden. Ihre Gedanken hierzu sind in dem Briefwechsel mit ihrer Freundin Frau Recha Jaszi beschrieben. Der letzte Brief schließt: »Recha, daß Auschwitz in einem Kulturvolk möglich war, das zu 95% aus getauften Christen bestand, sollte uns aufrütteln und zur Umkehr bewegen.« Ich konnte das Buch nicht weglegen, ohne eine ähnliche Bedrückung zu empfinden – heute, 60 Jahre »danach«. Der Herausgeberin Sigrid Grabner antwortet Emmi Bonhoeffer auf die Frage nach ihren Wünschen für die Zukunft: »… nur im Miteinander kann die Welt vor Zerstörung gerettet werden. Nicht Anspruchsdenken, sondern Bescheidenheit wendet die Not. Ist notwendig.«
Christel Liedtke in »Die Diakonieschwester«, Juli/August 2005

Artikel über die Lesung in den Münchner Kammerspielen aus »Emmi Bonhoeffer –Essay, Gespräch, Erinnerung«

»Süddeutsche Zeitung« vom 16./17. Juli 2005

»Ich schildere Dir diese Szene aber, weil sie so besonders deutlich die Ausweglosigkeit aufzeigt, in die die SS-Männer gerieten, wenn sie dem Teufel den kleinen Finger gegeben hatten« Emmi Bonhoeffer beschreibt diese Szene in einem Brief an ihre in den USA lebende jüdische Freundin Recha: wie ein SS-Mann beim »Selektieren« der im Konzentrationslager angekommenen Juden einer Siebzehnjährigen den kleinen Bruder vom Arm reißt, um sie, im Gegensatz zu Mutter und Geschwistern, vor dem Tod im Gas zu bewahren.
»Hat dieser Arzt gemordet oder gerettet, fragt Bonhoeffer. Sie hat sich freiwillig gemeldet, um bei den Auschwitzprozessen 1964 die traumatisierten Zeugen zu betreuen. Und sie selbst hat ihren Mann Klaus Bonhoeffer verloren, weil er dem Kreis der Attentäter vom 20. Juli 1944 angehörte und hingerichtet wurde.
Bereits das eingangs erwähnte Zitat zeigt, welch wertvolle Quelle die Aufzeichnungen Emmi Bonhoeffers sind, weil es ihr gelingt, zugleich differenziert und empathisch zu denken und zu schreiben. Besonders die Briefe an Recha zeugen von der Problematik der deutschen Gesellschaft im Umgang mit den Tätern und Opfern der Nazi-Zeit noch 20 Jahre nach Kriegsende.
Zögernd erst, dann um so drastischer schildert Bonhoeffer die Greueltaten, als sie nämlich erkennt, daß sie genau dies den Opfern schuldig ist. »Und der Mann, der das durchgemacht hat, war ohne Hass! Kannst Du verstehen, daß eine solche Begegnung ein großes Geschenk ist, daß eigentlich wir, die wir mit ihm zusammen sein dürfen, die Nehmenden sind
Neben den Briefen, die die Auschwitz-Prozesse aus einem ganz persönlichen Blickwinkel heraus dokumentieren, enthält dieses sehr lesenwerte und zutiefst erschütternde Bändchen Emmi Bonhoeffers Lebenserinnerungen, Beschreibungen ihrer eigenen Familie und der ihres Mannes, auch Klaus Bonhoeffers Abschiedsbrief an seine Kinder. Und schließlich Emmi Bonhoeffers Essay »Zivilcourage und Gehorsam«. Da heißt es: »Es gibt in der ganzen Welt, glaube ich, keine Widerstandsbewegung, wenn es den Leuten von Tag zu Tag besser geht. Moralische Gründe und politische Weitsicht reichen nicht aus, wenn die Leute Butter auf dem Brot haben Um so eindrucksvoller macht Emmi Bonhoeffer damit die weitsichtige Haltung ihres Mannes, der früh die Zerstörung der Rechtskultur als das größte Verbrechen Hitlers erkannte und entsprechend zu handeln begann.
Christine Diller im »Münchner Merkur« vom 17. Juli 2005

