C. Bergstedt, Th. Drachenberg, H.-D. Heimann (Hg.)
Bischofsresidenz Burg Ziesar
Das Haus – Das Denkmal – Das Museum

Struktur und Wesen einer Bischofsresidenz demonstrieren hier mit zahlreichen, zum Teil erstmals publizierten Zeichnungen, Plänen und Photographien Denkmalpfleger, Bauforscher, Historiker, Architekten und Museumsexperten am Beispiel der Burg Ziesar, die als mittelalterliche Residenz der mächtigen Brandenburger Bischöfe beeindruckende Einblicke in die Geschichte eines Baus, die Lebensgewohnheiten, Repräsentationsbedürfnisse und Wohnkultur seiner Nutzer, die Bild- und Formensprache des Mittelalters und in die frühe Geschichte des Christentums und der Besiedlung Brandenburgs bietet. Die Beiträge des Buchs machen den Weg, die Träger und die Arbeitsfelder der neuen Erschließung der Burg Ziesar bis zum Profil ihrer Einrichtung und des Ausstellungskonzepts nachvollziehbar unter den Aspekten »Haus«, »Denkmal« und »Museum«. Walter Bitzer, Detlef von Olk, Martina Voigt und Torsten Volkmann widmen sich unter dem Thema »Haus« der systematischen Untersuchung und Darstellung der Baugeschichte der Burg, der Erschließung der Inschriften, der rekonstruierenden Beschreibung historischer Gärten und Parks und der Bedeutung der Burg in der Kulturlandschaft.
Die Burg, die Bischofsresidenz und das Domänenamt haben Schichten auf dem »Denkmal« abgelagert und Raumstrukturen erzeugt und wieder verändert. Hier werden von Thomas Langer, Mario Müller, Thomas Drachenberg, Stefan Breitling, Stefanie Wagner und Wilfried Sitte Entdeckungen beschrieben, Interpretationen nachvollziehbar und Grundlegendes sichtbar gemacht. Auf die Denkmalpfleger und Restauratoren folgte der Architekt an der Schnittstelle zwischen alten und neuen Qualitäten und Nutzungen. In der letzten Rubrik »Das Museum«, die Gerald Kühn-von Kaehne, Clemens Bergstedt, Heinz-Dieter Heimann und Detlef Saalfeld bestreiten, dokumentiert sich im »Zwei-Wege-Modell« der Anspruch, dem Baudenkmal, der Authentizität der Bischofsresidenz und dem Thema der historischen Ausstellung zu genügen und zugleich das Denkmal und seine Geschichte herauszustellen.
Die hier aus verschiedenen Perspektiven erarbeitete Baumonographie hat mit der Erforschung der Bischofsresidenz Burg Ziesar ein Juwel der mittelalterlichen Kultur- und Kirchengeschichte zugänglich gemacht und demonstriert, dass die Burg als bischöfliche Residenz jahrhundertelang ein besonderes geistiges und herrschaftliches Zentrum im mittelalterlichen Brandenburg war. Auf diese Weise trägt die Geschichte der Burg Ziesar heute neue Fruchte als Haus, Denkmal und Museum.
Fritz Wagner in »Cistercienser Chronik«, 114. Jg. 2007, Heft 2

