Frank Göse
Der erste brandenburg-preußische Generalfeldmarschall
Otto Christoph Freiherr von Sparr
1605 – 1668

»Die Geschichte vom alten Sparr hatte, seit meinen Kindertagen, immer den Zauber jener unbestimmten Linien für mich gehabt, die mehr ahnen lassen als geben […].« So steht es bei Theodor Fontane im Oderland-Kapitel »Vom Sparrenland und Sparren-Glocken«, und mit dem »alten Sparr« ist Otto Christoph von Sparr gemeint, von dem in den meisten Nachschlagewerken nur hervorgehoben wird, dass er der erste brandenburg-preußische Generalfeldmarschall gewesen sei.
Mit dem hier anzuzeigenden Buch von Frank Göse liegt nun die erste neuere Biographie vor, die sich, wie es im Vorwort heißt, nicht in erster Linie an Fachwissenschaftler richtet, sondern einen breiteren Leserkreis ansprechen möchte. Erstmals konnten auch Quellen einbezogen werden, die im Wiener Kriegsarchiv lagern. Gleichwohl und trotz umfangreicher Recherchen bleiben hier und dort, wie der Autor selbst feststellen muss, noch genügend »unbestimmte Linien«, wie Fontane es genannt hatte, übrig.
So fehlen vor allem Nachrichten über die ersten dreißig Lebensjahre des 1605 in Lichterfelde (zwischen Eberswalde und dem Werbellinsee gelegen) geborenen, einer alteingesessenen brandenburgischen Adelsfamilie entstammenden Otto Christoph Freiherr von Sparr. Es sei, so Göse mit Recht, nicht anzunehmen, dass er eine auf ein bestimmtes Karriereziel hin ausgerichtete Ausbildung erhielt – dies hätte den Gepflogenheiten jener Zeit nicht entsprochen. Von der Mitte der 1630er Jahre ab war dann ein Vierteljahrhundert lang das kaiserliche Heer seine »Heimat«. Man findet ihn in der Neumark, dort auch als Kommandant von Landsberg (Warthe), in Pommern und schließlich für längere Zeit in den Kriegsgebieten im niederrheinisch-westfälischen Raum. Bei der strategisch wichtigen Eroberung der kleinen Stadt Dorsten an der Lippe bewährte sich eine Fähigkeit Sparrs, die bei einem adligen Offizier seinerzeit eher selten anzutreffen war: Er hatte bereits frühzeitig ein großes Interesse an der Artillerie und am Fortifikationswesen bekundet. So traf man ihn häufig an der Spitze eines Artillerietrosses oder bei der Beaufsichtigung von Befestigungsarbeiten. Er war auch als Gutachter für die Anlage von Magazinen und Festungen tätig.
Diese besonderen Fähigkeiten Sparrs mögen auch der Grund gewesen sein für ein im Jahre 1638 an ihn ergangenes Angebot, die Charge als Direktor der brandenburgischen Artillerie zu übernehmen. Er schlug dieses Angebot jedoch aus, wofür, so Göse, die Unwägbarkeiten, sich in den Dienst eines Fürsten zu begeben, der in der davorliegenden Zeit nicht gerade durch militärische Erfolge geglänzt hatte, ausschlaggebend gewesen sein dürften. Ein gutes Jahrzehnt später, nach Stationen in Bonn, am Niederrhein und in Ostfriesland, und, nachdem er als »der römisch-kaiserlichen Majestät des westphälischen Kreises bestellter General-Wachtmeister« gleichsam Statthalterfunktion des Reichsoberhauptes ausgeübt hatte, näherte er sich den brandenburgischen Diensten. Das Jahr 1653 sah ihn als Gouverneur von Kolberg, und zwei Jahre später wurde ihm, der mit der Eroberung Lüttichs ein weiteres Ruhmesblatt vorzuweisen hatte, das Generalkommando über die Armee übertragen.
Die höchste Ehrung sollte ihm schließlich sein Einsatz während des im vorliegenden Werk ausführlich dargestellten schwedisch-polnischen Krieges (1655-1660) einbringen, dessen nicht ganz einfachen Hintergrund der Autor gut nachvollziehbar schildert, wobei er auch erwähnt, dass für eine persönliche Haltung Sparrs zu diesen politischen Fragen die Quellen kaum etwas hergeben. 1657 (oder 1658 – der genaue Zeitpunkt ist strittig) erfolgte die Beförderung Sparrs zum Generalfeldmarschall. Die dem Frieden zu Oliva folgenden Jahre sind für Sparr mit organisatorischen Aufgaben ausgefüllt, für die er offenbar auch, wie Göse wiederholt anmerkt, ein gewisses Talent besaß. Mit Wirkung vom 10. Januar 1664 wurde Sparr schließlich für seine Verdienste im »Türkenkrieg« die Charge eines kaiserlichen Feldmarschalls verliehen.
Die letzten Jahre seines Lebens sah man ihn, der unverheiratet und kinderlos geblieben war, aus einer tiefen religiösen Grundhaltung heraus ein wohltätiges Leben führen. Er »stellte sein Herz«, um noch einmal Fontane zu zitieren, »auf die Tröstungen der Kirche und zeigte sich beflissen, ihre Gnaden durch Demut und Wohlsinn und frommen Wandel zu verdienen.« So stiftete er Kirchenglocken in seiner brandenburgischen Heimat. In St. Marien in Berlin, deren Gruft er zu seiner letzten Ruhestätte erkoren hatte, ließ er die Fenster erneuern. Dort ist heute noch der Epitaph Sparrs zu sehen, der am 9. Mai 1668 die Augen für immer schloss.
Söldnertum, Kriegsgeschehen, Heeresverwaltung im 17. Jahrhundert-Bereiche, die dem größten Teil einer interessierten Leserschaft ferner liegen dürften - werden hier in einer Weise nachgezeichnet, die ein lebendiges Bild von der Welt entstehen lassen, in der Otto Christoph von Sparr gelebt hat. Den Recherchen des Autors ist es auch zu verdanken, dass ein Stück von der inneren Haltung dieses Mannes, seiner besonderen Interessen, seines Kritikbewusstseins und seines gelegentlichen Widerstandes erkennbar werden. Ein Anhang mit Quellen- und Literaturverzeichnis runden dieses überaus gelungene Buch ab.
Gerhard Sprenger in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte, Bd. 59, 2008.