Wer jetzt über den Namen Bonhoeffer stolpert und hofft, auf diese Weise etwas über den allseits bekannten Pfarrer und Gegner des nationalsozialistischen Regimes Dietrich Bonhoeffer zu erfahren, sieht sich enttäuscht. Über Bonhoeffer und seinen geistigen Hintergrund gibt es ja anscheinend schon genug zu lesen. Doch es ist auch das ganz persönliche Umfeld, das einen Menschen prägt. Wie aber sah es mit Bonhoeffers familiärem Hintergrund aus?
In dem vorliegenden, von Sigrid Grabner und Hendrik Röder herausgegebenen Werk steht ein Teil des Lebens von Bonhoeffers Schwägerin Emmi Bonhoeffer geborene Delbrück (13. Mai 1905 bis 12. März 1991) im Mittelpunkt.
So geht es um ihr Leben an der Seite von Klaus Bonhoeffer, dem älteren Bruder des großen Theologen, um die Lebensumstände nach der Ermordung ihres Mannes durch die Nationalsozialisten in der Nacht vom 22. auf den 23. April 1945.
Weiterhin wird berichtet, wie Emmi Bonhoeffer später vor Gericht Zeugen begleitet und ihnen Trost und Kraft spendet, und zugleich in abgedruckten Briefen an ihre amerikanischjüdische Freundin Recha um Verständnis für die Ankläger und Richter im Nürnberger Prozeß wirbt.
Zusammengestellt wurde das im Berliner Lukas Verlag erschienene Buch aus Tagebuchnotizen, Gesprächsnotizen, Briefen und schließlich Emmi Bonhoeffers Rede zum Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1981.
Eindrucksvoll erscheint für mich, daß Emmi Bonhoeffer offenbar ohne Wut oder Pathos gelebt und geschrieben hat. Sie hat nichts beschönigt, noch hat sie etwas verdammt. Für mich ist sie eine sehr starke Frau, die es verdient hat, geehrt und geachtet zu werden.
»www.magister-rother.de« vom 08.06.2005

 

Manchmal trifft der Zufall der Mediengesellschaft einen Verlag, der dieses Glück wirklich verdient. Günther Jauch, als Millionärsmacher bekannt und beliebt, empfahl kürzlich das Büchlein mit Texten von Emmi Bonhoeffer in Elke Heidenreichs ZDF-Sendung »Lesen. Daraufhin schoß der Band bis auf Platz 5 der Bestsellerlisten, druckte der kleine Berliner Lukas Verlag eine fünfstellige Auflage nach. Solchen Erfolg hat das schmale, wie fast immer bei Lukas ausgesprochen schön gestaltete Büchlein völlig verdient – bedauerlich höchstens, daß es zum Erfolg erst der prominenten Zusprache im Fernsehen bedurfte. Emmi Bonhoeffer (1905 bis 1991) war die Tochter des bekannten Berliner Historikers Hans Delbrück, die Frau von Klaus Bonhoeffer, dem Juristen und wichtigen Mitglied des Widerstandes gegen Hitler, und die Schwägerin von Dietrich Bonhoeffer, dem Theologen und Vordenker der Bekennenden Kirche. Die Bonhoeffer-Brüder bezahlten ihren Kampf gegen Hitler mit dem Leben. Emmis Tagebuchauszüge, Briefe und Aufzeichnungen, die in dem Band überwiegend zum ersten Mal veröffentlicht werden, geben einen faszinierenden Einblick in das preußische wohlhabende Bildungsbürgertum – jene Gesellschaftsschicht, die einst Deutschlands besondere geistige Stärke war und die durch NS-Diktatur, Krieg und Blutzoll als Folge des gescheiterten Staatsstreichs des 20. Juli und die Umwälzungen der Nachkriegszeit so gut wie verloren gegangen ist.
Wie groß diese Lücke ist, wird in den ruhigen und doch so bewegenden Texten Emmi Bonhoeffers deutlich.
Sven Felix Kellerhoff in der »Berliner Morgenpost« vom 3. Juni 2005

[…] Jetzt hat es auch noch das Zwei-Mann-Unternehmen Lukas Verlag auf Position 5 geschafft, wie aus den Erhebungen vom Media Control GfK International für die Woche vom 14.–20. April hervorgeht. Nach einer Empfehlung von Günther Jauch in der Sendung »Lesen vom 20. April hat sich »Emmy Bonhoeffer – Essay, Gespräch, Erinnerung« nach Angaben von Ben Bauer bereits mehr als 10000mal verkauft. Nie hätte man bei dem Berliner Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte, der seit rund zehn Jahren besteht, mit solch einem Erfolg gerechnet […]
Christina Schulte im »Börsenblatt des deutschen Buchhandels«, Heft 17/2005

[…] Das Buch beeindruckt durch die Unmittelbarkeit seiner überwiegend recht kurzen Texte… Nach der Vorstellung durch Günther Jauch bei Elke Heidenreich zum Bestseller geworden, bleibt das Buch zur Vervollständigung von Beständen zum Thema Widerstand gegen den Nationalsozialismus […] wichtig.
ekz-Informationsdienst vom 18.05.2005