Das Buch vereint 11 Aufsätze, die nach den drei Begriffen des Untertitels gegliedert sind und u.a. durch Kurzdarstellungen der Sponsoren» ein Glossar und ein Quellen- und Literaturverzeichnis ergänzt werden Um den Umfang der Rezension in Grenzen zu halten und den Interessen unserer Vereinsmitglieder zu entsprechen, sollen im Folgenden vor allem – quasi »quer« zur Gliederung des Buches – Fragen der Baugeschichte und solche der musealen Darbietung bzw. der Restaurierung angesprochen werden, wobei ich auch auf der Kenntnis des Museums selbst und den Eindrücken anderer Fachleute aufbaue, mit denen ich dort war.
Ziesar ist ein Städtchen in Brandenburg, 30 Autobahnkilometer westlich von Berlin und Potsdam. Seine Burg, die seit dem mittleren 14. Jahrhundert ein Hauptaufenthaltsort der Bischöfe von Brandenburg war, gehört zu den besterhaltenen und bekanntesten der Mark, wozu weiterhin beiträgt, dass sie mit den nahen Anlagen von Eisenhardt in Belzig, Rabenstein und Wiesenburg eine auch touristisch attraktive Gruppe bildet. Von der früheren Wasserburg ist vor allem ein großer Teil der Kernburg erhalten, von der Vorburg nur ein Rundturm. Unter den mittelalterlichen Bauten sind zwei Bauteile wenig verändert und funktional eindeutig, nämlich der runde Bergfried aus dem 13. Jahrhundert, und die große, 1470 geweihte Burgkapelle, die zu den wichtigen spätgotischen Bauten der Mark gehört (D. v. Olk, Zur Baugeschichte …). Zwischen beiden Bauten als Endpunkten erstreckt sich ein polygonal gebrochener Nord- und Osttrakt, dessen zahllose Umbauten und heutige Museumsnutzung ihn ins Zentrum des Buches rücken.
Wer an mittelalterlichen Profanbauten Norddeutschlands Bauforschung betrieben hat, weiß, dass deren Substanz einerseits meist extrem durch spätere Umbauten verändert ist; andererseits lässt das Regelmaß der Backsteinverbände aber auch eine sehr genaue Erfassung dieser Veränderungen und damit oft auch überraschend umfangreiche Aussagen über zerstörte Zustände zu (S. Breitling/S. Wagner, Sanierungsvorbereitende bauhistorische Untersuchungen). Voraussetzung hierfür ist eine genaue zeichnerische Dokumentation – die im Prinzip überzeugende Bauphasenkartierung ist großenteils abgebildet – und eine detaillierte Zusammenfassung und Begründung der Erkenntnisse (der Aufsatz durch D. v. Olk bietet eine kurze Zusammenfassung, Rekonstruktionszeichnungen erfassen die Zustände ab 1650, wobei die erste praktisch den spätmittelalterlichen Zustand zeigt). Beides, Zeichnungen und Texte eines solchen Gutachtens, sind in der Regel nur für den Fachmann ein Genuss, während der Laie sehr schnell an den Rand seiner Möglichkeiten gerät und daher derartige Werke auch eher selten durcharbeitet. Andererseits bilden die einzelnen Baubefunde bei Denkmälern dieser Art meist den größten Teil dessen, was für den Betrachter überhaupt noch interessant sein kann, denn von vollständigen bzw. einheitlichen Gliederungssystemen der Fassaden oder funktional einheitlichen Raumgruppierungen kann nur noch selten die Rede sein, geschweige von originalen Ausstattungen.
Aus dieser durchaus typischen Zwangssituation hat man nun im Falle von Ziesar ein kühnes museales Konzept entwickelt, für das mir und vielen Kollegen kein Vergleichsfall bekannt ist. Die Räume des Museums sind nämlich nur sehr zurückhaltend mit Exponaten ausgestattet worden, oft findet man nur ein einziges in Raummitte, während die Wände völlig oder weitgehend frei gelassen sind. Denn diese Wände sind als Träger der zweiten und letztlich anspruchsvolleren Ebene musealer Vermittlung genutzt worden, indem sie den Bau selbst zum Sprechen bringen (»zwei Themenwege«, vgl. Aufsatz C. Bergstedt / R.-D. Heimann). Ein großer Teil der Befunde, die während der Bauuntersuchung freigelegt wurden, ist hier nämlich nicht nur sichtbar konserviert, sondern vor allem auch schriftlich erläutert worden! Anders ausgedrückt: Man hat quasi das Gutachten des Bauforschers an die Wand geschrieben – oder zumindest wichtige Teile davon –, es also aus seiner Verbannung in die Akten erlöst und jeweils am passenden Ort wiedergegeben – und so einen Bau geschaffen, der gewissermaßen über sich selbst »spricht«, insbesondere über die zahlreichen Brüche in seiner Entwicklung. Dem Bauforscher leuchtet dieses ungewöhnliche Verfahren unmittelbar ein, weil er weiß, dass derartige Bauten nur so überhaupt noch »sprechen« können – die Alternative, das Verdecken der Befunde durch Putz, reduziert das Bauwerk, ähnlich einem Neubau, zum anonymen Hintergrund frei wählbarer Aussagen. Unter solchen Aussagen können dann zwar auch solche über das Bauwerk sein, in Form von Zeichnungen, Kurztexten oder Fotos von den nun unsichtbaren Befunden – der unmittelbare Bezug zum Bau ist bei diesem üblicheren Verfahren aber verloren.
Die Erfahrung wird zeigen müssen, ob die hohe Komplexität, die sich aus dem Zeigen und detailreichen Erläutern zahlreicher Befunde nun einmal ergibt, auch beim nicht spezialisierten Betrachter »ankommt« – oder ob sie ihn nicht doch überfordert und damit eher den Wunsch nach der knappen, Einfachheit leider nur vortäuschenden Zusammenfassung fördert. Diese Befürchtung ist nach einem vollständigen Rundgang im Museum leider nicht ganz von der Hand zu weisen – umso mehr ist dem mutigen Versuch Erfolg zu wünschen. Sollte er beim Publikum ankommen, so könnte er nämlich wegweisend werden für eine direktere Vermittlung »Historischer Bauforschung« in der Öffentlichkeit, die allemal und seit langem Desiderat ist.
Th. Biller in »Forschungen zu Burgen und Schlössern 10«, 2007