 

 

Bis auf einen unvollständigen Lebenslauf in Th. von Moerners »Märkische[n] Kriegsobristen« (Berlin 1861) widmete die traditionelle brandenburgisch-preußische Militärgeschichtsschreibung dem ersten Generalfeldmarschall nur kurze Beiträge in Nachschlagewerken, obwohl er aus einem angesehenen Adelsgeschlecht des Barnim stammte. Schon damit läßt sich eine Biographie, wie sie hier anzuzeigen ist, plausibel begründen. Daß er damit nicht im Hauptfahrwasser neuerer, als Teilbereich histori-scher Kulturwissenschaft verstandener militärhistorischer Forschung schwimmt, ist dem Verfasser sehr wohl klar; er kennt diese Richtung und sucht sein Vorhaben in sie einzuordnen mit der Frage nach der Rolle seines Helden im Wandel vom Söldnerwesen zum Stehenden Heer, vom Offizier als selbstherrlichem Kriegsunternehmer zum hierarchisch eingebundenen Staatsfunktionär. Unten mehr dazu.
Hauptproblem der Arbeit ist die Materialgrundlage. Soweit auf Sparr bezogene Quellen nicht schon im 18. Jahrhundert verlorengingen, fielen sie großenteils der Zerstörung des Preußischen Heeresarchivs im Zweiten Weltkrieg zum Opfer. Ein Familienarchiv oder einen Nachlaß gibt es nicht, und die benutzten Aktenstücke des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz muß man, soweit erkennbar, zum Teil als Zufallsfunde bezeichnen; günstiger sieht es mit den wenigen Schriftstücken aus dem Österreichischen Staatsarchiv/Kriegsarchiv Wien aus. Daß Göse mit der Begründung, »einen breiteren Leserkreis ansprechen« zu wollen, auf einen detaillierten Fußnotenapparat verzichtet, erschwert ein Urteil zu seiner Grundlage; der Autor spricht auch diese seine Probleme einleitend nicht so deutlich an, wie es wünschenswert wäre. Erkennbar wird, daß er eine Reihe meist älterer lokal- und regionalgeschichtlicher Arbeiten mit Nutzen verwandte.
Die so entstandene Darstellung liest sich weithin wie ein Abriß der Geschichte zunächst des Dreißigjährigen Krieges in Westfalen und am Niederrhein seit Mitte der 1630er Jahre, dann Kurbrandenburgs bis 1668, verzahnt mit mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen, den Anteil Sparrs an den Begebenheiten zunächst im kaiserlichen und kurkölnischen Dienst, dann unter Kurfürst Friedrich Wilhelm zu bestimmen. Erkennbar wird immerhin die zeittypische Breite und Vielfalt der Aufgaben, deren Schwerpunkt in Artillerie und Befestigungswesen lag, die aber auch Operationsführung vor allem in der Schlacht von Warschau (1656) sowie immer wieder organisatorische und finanzielle Probleme des Unterhalts der Truppen bis hin zu Verhandlungen mit den Ständen umfaßte.
Weniger interessiert scheint Göse an Sparrs Stellung im inneren Gefüge von Hofgesellschaft und Staatsapparat. Die eher beiläufige Behandlung der Erhebung seines Helden zum Reichsgrafen (1664) zeigt dies ebenso wie der Verzicht auf die Erörterung des Themas, welche Stellung der Lutheraner Sparr in einer von Reformierten dominierten Führungsschicht hatte. Details zur eingangs aufgeworfenen Frage nach Sparrs Rolle im Strukturwandel des Militärs seiner Zeit schließlich sucht man vergebens. Das hat sicher seinen Grund in der Ungunst der Überlieferung – ohne daß Göse dies ausspräche. Innerhalb dieser Grenzen kann die Darstellung als verläßlich gelten.
Bilanz: Der Autor hat sich redlich bemüht, aus seinem Thema das Beste zu machen, stieß dabei aber fortwährend an die Grenzen einer ungünstigen Überlieferungslage. Ungewollt vermittelt uns sein Werk die Erkenntnis, daß – bei aller Bedeutung erkenntnistheoretischer und methodischer Fragen – die Möglichkeit begründeter historischer Aussagen mit der Zugänglichkeit von Quellen steht und fällt.

Bonn, Ernst Opgenoorth in »Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte«, 17. Band 2007, Heft 2

 

