Matthias Donath

Bunker, Banken, Reichskanzlei

Architekturführer 1933 – 1945

 

 

Man kann Zweifel hegen, daß ein Führer durch die Baugeschichtslandschaft von Berlin einzelne Zeithorizonte herausgreifen darf, doch mag es ein jeweils spezielles Interesse geben. Mit dem Architekturführer zu Bauten zwischen 1933 und 1945 ist der Wanderer durch die Stadt gut versorgt, die Baudenkmale sind topographisch geordnet, die Erläuterungen klären auf, selbst wenn wie beim Reichssportfeld ein Lageplan dem städtebaulichen Verständnis und der Auffindbarkeit gedient hätte.
In: »Denkmalspiegel«, 1/2006

 

Steine schweigen. Architektur verrät darum nie die ganze – historische – Wahrheit. Noch weniger kann sie für die in ihr begangenen Verbrechen oder die mit ihr beabsichtigten Überwältigungen. Was also unterscheidet den Bombastneoklassizismus des 1922 vollendeten Lincoln-Memorials in Washington von den gewaltigen Pfeiler- und Fensterreihen des Reichsluftministeriums, das Ernst Sagebiel 1936 in Berlin errichtete? Sakrale Überhöhung verstört hier wie dort, ebenso könnte von Unterwerfung unter eine hierarchische Ordnung geredet werden, zumindest in ästhetischem Sinne. Läßt sich, muß demnach gefragt werden, das von 1933 bis 1945 in Berlin Gebaute mit Stilkategorien fassen? Matthias Donath sagt nein. Für ihn ist das Phänomen der nationalsozialistischen Architektur ein klarer Fall von Unklarheit.
Zunächst widerspricht er damit Adolf Hitler, der sie in der Tat als »Wort aus Stein« feiern zu müssen meinte. Zugleich bewegt sich der junge Kunsthistoriker auf der Höhe des aktuellen Forschungsstandes, für den das Erscheinungsbild der Bauten des Dritten Reichs ein disparates ist, changierend zwischen Albert Speers Staatsmonumentalismus, den Industriebau-Experimenten [eines Egon Eiermann!] und dem Heimatstil [von Hanns Dustmann & Co] und – das ist besonders wichtig – durchweg wurzelnd in Kaiserreich und Weimarer Republik. Ob Muschelkalkfassade, Turmkubus oder Ziegeldach, Donath entdeckt nahezu überall und zu Recht Tendenzen der Sachlichkeit, Prägungen durch die Moderne.
Insgesamt 86 Gebäude beziehungsweise Gebäudekomplexe hat er für seinen »Stadtführer« ausgewählt: angefangen mit Reichskanzlei, »Reichssportfeld« und Flughafen Tempelhof über Jürgen Bachmanns bauhäuslerisches Haus Friedrichstadt von 1935 und die Kaserne der SS-Leibstandarte in Lichterfelde bis hin zur Zehlendorfer Ernst-Moritz-Arndt-Kirche, die beweist, daß der Kirchenbau unter Hitler mitnichten unterdrückt war. Die Qualität der vorzüglich recherchierten, in der Beschreibung sauber analysierenden, erfrischend pathos- und ideologiefreien Texte korrespondiert mit jener der Illustrationen, welche die Fachfotografen vom herausgebenden Denkmalamt, Wolfgang Bittner und Wolfgang Reuss, und der Autor selbst beigesteuert haben. Der einzige Makel: Für einen Guide ist dieses Bild-Lese-Buch denn doch zu unhandlich.
Für Erkundigungen vor Ort taugt die sich im Wesentlichen auf die Hauptstadtmitte konzentrierende und für diesen Zweck auch adäquat abgespeckte Broschurvariante weitaus besser. Woraus folgt, daß wir den Besitz beider Bände empfehlen.

Frank Kallensee in: »Die Märkische Allgemeine«, 17./18. Dezember 2005

 

Der Bau- und Kunsthistoriker stellt in diesem Stadtführer 30 repräsentative Beispiele von Bauten der nationalsozialistischen Ära in Berlin vor. Mit Ausnahme der Reichskanzlei sind fast alle diese Bauten erhalten geblieben. Die dargestellte Architektur veranschaulicht die Vielfalt des Bauens jener Jahre: je nach Funktion teils monumental, teils geometrisch-funktionalistisch, teils traditionalistisch. Sehr gut herausgearbeitet wird die intendierte politische Botschaft und die propagandistische Absicht. Historische Fotos zeigen den ursprünglichen Zustand. Mit einer Stadtkarte. Die Einleitung beschreibt verständlich Ideologie und Intention der Nazi-Architekturplanungen. Aufschlußreiche Dokumentation mit vielen Abbildungen und sachkundigen Erläuterungen. Neben »Architektur in Berlin 1933-45« (ID 50/04) vom selben Autor zu empfehlen.
ekz-lnformationsdienst, ID 50/05