Melanie Ehler und Matthias Müller (Hg.)
Unter fürstlichem Regiment
Barth als Residenzstadt der pommerschen Herzöge

 

Die 750 Jahrfeier anlässlich der 1255 erfolgten Verleihung des lübischen Stadtrechts an die be­reits bestehende Siedlung wurde zum Anlass für die Sonderausstellung im Vineta-Museum in Barth, zu der vorliegendes Werk als Begleit­buch erschien. Nach den üblichen Vorworten der finanziell und politisch Verantwortlichen folgen die eigentlichen Beiträge des Bandes in sechs Abschnitten. Jeweils zu diesen Ab­schnitten sind Teile des Kataloges gestellt wor­den. Oliver Auge hat im ersten Abschnitt seinen Überblicksbeitrag »Die pommerschen Greifen als Fürsten von Rügen und Herzöge von Barth« verfasst. Er bietet in komprimierter Form ei­nen Überblick über das Wirken der Herzöge von Pommern im nördlichen Vorpommern.

Der zweite Abschnitt ist Barth als Residenz der pommerschen Herzöge gewidmet. Während Ralf-Gunnar Werlich Barth als Herrschafts­sitz untersucht, befasst sich Matthias Müller mit dem Residenzschloss Barth und seiner Re­konstruktion im Architektenmodell. Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit Hof und Kirche in Barth. Norbert Buske untersucht das Thema mit zwei Beiträgen, den ersten zur Geschich­te von Herzog Bogislaw XIII. und einem zwei­ten über die Signets der Barther Druckerei. Der vierte Abschnitt befasst sich mit der höfischen Repräsentation, die der Beitrag von Genowefa und Stanislaw Horoszko in den Schaumün­zen und Gnadenpfennigen der beiden letzten Generationen des Greifenhauses im Stettiner Muzeum Narodowe behandelt. Der Abschnitt »Familie und Dynastie« geht mit drei Beiträgen auf die Thematik ein: Ralf-Gunnar Werlich be­handelt Dynastie und Genealogie anhand der Stammbäume des Greifenhauses; Birgit Dahlenburg stellt Bogislaw XIII. und seine Familie in der Bildnismalerei vor und Matthias Mül­ler untersucht den Croy-Teppich als Sühnebild des pommerschen Herzogs Philipp I. Der letz­te Abschnitt ist der Erziehung der Prinzen ge­widmet. Konrad Vollmann geht dabei auf das Geburtshoroskop Bogislaws XIII. ein, wäh­rend Dirk Alvermann die Erziehung der pom­merschen Prinzen in der Zeit Bogislaws XIII. zum Erwerb der Bildung für einen Landesfürs­ten untersucht. Die Beiträge geben den derzei­tigen Forschungsstand der jeweiligen Themen wieder. Dabei wird die Zeit von Bogislaw XIII. überproportional in den Mittelpunkt gestellt. Die in den einzelnen Abschnitten zu den ein­zelnen Themen gesetzten Katalogteile nutzen diese jeweils als Einführung.

Die Katalogtexte und Abbildungen sind von sehr guter Qualität und vermitteln dem Leser umfassende Eindrücke. Zwar wäre eine etwas größere Vertiefung des Themas wünschenswert gewesen, aber der derzeitige Forschungsstand scheint nur das Gegebene zu ermöglichen.

Immo Eberl, Ellwangen/Tübingen in »Die alte Stadt. Zeitschrift für Stadtgeschichte, Stadtsoziologie, Denkmalpflege und Stadtentwicklung«, 34. Jg., Heft 4 (2007)

 

 