Otto Christoph von Sparr war einer jener märkischen Kriegsobristen, die während des Dreißigjährigen Krieges ihre Karriere forcierten und nach Beendigung des Krieges dem militärischen Beruf nicht den Rücken kehrten. Er erhielt im Mai 1637, damals ein Mann von Anfang dreißig, die Bestallung zum kaiserlichen Obristen, kämpfte unter Hatzfeld und Melander, wechselte schließlich nach dem Krieg vom kaiserlichen in den brandenburgischen Dienst und beteiligte sich maßgeblich am Aufbau der brandenburgisch-preußischen Streitmacht unter dem Großen Kurfürsten. Dann stieg er zum Kommandeur der kurfürstlichen Truppen auf und wurde der erste Generalfeldmarschall der brandenburgisch-preußischen Armee. Doch trotz dieser nicht alltäglichen Karriere kommt Frank Göse schon im ersten Satz seines Vorwortes nicht an der Tatsache vorbei, daß das Objekt seiner Untersuchung eine eher unbekannte Persönlichkeit der altpreußischen Geschichte geblieben ist, und Göse widersteht der Versuchung, diesem ersten brandenburgisch-preußischen Generalfeldmarschall nachträglich eine größere Bedeutung beizumessen, als ihm zukommt. So scheint der Reiz der hier vorliegenden Untersuchung vor allem darin zu liegen, und das macht der Autor in seiner Einleitung deutlich, Sparrs »Karriere gewissermaßen als Modellfall eines Offiziers der Übergangszeit vom Söldnerheer zum miles perpetuus« zu betrachten.
Für dieses Vorhaben ist die Person Sparr auf dem ersten Blick gut gewählt, denn anders als die präsentere Gestalt unserer Geschichtskultur aus jener Zeit, Georg Freiherr von Derfflinger, war Sparr kein Aufsteiger aus nichtadligen Verhältnissen, sondern gehörte wie das Gros des Offizierskorps dem niederen Adel an. Gleichzeitig kann Göse für seine Arbeit auf die alte, aber gut recherchierte und quellenkritisch erarbeitete (allerdings nicht die späteren Jahre Sparrs erfassende) Doppelbiographie Theodor von Mörners über die Vettern Otto Christoph und Ernst Georg von Sparr zurückgreifen. Dieses Werk ergänzt er durch bisher noch nicht ausgewertete Quellen aus dem Wiener Kriegsarchiv. Zudem unterzieht Göse die von Mörner benutzten und noch heute zugänglichen Akten des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz Berlin unter einer veränderten Fragestellung einer erneuten Durchsicht, und er profitiert von den vielbändigen Editionen zur Regierungszeit des Großen Kurfürsten, die zu großen Teilen erst nach dem Tod Mörners entstanden und somit von diesem noch nicht benutzt wurden. Insgesamt kann Göse also auf einen breiten Materialfundus zurückgreifen, dessen Stärken und Schwächen ihm als ausgewiesenen Spezialisten dieses Zeitalters vertraut sind.
Auf dem zweiten Blick verflüchtigt sich jedoch teilweise dieses positive Bild. Die Jugend Sparrs liegt vollständig im Dunkeln. Der spätere Generalfeldmarschall tritt erst mit der Ausstellung seines Obristenpatents am 8. Mai 1637 aus dieser Dunkelheit hervor, um natürlich immer wieder im Schatten spärlicher Überlieferungen an Kontur zu verlieren. Zwar taucht der Name Sparr häufig in den Quellen auf, inwieweit hierbei jedoch Otto Christoph und nicht sein Vetter Ernst Georg gemeint ist, kann in der Regel nicht zuverlässig eruiert werden. So bleibt vor allem Sparrs Bildungsweg für den heutigen Betrachter im Verborgenen. Sein karriereförderndes und für seine Herkunft außergewöhnliches Interesse für die Fortifikation und das Artilleriewesen kann zwar benannt, aber dessen Grundlage nicht ermittelt werden. Daß Sparr keine höhere Bildung genossen hat, vermutet Göse durch das Fehlen seines Namens in den Matrikeln der vom märkischen Adel häufig frequentierten Universitäten und aufgrund von Informationen über sein späteres Leben. So muß die erste Lebenshälfte Sparrs weitestgehend ausgeblendet bleiben. Die Karriere des märkischen Obristen eignet sich dadurch aber m. E. nur noch phasenweise als »Modellfall« einer Karriere »der Übergangszeit vom Söldnerheer zum miles perpe-tuus«".
Göse entscheidet sich für einen chronologischen Zugriff auf sein Thema. Diese Vorgehensweise hat sich bei biographischen Arbeiten bewährt und der Leser fährt auch hier mit dieser Tradition nicht schlecht. Entsprechend der oben skizzierten Probleme heißt das Eingangskapitel: »Herkunft und Familientradition« und bietet nichts über Sparrs Werdegang und wenige, aber dafür gesicherte Fakten über Sparrs Herkunft. Da auch für den weiteren Lebensweg Sparrs Dokumente fehlen, die die Gedankenwelt des Soldaten offenlegen könnten, sind die folgenden Kapitel vor allem der Ereignisgeschichte gewidmet, in der Sparr agiert, aber als Person schwer greifbar bleibt. Natürlich macht Göse die charakterlichen Stärken und Schwächen seines Protagonisten sichtbar, soweit sie aus den Quellen ersichtlich sind, doch es sind wenige Attribute, die der Leser Sparr am Ende zuordnen kann.
Der wesentliche Teil der Darstellung ist somit also vor allem eine gut geschriebene Ereignisgeschichte, deren roter Faden der Karriereweg Otto Christoph von Sparrs ist. Anhand neuer Quellen kann Göse wichtige, bisher unbekannte Stationen Sparrs aufzeichnen und dessen Aufstieg zum »Capo der Armee« nachvollziehbar machen. Ausführlich wird z.B. das Wirken der brandenburgischen Streitmacht im schwedisch-polnischen Krieg und Sparrs Anteil daran in den Blick genommen. Sparrs Beförderung zum Feldmarschall interpretiert Göse nicht zuletzt als Versuch des Großen Kurfürsten, seinen General »auf Augenhöhe« mit den kaiserlichen Feldmarschall Montecuccoli zu stellen. Die Jahre nach der Schlacht von Warschau widmete Sparr vorrangig militärischen Verwaltungsaufgaben, nahm anschließend am Türkenkrieg teil und setzte am Ende seiner militärischen Wirkungszeit die brandenburgische Anwartschaft auf Magdeburg durch, natürlich mit der nötigen Militärmacht. Nur wenig später starb er in jener Region, die er wohl als junger Mann auf der Suche nach Solddienst verlassen hatte.
Und bei der Darstellung der zahlreichen Ereignisse, in der Sparr aus der zweiten Reihe heraus immer mehr zu einer gestaltenden Persönlichkeit der Geschichte wird, zeigen sich die großen Stärken des Autors. Sich stets eng an die Fakten haltend, gelingt es ihm nicht nur, den Aufstieg eines märkischen Kriegsobristen zum Kommandeur einer in der Entstehung befindlichen Streitmacht aufzuzeigen, sondern dessen Wirken in die politische und gesellschaftliche Situation der Zeit einzubetten. Hier profitiert der Leser von dem umfangreichen Expertenwissen Göses, der mit leichter Hand durch komplexe Gegebenheiten führt. Vielleicht wird sich der Laie, und es wird ausdrücklich darauf verwiesen, daß dieses Buch vor allem auch für den Laien geschrieben ist, an manchen Stellen ausführlichere Bemerkungen zur Praxis der Regiments- und Kriegsführung wünschen, manche Hintergrundinformation nicht problemlos einordnen können, doch das mindert keinesfalls die Qualität der Arbeit.
Wenn sich dieses Buch auch nicht in erster Linie an die Fachwissenschaft richtet, so ist es doch ein für die Fachwissenschaft attraktives Buch: hervorragend recherchiert, faktenreich und ausgewogen in der Interpretation. Die Darstellung bietet keine Charakterstudie des ersten brandenburgischen Generalfeldmarschalls, zeigt aber (zumindest in weiten Teilen) dessen Karriereweg während und nach dem Dreißigjährigen Krieg und vermittelt zugleich ein facettenreiches Bild vom Aufbau der brandenburgischen Streitmacht und deren Funktionieren unter dem Großen Kurfürsten.
Am Ende des Buches weiß der Leser viel über den militärischen Alltag eines hohen Offiziers im 17. Jahrhundert, und spätestens am Ende des Buches war das Interesse des Rezensenten geweckt, mehr zu wissen über weitere »Märkische Kriegs-Obersten des siebenzehnten Jahrhunderts«. Doch angesichts der Quellenarmut im Einzelfall ist eine Kollektivbiographie vielleicht die überzeugendste Untersuchungsmethode, um dieses große Thema anzugehen. Frank Göse hat hierfür das Fundament erweitert und hoffentlich Lust bekommen, solch eine Arbeit in Angriff zu nehmen. Daß er dafür prädestiniert ist, hat er nicht nur mit diesem nun vorliegenden Werk bewiesen.