 

Damit diese Besprechung noch in diesem »Jahrbuch …« erscheinen und so auch etwas Werbung für das Museum in Ziesar machen kann, ist sie unmittelbar nach Erscheinen des Buches – Ende März –, aber noch vor der Mitte Mai 2005 geplanten Museumseröffnung geschrieben worden. Der Rezensent hat sich mithin in gewisser Weise von dem Eifer der Herausgeber und dem [Selbstdarstellung nicht scheuenden] Engagement der Förderer und Sponsoren [Land Brandenburg, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Stiftung Preußisches Kulturerbe, Familienverband von Stechow, Lions-Club Potsdam-Sanssouci und Kulturland Brandenburg e.V.] anstecken lassen.
Wie der Untertitel ankündigt, kreisen die Beiträge um drei Schwerpunkte. Die Ausführungen zum »Denkmal« und zum »Museum« haben starken Werkstattcharakter. Sie informieren u. a. über ziesarbezogene Probleme der Denkmalpflege aus der Sicht der Bauhistoriker, Architekten, Restaurateure und der Verantwortlichen für das Ausstellungskonzept. Obwohl im ersten Teil, der dem »Haus« gewidmet ist, auch zur ›Fördermittelstruktur der Jahre 1995 bis 2005 Grafiken geboten werden, mag der nach der Bedeutung und wechselvollen Geschichte der bischöflichen Burg in Ziesar fragende Durchschnittsbesucher hier in den Abhandlungen von Detlev von Olk »zur Baugeschichte der Burg Ziesar«, Martina Voigt »Die Inschriften im Pfaffenkeller« und Torsten Volkmann »Burg und Landschaft« die ausführlichsten und durch Karten- sowie Bildmaterial vorzüglich begleiteten Antworten finden.
Zu den Verbesserungsvorschlägen für eine wohl zu erwartende zweite Auflage zählen die Anregungen, von der nicht näher behandelten Runenschrift eine Fotographie in den Text zu stellen und von der Inschrift auf dem »Votivstein« an der Ostwand der Kapelle nicht nur eine deutsche Übersetzung, sondern auch eine Transkription des lateinischen Textes zu bieten.
Auf der letzten Seite der Publikation kündigt der Verlag den zweiten Band der »Veröffentlichungen des Museums …« an. Er wird das »Begleitbuch zur Ausstellung« sein mit dem Titel »Wege in die Himmelsstadt«, Clemens Bergstedt und Heinz-Dieter Heimann dürften als Herausgeber auf kundige Beiträge hoffen lassen, und wenn die versprochenen »zahlreichen farbigen und Schwarzweißabbildungen« dieselbe Qualität wie die im vorliegenden Band haben, sollte Ziesar definitiv aus seinem kirchen- und kulturgeschichtlichen Dornröschenschlaf wachgeküßt sein.
Dietrich Kurze in: Jb. für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte, 65. Jg. 2005