2005 feierten zwei pommersche Städte die 750. Wiederkehr des Rechtsaktes der Verleihung des lübischen Rechts, traditionell ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte einer deutschen Stadt. Neben der hinterpommerschen Hanse- und Salzstadt Kolberg war dies das vorpommersche Barth. Beide Städte wurden aus diesem Anlaß mit entsprechenden Publikationen bedacht. Im Falle von Barth waren es gleich zwei, einmal ein umfangreicher, als Festschrift deklarierter Sammelband, und zum anderen der hier zu besprechende Katalog zu einer wirklich sehenswerten Ausstellung im Barther Vineta-Museum.
Als Herausgeber. fungieren deshalb auch die Barther Museumsleiterin Melanie Ehler sowie der Greifswalder Kunsthistoriker Matthias Müller. Ehler hat in den vergangenen Jahren bereits mehrere solche Sonderausstellungen mit den dazu gehörenden Katalogen vorbereitet bzw. veröffentlicht und steht damit beispiellos in der vorpommerschen Museumslandschaft da. Nach den üblichen Geleitworten der Ortsoberen und der Geldgeber bzw. Schirmherren folgen die eigentlichen Beiträge, die in sechs Abschnitte gegliedert sind, und zwischen die Teile des Kataloges eingeschoben wurden. Der erste Abschnitt besteht nur aus dem Überblicksbeitrag Die pommerschen Greifen als Fürsten von Rügen und Herzöge von Barth aus der Feder von Oliver Auge vom Historischen Institut der Greifswalder Universität. Souverän die Literatur zum Thema beherrschend, bietet er eine Zusammenschau zum Wirken der Greifendynastie im nördlichen Vorpommern. Es folgt dann Ralf-Gunnar Werlich mit einem Beitrag zur Funktion von Barth als Herrschaftssitz, der aber eine nur leicht modifizierte Fassung eines Beitrags desselben Autors zum gleichen Thema in der Festschrift der Stadt Barth darstellt. Ähnliches gilt auch für Werlichs zweiten Beitrag zu den Stammbäumen der Greifen, der im Prinzip eine Zusammenschau mehrerer anderer Beiträge des Autors zu diesem Thema ist. Für die wissenschaftliche Rezeption ist solche Vorgehensweise sicher nicht immer die glücklichste Lösung, da man nun in fast identischen Texten nach möglichen Ergänzungen usw. suchen muß. Weitere Beitrage des Bandes befassen sich mit verschiedenen Aspekten der höfischen Kultur, vornehmlich im 16. und frühen 17. Jahrhundert, wie der Prinzenerziehung (Dirk Alvermann), den Schaumünzen und Gnadenpfennigen (Stanislaw Horoszko), dem Geburtshoroskop Bogislaws XIII. (Konrad Volkmann), sowie mit der Barther Druckerei und Bogislaw XIII. als Schirmherrn der pommerschen Kirche (beides Norbert Buske). Für eine Überraschung ist immer wieder Matthias Müller in seinen Beiträgen gut, so auch dieses Mal mit seiner Neuinterpretation des Croy-Teppichs. Mit der Charakterisierung als Sühnebild Herzog Philipps I. für unterlassene Hilfeleistung im Schmalkaldischen Krieg und damit einem Mitverschulden an der Niederlage und Absetzung seines Schwagers, Kurfürst Johann Friedrichs von Sachsen, fügt er den bisherigen Interpretationen einen wichtigen neuen Aspekt hinzu.
Insgesamt kann festgehalten werden, daß die Beiträge gut den derzeitigen Forschungsstand zum Thema widerspiegeln. Insbesondere gilt dies für die Zeit, in der Barth Zentrum der Apanage Herzog Bogislaws XIII. war. Fast scheint dieser Abschnitt etwas überbetont, denn auch im Spätmittelalter und nach Bogislaw diente Barth als Residenz u. a. kurzzeitig als Witwensitz für Agnes von Brandenburg, die Witwe von Herzog Philipp Julius. Aber es kennzeichnet eben den Forschungsstand. Neue Erkenntnisse insbesondere zum Barther Schloß könnten durch die Ausweitung weiterer archivischer Quellen gewonnen werden. So gibt es z.B. eine Akte im Bestand des Herzoglich Wolgaster Archivs, die ein Inventar des Amtes Barth von 1615 enthält, vermutlich auch mit einer Beschreibung des Schlosses, wie man sie von anderen Amtsinventaren des Jahres 1625 kennt. Die Akte liegt im Teilbestand im Staatsarchiv Stettin unter der inzwischen veralteten Signatur AKW, Tit. 77, Nr. 14. Des weiteren befindet sich im selben Bestand unter der Signatur AKW, Tit. 77, Nr. 67 eine Akte, die sich mit der Verwaltung des Amtes unter dem schwedischen General Lennart Torstenson in den Jahren 1640 bis 1643 befaßt. Auch hierin könnten sich Nachrichten über das Schloß befinden. Desgleichen wäre das Reichsarchiv Stockholm zu konsultieren, wo Rez. seinerzeit in Bezug auf die Baugeschichte des Loitzer Schlosses zwischen 1638 und 1654 umfangreiche Unterlagen ermitteln konnte. Dies sei nur als Tip für eventuelle weitere Forschungen gedacht.
Der Band ist, wie für einen Ausstellungskata­og üblich, mit zahlreichen Abb., davon vielen farbigen der Ausstellungsstücke versehen. Die Qualität ist im Großen und Ganzen gut, so daß man auch einen visuellen Eindruck von der Ausstellung und damit von der Kunst und Kultur am Hof der pommerschen Herzöge, vornehmlich im 16. und frühen 17. Jahrhundert, bekommt. Abschließend kann man dem Museum und seiner rührigen Leiterin nur wünschen, daß es auch künftig solche anspruchsvollen und sehenswerten Ausstellungen geben wird.

Dirk Schleinert in: »Baltische Studien», Neue Folge, Band 91, 2005