Potsdam. Matthias Hoffeins in »Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands«, Zeitschritf für vergleichende und preußische Landesgeschichte, Band 53 (2007)

 

Unter den höchsten Militärs, die ihren Beitrag zum Aufstieg des brandenburg-preußischen Staates leisteten, wurde Otto Christoph von Sparr in der Historiografie relativ wenig Aufmerksamkeit zuteil – und dies, obwohl er (so der Verfasser) ein »Militär der ersten Stunde« und erster Träger des Marschallstabes war. Diesem Defizit mit einer »biographischen Skizze« abzuhelfen, ist Absicht des Verfassers. Die Beschränkung auf einen »kursorischen Gang« durch das Leben Sparrs ist wohl angebracht, denn die einschlägigen Akten zur brandenburgischen Militärgeschichte sind am Ende des Zweiten Weltkriegs dem Feuer zum Opfer gefallen. Doch die älteren Quelleneditionen und die Forschungen Th. von Mörners bieten jenes Maß an Material, das einen Versuch wie den vorliegenden rechtfertigt. Lücken konnte der Verfasser mittels erstmaliger
Erschließung von Akten aus Wiener Archiven schließen. Sie erhellen vor allem jene Zeit, in der Sparr in kaiserlichen und kurkölnischen Diensten stand (1637-49).
Jugend, Erziehung und militärischer Karrierestart des in Barnim geborenen Adelssprosses liegen mangels Quellen bis 1637 im Dunkeln. Danach folgt seine Laufbahn der Spur vieler seiner Standesgenossen im »Großen Krieg«. Mit 32 Jahren zum Obristen bestallt, findet er sich mit seinem Regiment auf verschiedenen Schauplätzen und vielfach »im Windschatten« des Kriegsgeschehens – im »Hessenkrieg« an der Elbe und am Niederrhein. Frank Göse rekonstruiert nicht nur die Züge des bis zum kaiserlichen Generalwachtmeister im Westfälischen Kreis aufgestiegenen Sparr, sondern er zeichnet ihn auch als Typus voller Skrupellosigkeit und Härte. In Jülich-Berg reagierten die Bauern im August 1649 darauf mit dem Aufstand.
Eine Stärke der Biografie liegt darin, dass das Wirken Sparrs in die allgemeine politisch-gesellschaftliche Situation eingebettet ist und die Verhältnisse in den Streitkräften detailliert geschildert werden. Nähere Angaben zur Praxis der Regimentsführung kommen allerdings zu kurz. Die Charakterisierung Sparrs als eine Art moderner Kriegsmann mit spezifischen Kenntnissen des Artillerie- und Festungswesens hingegen überzeugt. Im Besitze reichlicher Erfahrungen und Bewährungen, auch in der Diplomatie, konnte er die Reduktionen nach Ende des Krieges überstehen, wurde vom Kurfürsten von Brandenburg übernommen und zum Kriegsrat, Gouverneur von Kolberg und Chef über die meisten Festungen berufen. Damit war er an führender Stelle in den (wie der Verfasser wiederholt betont) oft konflikt- und mühevoll voranschreitenden Prozess des Heeresaufbaus einbezogen. Göse hebt, klarer als andere Autoren, dabei die Bedeutung des Kommissariatswesens als »Scharnier« im Zuge der Formierung der Streitkräfte hervor.
Diese junge Streitmacht hatte im schwedisch-polnischen Krieg, dessen Verlauf der Verfasser ausführlich nachzeichnet, ihre erste große Bewährung zu bestehen. Sparr agierte sowohl im Schlachtgeschehen (Warschau 1658) als auch in den Verhandlungen mit den Vertretern Polens, Dänemarks und des Kaisers (nicht »Österreichs«, wie fälschlich zu lesen ist). Im Zuge des Krieges bewährte sich Sparr wiederum in den Bereichen Organisation und Logistik – will meinen, dass er kein Meisterstratege und »Schlachtenlenker« und auch kein Theoretiker wie der kaiserliche Feldmarschall Montecuccoli war. Offenbar erwiesen sich aber die spezifischen Talente Sparrs für den Kurfürsten von solchem Wert, dass er ihn ebenfalls zum Feldmarschall erhob, auch um ihn, wie Göse meint, »auf Augenhöhe« mit Montecuccoli zu bringen.
Die Mitwirkung Sparrs und der brandenburgischen Kontingente am Krieg gegen die Türken und an der Schlacht bei St. Gotthard Ende Juli 1664 behandelt der Verfasser mit der nötigen Zurückhaltung angesichts der vielfältigen Probleme beim Einsatz der alliierten Streitmacht. Demgegenüber erscheinen die Zähmung des militanten Münsteraner Bischofs Christoph Bernhard von Galen mittels militärischer Drohgebärde und die politische Einverleibung Magdeburgs im Jahr 1666 als ganz und gar gelungenes Werk, an dem Sparr ein gewichtiger Anteil zugemessen wird.
Am Ende des Buches charakterisiert der Verfasser Sparr als frommen Mann, der für Kirchen in seinem Güter- und Patronatsbereich und in Berlin Glocken und Ausstattungen stiftete. Als Mann von »tiefer Religiosität« (Göse) ließ sich der in Militär und Krieg wohlhabend und berühmt gewordene Sparr selbst auf einem Epitaph am Erbbegräbnis in der Berliner Marienkirche abbilden - eines der wenigen Erinnerungsstücke an einen fast vergessenen Geburtshelfer des weitgehend militärisch begründeten brandenburgisch-preußischen Staates.
Zum Quellen- und Literaturverzeichnis sei angemerkt, dass geradezu unerlässliche »klassische« Werke zur Geschichte und Gesellschaft Kurbrandenburgs fehlen – so etwa die von Peter Baumgart, Fritz Härtung, Carl Hinrichs, Walther Hubatsch und Otto Meinardus. Deren kritische Verarbeitung kommt aber jeder Arbeit über den erstaunlichen Aufstieg dieses Staatswesens zustatten.

