Hartmut Kühne, Dirk Schumann

Die Wallfahrtskirche St. Annen in Alt-Krüssow

 

 

Ungewöhnlich groß ist die Dorfkirche von Alt Krüssow in der Prignitz. Das hat seinen Grund, denn hier kamen im Mittelalter Pilger vorbei. Die Pilger wollten in der Regel zum sogenannten Wunderblut nach Wilsnack, einem bedeutenden Wallfahrtsort der Feudalzeit. Doch auch unterwegs gab es Reliquien zu schauen, in Alt Krüssow offenbar ein Rock der heiligen Anna. Das Kleidungsstück gelangte im 19. Jahrhundert nach Berlin ins Märkische Provinzial-Museum und ist inzwischen verschollen. Nachzulesen ist das alles in einer Broschüre über die Wallfahrtskirche St. Annen in Alt Krüssow. Die heilige Anna soll die Großmutter von Jesus und mehreren Aposteln gewesen sein. In den Evangelien taucht ihr Name allerdings nicht auf. Erst am Ende des Mittelalters nahm die Annen-Verehrung in deutschen Landen enorm zu.
Wallfahrten stellten im Mittelalter ein einträgliches Geschäft dar. Doch in Alt Krüssow ließ die Reformation den Pilgerstrom schon bald versiegen. In der erst 1520 fertig gebauten Dorfkirche befand sich schon 1543 von den einst dort geopferten Gegenständen nur noch ein Kelch, den Johann von Schlabrendorf gestiftet hatte. Heute leben in Alt Krüssow weniger als 100 Menschen. Für die kleine Gemeinde ist das Gotteshaus viel zu groß. Ein 2003 gegründeter Förderverein hat sich die Rettung des verfallsbedrohten Gebäudes auf die Fahnen geschrieben.

Andreas Fritsche im »Neuen Deutschland« am 2. April 2007