 

Erwähnung in Magazin für Denkmalkultur in Deutschland »Monumente«, Heft 7/8 2005, S. 35

 

Es ist das Buch zur Burg. Zu einer Burg, die heute (fast) vergessen ist, weswegen das Buch mithelfen soll, sie wieder bekannter zu machen. Im Jahr 1500 hatte sie solche Printwerbung nicht nötig. Auf der damals populären Etzlaub-Deutschlandkarte war sie so selbstverständlich zu finden wie Potsdam fehlte, wo das Buch gestern vorgestellt wurde. Der simple Grund: Ziesar war Residenz der Brandenburger Bischöfe. Was der der Buchtitel bestätigt: »Bischofsresidenz Burg Ziesar«.
Den Kuttenträgern verdankt das mittelmärkische Kleinststädtchen an der A2, daß es mit Nordostdeutschlands komplettest erhaltener Bischofsburg renommieren kann. Freskendekorierte Kapelle, Bergfried, Gewölbesaal und Gefängniskeller harren ihrer Bewunderer. Denn Pfingsten wird dort, wo Brandenburgs Oberhirten seit 1214 Hof hielten das Museum für brandenburgische Kirchen- und Kulturgeschichte des Mittelalters aufmachen. »Wege in die Himmelsstadt« wird die Ausstellung überschrieben sein. Aber nicht nur die. Der Katalog ist identisch getitelt, und die Betreuung dieses Katalogs liegt in den bewährten Händen Frank Böttchers, der sich mit seinem in Berlin firmierenden Lukas Verlag in beifallswürdiger Weise um (nicht nur) regionales Kulturerbe kümmert. Als Band 2 der »Veröffentlichungen des Museums für brandenburgische Kirchen- und Kulturgeschichte des Mittelalters« wird er zur Eröffnung desselben vorliegen. Bis dahin kann in Ruhe Band 1 studiert werden.
Clemens Bergstedt, designierter »Burgherr« von Ziesar, trägt gemeinsam mit dem Potsdamer Mediävisten Heinz-Dieter Heimann die Herausgeberbürde beider Schriften. Für die jetzt erschienene Bau-Monographie haben sie noch Thomas Drachenberg vom Landesdenkmalamt fürs Editorische verpflichtet. Dem Architekturdenkmal werde »im Buch ein Denkmal« gesetzt, formuliert Bergstedt, und der gewählte Untertitel ist dafür Programm: »Das Haus – Das Denkmal – Das Museum«. Angefangen mit der (Bau-)Geschichte von Burg und Stadt über die kunsthistorischen »Alleinstellungsmerkmale« der Anlage, das Restaurierungsprogramm und dessen Finanzierung bis hin zum neuen Museumskonzept, ist erstmals alles Wissenswerte über Ziesar zusammengefaßt. »Grundlegend, aber nicht abschließend«, wie Bergstedt betont. Schließlich gebe es noch viel zu erforschen. In den Ostertagen darf Letzteres übrigens jeder tun und am besten mit dem Buch als Reise(ver)führer in die Himmelsstadt – das leere Haus wird voreröffnet.
Frank Kallensee in der »Märkischen Allgemeinen Zeitung« vom 24. März 2005