Herbert Langer in »Zeitschrift für Geschichtswissenschaft« 4/2007

 

Nach Theodor Fontane ist die Bedeutung des ersten brandenburg-preußischen Generalfeldmarschalls Otto Christoph Freiherr von Sparr nicht leicht zu überschätzen. Fontane hat dazu auf die Verdienste Sparrs als Mitorganisator einer brandenburgischen Armee und bei dem Sieg der Schweden und Brandenburger über Polen und Tartaren in der dreitägigen Schlacht von Warschau (1656) hingewiesen. Dennoch dürfte Sparr heutzutage nur noch Wenigen bekannt sein. Dem hilft nun Frank Göse, ausgewiesener Kenner brandenburg-preußischer Geschichte der Frühen Neuzeit, mit einer kürzlich erschienenen Biographie über Sparr ab.
Göse konnte bei seiner Arbeit auf einen Beitrag von Theodor von Mörners zu Sparr aus dem Jahre 1861 zurückgreifen, der aber nicht mehr die wichtige Lebensphase Sparrs ab 1654 umfaßt. Göses Verdienst ist es, die Lücke geschlossen, die Angaben von Mörners überprüft, die in der Forschung zur brandenburg-preußischen Geschichte seit von Mörner erzielten Erkenntnisse verwertet und zusätzlich im Wiener Kriegsarchiv vorhandene Unterlagen berücksichtigt zu haben. Göse macht deutlich, welche Befähigung Sparr hatte und welche Verhältnisse und Entwicklungen in Brandenburg-Preußen, in Teilen des Alten Reiches und in Teilen Europas für die militärische Karriere Sparrs von Bedeutung waren. Seine Biographie zeigt Sparr als Offizier in einer Zeit, in der sich der Wandel vom Söldnerheer zum Stehenden Heer abzuzeichnen begann.
Anhand Göses Arbeit kann zum Lebenslauf Sparrs kurz Folgendes festgehalten werden: Sparr wurde 1605 in Lichterfelde in der brandenburgischen Teillandschaft des Barnim geboren. 1637 zum Obrist der Kaiserlichen Armee bestellt, war Sparr in der Endphase des Dreißigjährigen Krieges auf dem niederrheinisch-westfälischen Kriegsschauplatz mitzunehmend steigenden Entscheidungsbefugnissen eingesetzt. 1649 übernahm Kurfürst Friedrich Wilhelm (der Große Kurfürst) Sparr in brandenburgische Dienste, betraute ihn 1655 mit dem Generalkommando über die Armee und ernannte ihn 1658 zum Generalfeldmarschall. Sparrs militärische Begabung lagen bei der Artillerie und dem Festungswesen sowie in der Militärorganisation. Ferner besaß er Verhandlungsgeschick. Höhepunkte der militärischen Laufbahn Sparrs waren seine Teilnahme an und Bewährung in den Schlachten von Warschau und St. Gotthard an der Raab (1664). Am Feldzug gegen die Türken 1664 in Ungarn nahm Sparr im Rahmen der Kaiserlichen Armee unter dem Oberbefehl des Grafen Montecuccoli mit der Charge eines kaiserlichen Feldmarschalls teil. Religiosität und kirchliche Wohltätigkeit prägten besonders die letzten Lebensjahre des unverheiratet gebliebenen Sparrs. Das Epitaph für Sparr in der Marienkirche zu Berlin ist noch heute eindrucksvolles Zeugnis.
Da man einen Hinweis zur Vita des Verfassers vermißt, sei darauf hingewiesen, daß er an der Universität Potsdam lehrt und im letzten Jahr von ihm ein größeres Werk (Habilitationsschrift) mit dem Titel: Rittergut – Garnison – Residenz – Studien zur Sozialstruktur und politischen Wirksamkeit des brandenburgischen Adels 1648–1763 erschienen ist.
Die gehaltvolle und gut verständlich geschriebene Biographie will den an der Geschichte Brandenburg-Preußens oder des Militärs im 17. Jahrhundert interessierten Leser ansprechen. Sie kann dem diesbezüglich Interessierten uneingeschränkt empfohlen werden.