Artikel über die Bonhoeffers anläßlich des Erscheinens des Buches
»Welt am Sonntag« vom 08.Mai 2005

Was für ein Leben! möchte man nach der Lektüre dieses Buchs ausrufen, das biographische Zeugnisse einer mutigen Frau versammelt, die preußisch erzogen wurde, demokratisch gedacht und couragiert gehandelt hat: Emmi Bonhoeffer, die Witwe des kurz vor Kriegsende hingerichteten Klaus Bonhoeffer. Was für ein Buch! – dieser Ausruf will mir hingegen nicht so recht über die Lippen, dazu ist diese Dokumentation ein wenig zu lesebuchhaft.
Denis Scheck kommentiert die SPIEGEL-Bestsellerliste in der ARD-Sendung »druckfrisch« vom 1. Mai 2005, auch im »Tagesspiegel« vom 1. Mai 2005

Eine ganz bemerkenswerte, preußische Frau, die alle preußischen Tugenden in sich vereint.
Günther Jauch als Gast in Elke Heidenreichs Sendung »ZDF Lesen« vom 12. April 2005
Den vollständigen Auftritt Günther Jauchs können Sie hier sehen.

Lange Zeit stand sie im Schatten ihres 1945 von den Nazis als Verschwörer gegen Hitler hingerichteten Mannes Klaus: Emmi Bonhoeffer, geborene Delbrück (1905–1991). Als junge, schöne und gebildete Frau aus gutem Hause heiratete sie 1930 den Rechtsanwalt Klaus Bonhoeffer, der sein Leben dem Widerstand gegen das Nazi-Regime widmete – und Emmi ging wie selbstverständlich den Weg ihres Mannes mit. Sie überlebte und wurde zu einer wichtigen, nie verstummenden Zeitzeugin. Die hier zusammengetragenen Dokumente (Reden, Tagebuchnotizen, Briefe, außerdem der bewegende Abschiedsbrief ihres Mannes an die gemeinsamen Kinder) fügen sich zu einem sehr eindrucksvollen Porträt einer kämpferischen Frau.
Bewegende Zeugnisse aus dem Leben und Wirken einer Frau, die den Widerstandskampf ihres Mannes gegen das Hitler-Regime auf ihre Weise unterstützte und nach dem Krieg zu einer aktiven Streiterin wider das Vergessen wurde. Ein wichtiges Buch, das eine Heldin aus dem Schatten ihres Mannes hervorholt.
Empfehlung der Stiftung Lesen

Die Namen Bonhoeffer, Dohnanyi und Canaris sind untrennbar mit dem deutschen Widerstand gegen Hitler verbunden. Die Familie Bonhoeffer beispielsweise hat mit dem Theologen Dietrich Bonhoeffer und seinem Bruder Klaus einen hohen Blutzoll entrichtet. Klaus war fünf Jahre älter als Dietrich; er war verheiratet mit Emmi Delbrück (1905–1991), einer Tochter des berühmten Historikers Hans Delbrück. Er ist wie Albrecht Haushofer in den letzten Kriegsstunden in Berlin von der SS ermordet worden.
Emmi Bonhoeffer ging, wie fast alle Frauen der Widerstandskämpfer, konsequent den Weg ihres Mannes mit und half und stärkte, wo sie nur konnte. Nach dem Krieg hat sie publizistisch das Erbe des Widerstands wachgehalten und sich darüber hinaus in sozialer und karitativer Arbeit engagiert. Als in Frankfurt der Auschwitzprozeß begann, hat sie mehreren Zeugen aus Osteuropa, die emotional der schwierigen Konfrontation mit den ehemaligen KZ-Schergen kaum gewachsen waren, helfend zur Seite gestanden.
Jetzt sind mehrere ihrer Reden und Texte wieder aufgelegt worden: Gedenken an den 20. Juli 1944, ein Rückblick auf 1945, Erinnerungen an die Häuser Delbrück, Harnack und Bonhoeffer sowie Briefe an eine jüdische Freundin zum Auschwitzprozeß. Es sind bewegende und unmittelbar ansprechende Texte, die unter dem Eindruck der NS-Gewaltherrschaft, in der Trauer um die ermordeten Angehörigen und mit dem Willen, daß sich eine Barbarei wie die des NS-Regimes nie wiederholen dürfe, geschrieben worden sind. Abgedruckt ist auch Klaus Bonhoeffers letzter Brief an seine Kinder (»Ich werde nicht mehr lange leben und will nun von Euch Abschied nehmen«), auch dieser ein großes Zeugnis für die ethische Kraft des Widerstands und der Stärke angesichts des Todes.
ks [Dirk Klose] in »Das Parlament«, 4./11. November 2004