Dieter Radtke in: »Zeitschrift für Heereskunde«, Juli/September 2006

 

Unübersehbar hängt in der Berliner Marienkirche ein prächtiger Epitaph an der Nordseite des Chores. Es zeigt einen frommen Beter vor einem Altar, auf dem Kruzifix und Totengebein liegen. Zu Füßen des demütig knienden Mannes liegt ein Hund als Sinnbild der Treue. Nur schwer läßt sich dieses Abbild tiefster Frömmigkeit mit der Profession des Mannes zusammendenken, der es für sein eigenes Erbbegräbnis 1660 in Auftrag gab: der erste Generalfeldmarschall Brandenburg-Preußens, Otto Christoph Freiherr von Sparr. Krieg und Kriegsgewinn galt von frühester Jugend an das Leben dieses märkischen Landadeligen. Nur selten konnte er sich auf den Schlössern in Trampe und in Prenden ausruhen, die er sich von dem im Dienste verschiedener Kriegsherren erworbenen Sold hatte bauen lassen. Für Frau und Kind war nie Platz auf den Schauplätzen des Dreißigjährigen Krieges und der darauf folgenden militärischen Auseinandersetzungen um Land und Ruhm von Brandenburg-Preußen.
Sparr starb einsam in Prenden. 63 Jahre alt Und arm dazu, wie Theodor Fontane in seinen »Wanderungen« notierte. Bei seiner Reise ins »Sparrenland« auf dem Barnim ließ der Schriftsteller sich erzählen, daß der einstige Herr, ausgestattet mit Fausts Mantel, zu mitternächtlicher Stunde über die Kirchtürme hinfahren soll: »Da hörten sie von Türkenzügen, vom Niederschießen des Marienkirchturms, von Kettenkugeln, von seinen sonstigen Wundern als Artilleriegeneral, und der Zauberer war fertig« Die Geschichtsschreibung blieb Sparr vieles schuldig im Unterschied zu anderen Militärs. Diese Ungerechtigkeit bewog Frank Göse zu seinem Buch »Der erste Generalfeldmarschall Otto Christoph von Sparr 1605-1668«. Wo Fontane seine Leser mit Erzählungen um den alten Haudegen unterhalten konnte, setzte der moderne Autor wissenschaftliche Akribie und zeichnete den Modellfall eines Offiziers der Übergangszeit vom Söldnerheer zum Berufssoldaten des Absolutismus nach. Sentimentalität hatte im Leben des in Lichterfelde gebotenen Sprosses der zwischen Bernau und Angermünde begüterten Familie Sparr keinen Platz. Der Dienst in dem kleinen, schlecht gefühlten Heer seines Landesherrn versprach dem jungen Otto Christoph wenig, er stellte sich deshalb in den Dienst der Kaiserlichen Majestät, führte als Kalvinist im katholischen Heer Krieg gegen die Protestanten mit all den Grausamkeiten und Intrigen. Rechtzeitig vor dem Westfälischen Frieden nahm der Vertraute des kaiserlichen Generalissimus Octavio Piccolomini mit dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm Verbindung auf. Als Experte für Artillerie und Festungswesen fand so seine Karriere eine lückenlose Fortsetzung. Auch der Krieg ging nahtlos weiter. Brandenburg versuchte im Westen Deutschlands, seine Ansprüche durchzusetzen, wechselte im Schwedisch-Polnischen Krieg mehrmals die Positionen, stellte schließlich auch ein Kontingent, daß mit Sparr an der Spitze auf dem Balkan gegen die heranrückenden Türken kämpfte. Nicht immer erfolgreich! Doch dessen ungeachtet stieg Sparr bis in die erstmals vergebene Position eines Generalfeldmarschalls auf: vom Obristen, dessen Söldnerschar die Bürger von Landsberg an der Warthe drangsalierte, hin zum Offizier, der Loyalität und Professionalität in der entstehenden brandenburg-preußischen Armee durchsetzen half. Daß der Militär in dem von Göse sorgfähig recherchiertem Leben noch Zeit fand, die märkischen Hinterlassenschaften seines Geschlechts nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder in Stand zu setzen, Schlösser bauen, Parks anlegen und Glocken gießen zu lassen, kann nur in Erstaunen versetzen. Auch sein Seelenheil ward dem Generalfeldmarschall zunehmend wichtig. Und so steht uns Sparr heute dank seines Grabmals als reumütiger Beter vor Augen.
Anni Geisler in »MOZ, Brandenburger Blätter«, 28. April 2006

 

Wer sich mit der brandenburgischen Geschichte des 17. Jahrhunderts beschäftigt, stößt schnell auf Otto Christoph Freiherr von Sparr, dessen Name mit dem Aufbau der brandenburgischen Kriegsmacht unter Kurfürst Friedrich Wilhelm verbunden ist. Um so erstaunlicher ist es, daß, von einigen kleineren Arbeiten abgesehen, der letzte biographische Versuch zu Sparr 145 Jahre zurückliegt. Der Versuch, eine neue biographische Skizze vorzulegen, ist also naheliegend. Mit Frank Göse nimmt sich nun ein Fachmann des Themas an, der sich vor allem als Spezialist für den brandenburgischen Adel dieser Epoche einen Namen gemacht hat. Er will Sparr, der aus einer alteingesessenen adligen Familie in der Mark Brandenburg stammte, als »Modellfall eines Offiziers der Übergangsepoche vom Söldnerheer zum miles perpetuus« darstellen.
Eine kurze Skizze dieser adligen Lebenswelt, die an der Schwelle zum 17. Jahrhundert durch die schwere Krise der Kreditwirtschaft erschüttert wurde, stellt den Auftakt zur Biographie dar. Gleich hier wird jedoch ein Grundproblem der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Sparrs Leben deutlich, für das es über weite Strecken eine nur sehr lückenhafte Überlieferung gibt. Gerade für die Kindheit und Jugend gibt es kaum Zeugnisse, überhaupt fehlen reflexive Dokumente, die die Motivationen und die Gedankenwelt des Protagonisten erhellen könnten. Die Biographie Sparrs erschließt sich über seine Handlungen, und so muß sich der Autor in weiten Teilen darauf beschränken, Kriegsgeschichte zu betreiben. Denn Sparr verfolgte, wie es viele junge Adlige in dieser Zeit taten, eine militärische Karriere.

Seine Laufbahn läßt sich bis in die 1630er Jahre zurückverfolgen, als Sparr zunächst in die kaiserliche Armee eintrat, dann auch für die Belange des Kurfürsten von Köln zu Felde zog. Das Ende des Dreißigjährigen Kriegs bedeutete für ihn keineswegs ein Karriereende, denn der Kurfürst von Brandenburg suchte ausgewiesene Militärs. 1649 wechselte Sparr in den Dienst Friedrich Wilhelms. Dieser benötigte ihn vorerst am Niederrhein, einer Gegend, die der Brandenburger Sparr bereits in den letzten Kriegsjahren kennengelernt hatte. Unter anderem befehligte Sparr dort die brandenburgischen Einheiten im sog. »Kuhkrieg« 1651. Der Aufstieg zum Kommandeur über die kurfürstlichen Truppen, zum »Capo der Armee« also, erfolgte im Nordischen Krieg; Höhepunkt und in dieser Studie ausführlich dargelegt ist die Schlacht bei Warschau, als Ende Juli 1656 die vereinigten schwedisch-brandenburgischen Truppen das polnische Aufgebot besiegten. Die Jahre danach sahen Sparr mit militärischen Verwaltungsaufgaben beschäftigt, 1664 folgte seine Teilnahme am Türkenkrieg, als er brandenburgische Kontingente in der Schlacht bei St. Gotthard / Mogersdorf kommandierte, 1666 setzte er die brandenburgische Anwartschaft auf Magdeburg mit militärischer Macht durch. Zwei Jahre später starb Sparr auf seinen Gütern im Barnim, im sog. »Sparrenland«.
Wie es sich für biographische Arbeiten bewährt hat, bestimmt auch hier der chronologische Aufbau das Buch. Dabei sind immer wieder Passagen eingeflochten, die den ereignisgeschichtlichen Ablauf mit strukturellen Hintergrundinformationen anreichern. Auch wichtige biographische Details tauchen hier auf, so die Stationen von Sparrs Karriere, wie seine Ernennung zum Generalfeldmarschall oder die Erhebung in den Reichsgrafenstand oder auch Angaben zu Sparrs Güterbesitz und -erwerb. Gerade in diesen Passagen zeigt sich der besondere Wert dieser Arbeit, die mit Hilfe neuer Quellen aus Wien, Magdeburg und aus dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz verläßliche Aussagen zu Sparrs Biographie machen kann. Etwas schade ist nur, daß diese Befunde innerhalb der Darstellung teilweise schwierig aufzuspüren sind. Es gibt kein Personenregister und kein Stichwortverzeichnis, um beispielsweise die für die Biographie zentrale Information zu finden, daß Sparrs eigene Feldkanzlei, die sog. Kriegsakten, offenbar schon früh verloren ging: Der Hinweis ist mitten in der Darstellung versteckt. Ferner finden sich über den gesamten Text Bemerkungen zum zeitgenössischen Artilleriewesen verteilt, in dem sich Sparr besonders engagiert hat und das ein kennzeichnendes Element seiner militärischen Karriere war. Zwar gibt es zu Beginn der Darstellung einen ersten allgemeinen Hinweis darauf, doch bleibt die Relevanz dieser Eigenheit Sparrs im Laufe der Biographie nicht immer so deutlich, wie es wünschenswert gewesen wäre. Zwei Eigenheiten in der Nachzeichnung von Sparrs Biographie verdienen hervorgehoben zu werden. Zum einen hält sich Göse strikt an die Fakten, die er einigermaßen sicher rekonstruieren kann. Ansonsten glättet er nichts, sondern weist auf Unebenheiten im Geschichtsbild hin und benennt die weißen Flecken in der Überlieferung – so ist das Geburtsjahr Sparrs nicht gesichert, ebenso der Beginn seines militärischen Werdegangs und die Erhebung in den Freiherrenstand. Zum anderen handelt es sich in keiner Weise um eine glorios verbrämte Geschichte. Für Sparr selbst wuchsen die Bäume nicht in den Himmel; so mußte er beispielsweise ungeachtet aller Leistungen für den Kurfürsten immer wieder Kürzungen seiner Bezüge hinnehmen. Dies fügt sich in den allgemeinen Duktus der Darstellung, die stets aufs neue deutlich werden läßt, wie limitiert noch in dieser Zeit die militärischen Möglichkeiten Brandenburgs waren – etwa bei den Werbungen, den Soldzahlungen oder bei der Versorgung der Truppen.
So unbeirrt sich Göse auch den wissenschaftlichen Prinzipien verpflichtet weiß, will sich seine Studie ausdrücklich nicht nur an das gelehrte Fachpublikum wenden, sondern auch in der Breite rezipiert werden. Sparr wird als eine historische Persönlichkeit gezeichnet, die dem Autor zufolge auch zum Erbe der brandenburgischen Geschichte gehört. Ob aus diesem Grund das Attribut des »ersten brandenburg-preußischen Generalfeldmarschalls« derart betont werden muß, daß es Sparr bereits im Untertitel zugewiesen wird, sei dahingestellt. Für das Verständnis Sparrs wichtiger ist der Umstand, daß er, wie die Darstellung deutlich erkennen läßt, für die Generation von Militärs steht, die das Kriegshandwerk im Dreißigjährigen Krieg erlernten und diese Erfahrungen dann in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts einbrachten. Der brandenburgische Feldherr ist somit in einer Linie mit kaiserlichen Militärs wie Melchior von Hatzfeldt und Raimondo Montecuccoli zu sehen. Diese historischen Bezüge sichtbar gemacht zu haben, ist das eigentliche Verdienst des Bändchens.
Michael Kaiser in: »sehepunkte«, 04/06