 

Der Krieg ist zu Ende. Emmi Bonhoeffer macht sich auf, in den zerschossenen Straßen von Berlin nach ihrem Mann zu suchen. Die Nationalsozialisten hatten ihn 1944 verhaftet und zum Tode verurteilt. Aber in der Hektik der letzten Kriegstage mochte man ihn vergessen haben. Mal hört Emmi, ihr Mann würde leben. Dann heißt es, er sei tot. Sie berichtet in ihrem Tagebuch von ihren Lebensumständen damals, schreibt in kurzen, nervösen Sätzen – so nervös, wie die Zeit war. Erst am 30. Mai notiert sie: »Gewißheit, daß Klaus tot ist. Auch Rüdiger.« Ein Rollkommando der SS hatte ihren Mann und ihren Schwager Rüdiger Schleicher am 23. April erschossen. Klaus Bonhoeffer war der ältere Bruder von Dietrich, der ebenfalls von den Nationalsozialisten umgebracht wurde. Ein Bruder von Emmi war Max Delbrück, der, von den Nationalsozialisten angefeindet, nach Amerika ging und später Nobelpreisträger für Medizin wurde. Die Harnacks und die Dohnanyis gehörten zum Freundeskreis. Sie alle hatten sich wie selbstverständlich dem Widerstand gegen Hitler angeschlossen. Auch Emmi, eine außerordentlich schöne und lebenskluge Frau aus den besten Kreisen, gehörte als Beobachterin dazu. Nach dem Berliner Chaos des Untergangs – ihr Haus wurde von einer Bombe zerstört – schlug sie sich unter abenteuerlichen Umständen nach Schleswig-Holstein durch. In der Bundesrepublik begann sie ein zweites Leben. Sie arbeitete für Amnesty International. Als ältere Dame stand sie zusammen mit den jungen Leuten an den Raketenbasen, um gegen die Raketenstationierung nach dem Nato-Doppelbeschluß zu protestieren. 1964 hatte sie im Auschwitz-Prozeß einige der Zeugen betreut. Sigrid Grabner und Hendrik Röder haben nun ein Lebensbild dieser Frau vorgelegt. Emmi spricht darin selbst – in ihrem Tagebuch, in einem Lebensbild ihres Mannes und ihres Lebens sowie in einem Briefwechsel mit Recha Jászi über den Auschwitz-Prozeß. Aber auch der Abschiedsbrief von Klaus an seine Kinder ist in dem Buch zu lesen. Das Brandenburgische Literaturbüro, das die Veröffentlichung betreut hat, beschäftigt sich seit Jahren mit dem Potsdamer Kreis der Widerständler, so mit Henning von Tresckow und Reinhild Gräfin von Hardenberg. In all diesen Büchern scheint wie auch in dem Porträt von Emmi und Klaus Bonhoeffer auf ergreifende Weise noch einmal jene Welt aus hochstehendem Ethos und unbedingter Pflichterfüllung auf, die mit großem Recht die preußische genannt werden darf.
F.P. [Frank Pergande] in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« am 10. August 2004

Erwähnung in: »Die Zeit« vom 15. Juli 2004 in einer Bibliographie aktueller Literatur zum 20. Juli 1944

Emmi Bonhoeffer hat mit ihrem ungewöhnlichen Leben Geschichte geschrieben. »Ich war keine Heldin«, bekennt die Witwe von Klaus Bonhoeffer, der als Verschwörer gegen Hitler von den Nazis hingerichtet wurde. »Aber ich trug die Last der Entscheidungen mit Im Wohnstift Haus Lörick hat sie ihre letzten zwanzig Jahre verbracht. Eine bemerkenswerte Frau, die ihren Schmerz und ihr Schicksal nach dem gescheiterten Attentat Stauffenbergs am 20. Juli 1944 mit großer Tapferkeit ertrug. Sechzig Jahre später wird jetzt ihr Name in einem Buch wieder lebendig, das in Zusammenarbeit mit ihrer in Meerbusch lebenden Tochter entstanden ist. »Meine Mutter war geistig unglaublich jung für ihr Alter und in ihrer engagierten Teilnahme an der Gegenwart«, sagt Cornelie Grossmann geborene Bonhoeffer.
Emmi Bonhoeffer blieb bis an ihr Lebensende politisch und gesellschaftlich aktiv. Sie spielte Bratsche im Kirchenorchester, übte mindestens eine Stunde am Tag. »Und für ihre drei Enkel war sie eine sehr geliebte, prägende Großmutter«, erinnert sich Cornelie Grossmann. Die Enkel sind heute selbst erwachsene Männer im Alter von 43, 41 und 40 Jahren.
Als Emmi Delbrück wuchs sie in Berlin auf, in enger Nachbarschaft mit der Familie Bonhoeffer. Aus der Kinderfreundschaft wurde Liebe: Emmi Delbrück und Klaus Bonhoeffer heirateten. Der fünf Jahre jüngere Bruder, der Theologe Dietrich Bonhoeffer, blieb ledig. Er hat die Frage »Dürfen Christen töten in vielen Briefen und Tagebüchern behandelt.
Dem frisch getrauten Paar blieben im heraufziehenden Naziregime nur wenige unbeschwerte Jahre. Rechtsanwalt Klaus Bonhoeffer, späterer Chefsyndikus bei der Lufthansa, knüpfte Verbindungen zwischen Widerstandgruppen, wurde in die Attentatspläne der Verschwörergruppe um Beck und Carl Friedrich Goerdeler eingeweiht. »Mein Mann war der Ansicht, daß Hitlers größtes Verbrechen die Verwüstung des Rechtsbegriffs war«, schreibt sie in ihren autobiographischen Äußerungen.
Für beide war unverständlich, daß weder Kirchen noch Universitäten die drohende Katastrophe erkannten. Um die unverantwortliche Politik zu stoppen, fanden sich Männer ihres Familienkreises zum Widerstand zusammen. »Aus Liebe zu Deutschland«, wie Cornelie Grossmann betont.
Über das Wort »Widerstandsbewegung« hat Emmi Bonhoeffer später sehr gestaunt. Es sei irreführend, denn von einer Bewegung sei keine Rede gewesen. Aufklärende Artikel, Demonstrationen und Aufrufe waren wegen der Brief- und Telefonkontrollen und der Blockwartbesuche der geheimen Staatspolizei gar nicht möglich: »Widerstand bedeutete vielmehr, tradierte Werte zu retten und das Schlimmste zu verhindern
Konspirative Treffen der Verschwörer waren oft als Musikabende getarnt. Emmi Bonhoeffer über ihre Rolle: »Ich hatte nur manchmal nachts ums Haus zu gehen und zu schauen, ob jemand unseren Eingang beobachtete Getarnt waren auch die Anrufe, die sie von öffentlichen Telefonzellen aus führte. »Bring die Flöte mit«, bat sie. Das hieß: Bring das Geld für den Generalstreik nach dem Attentat mit!
1943 verließ sie mit ihren Kindern Berlin. Sie sollten weder durch Bombenangriffe noch durch die konspirative Tätigkeit ihres Mannes gefährdet werden. Als er verhaftet wurde, brach sie wieder nach Berlin auf, um dort nach Möglichkeiten für seine Rettung zu suchen und ihm nahe zu sein. Nach seinem Tode schlug sie sich im Juni 1945 mit dem Fahrrad nach Schleswig-Holstein durch, wo sie ihre Kinder in der weiteren Verwandtschaft zurückgelassen hatte.
Sie baute dort einen Hilfsring für Notleidende aus Ostdeutschland auf. In den sechziger Jahren betreute sie Zeugen im Auschwitz-Prozeß. Sie habe immer spontan gehandelt und »aufgehoben, was Gott mir vor die Tür gelegt hat«, war die einfache Erklärung für ihr Handeln.
Als ihre Tochter mit Ehemann und drei Söhnen nach Meerbusch zog, folgte sie ihr nach Düsseldorf. »Sie wollte in unserer Nähe sein«, sagt Cornelie Grossmann. Auch in Lörick blieb ihre Mutter aktiv: Sie arbeitete für amnesty international und sprach als Zeitzeugin in Schulen. Auf dem Friedhof in Meerbusch-Büderich fand sie ihre letzte Ruhestätte: »Das war ihr Wunsch. Sie wollte, daß wir immer ohne Umwege bei ihr vorbeikommen könnten
Aus ihren Aufzeichnungen geht hervor, daß sie ihren Mann oft gefragt hat: »Ist es nicht wichtiger, Dein Leben für deine Kinder zu erhalten Erst später hat sie es akzeptiert: »Er mußte aus innerer Notwendigkeit handeln Aber sie bekennt auch: »Es war ein Seiltanz zwischen Rettung des Vaterlandes und eigenem Tod und Vernichtung der Familie
Ursula Posny in der »Neuen Ruhr Zeitung« (NRZ) am 13. Juli 2004