 

Ein Buchheld: Otto Christoph von Sparr war der erste brandenburgisch-preußische Generalfeldmarschall Georg Derfflinger, der 1675 in Fehrbellin gegen die Schweden ritt, oder der »Alte Dessauer«, unter dem Soldatenkönig Drillmeister des Heeres, sind auch nach dem Ende der Preußenverehrung als herausragende Feldherrn im Gedächtnis geblieben. Wer aber weiß schon etwas mit dem Namen Otto Christoph Freiherr von Sparr anzufangen? Dabei war der 1605 in Lichterfelde (bei Eberswalde) auf dem Barnim geborene Adelige doch der erste, der in der brandenburgisch-preußischen Armee den Rang eines Generalfeldmarschalls (1657) erreichte.
Der Potsdamer Universitätshistoriker Dr. Frank Göse hat nach schwierigen Recherchen jetzt im Lukas Verlag Berlin eine Biographie über den bedeutenden Militär vorgelegt. Der Autor ist weit davon entfernt, Sparr säbelschwingend durch die knapp 200 Seiten reiten zu lassen, wenngleich sich der General auch auf den Schlachtfeld Meriten erwarb. So trug er in der Schlacht von Warschau (1556) wesentlich zum Sieg der schwedisch-brandenburgischen Truppen über die Polen bei - und viel wichtiger noch, er verlegte 1664 den anstürmenden osmanischen (türkischen) Truppen den Übergang über die Raab und verhinderte so ihr Eindringen in die österreichischen Kernlande. Diese Leistung der brandenburgischen Hilfstruppen quittierte Kaiser Leopold I. mit der Erhebung Sparrs zum kaiserlichen Feldmarschall und in den Reichsgrafenstand.
Frank Göse legt den Schwerpunkt jedoch auf den beruflichen Alltag des Militärs. Der war von den späten Jahren des Dreißigjährigen Krieges an geprägt durch das Eintreiben von Kriegskontributionen, die die Stände und Städte nicht zahlen wollten, von zähen Verhandlungen über ausbleibenden Sold und zugesagte Vergütungen der nach dem Krieg entlassenen Offiziere sowie Bemühungen um die soziale Wiedereingliederung der demobilisierten Soldaten. Sparr mußte für den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, zu dessen Vertrauten der geradlinige und zuverlässige Mann geworden war, Auseinandersetzungen wie den »Kuhkrieg von Düsseldorf« (1651) schlichten, militärische Gutachten und Prognosen verfassen, im Kriegsfall neue Regimenter aufstellen, Waffen und Munition einkaufen und für die Erhaltung und den Ausbau der Festungen sorgen. Bei Mißerfolgen hatte der Oberbefehlshaber der Armee Intrigen seiner Feinde am kurfürstlichen Hof zu fürchten. Zeitgenossen bestätigen Sparr eine Truppenführung, die die damals gängigen brutalen Übergriffe auf die Zivilbevölkerung ausschloß. Frank Göse nennt ihn resümierend einen »Militär der ersten Stunde«, der einen »maßgeblichen Beitrag zur Durchsetzung von Loyalität und Professionalität im Offizierskorps der entstehenden brandenburgisch-preußischen Armee geleistet hat«.
Vielleicht war es ja die Überfülle an Aufgaben, die Sparr nie eine Familie gründen und ihn 1668 kinderlos im Gutshaus Prenden (heute als Gasthof genutzt) sterben ließ. Sein kostbares Grabdenkmal befindet sich in der Berliner Marienkirche.
Weit umhergetrieben, blieb Otto Christoph von Sparr seiner brandenburgischen Heimat doch stets eng verbunden. In seinen späteren Lebensjahren hatte er sich bemüht, im nach der Familie benannten »Sparrenländchen« auf dem Barnim Besitzungen wie Trampe, Prenden, Lanke, Heckelberg und Beerbaum zurückzuerwerben. Für den Stammsitz Lichterfelde gelang ihm dies nicht. Heute steht das in der DDR-Zeit als Schule dienende, in den 1970er Jahren durch Umbauten entstellte Herrenhaus leer und wartet auf Rettung und neue Nutzung.
Erhart Hohenstein in: »Potsdamer Neueste Nachrichten«, 27.03.2006