Arbeitskreis Wasserwirtschaft der Zisterzienser

Band 25: Die Wasserbaukunst im Kloster Loccum

Neun Rentner und Pensionäre unterschiedlicher Berufe bildeten 1998 in Loccum den Arbeitskreis »Wasserwirtschaft der Zisterzienser« (WAZI), der sich zum Ziel setzte zu erforschen, wie die Zisterzienser in Loccum das Wasser genutzt haben und welche Bauwerke zu diesem Zweck errichtet wurden. Nach der Darstellung der Zisterzienser und ihrer Ziele wird das Zisterzienserkloster als autarke Lebensgemeinschaft vorgestellt. Daran schließt sich eine kurze Schilderung der Klostergeschichte Loccums bis zur Gegenwart an, wobei man sich in lutherischer Tradition fragen muss, ob ein evangelisches Kloster nicht ein Gegensatz in sich ist. Erst auf S. 58 beginnt dann die Beschreibung der geographischen Situation und Siedlungsgeschichte des Klosters mit Vorstellung der Hydrologie und der Oberflächengewässer. Nach der Klimageschichte im Bereich Loccums und der Betrachtung der Klostergebäude wird »Das Wasser im Kloster Loccum« behandelt. Dabei werden die wasserbaulichen Maßnahmen im Umkreis des Klosters ebenso wie die Wasserbewirtschaftung, die Nutzung der Quellen und die Verteilung des Wassers im Klosterbereich vorgestellt. Der letzte Abschnitt der Arbeit vergleicht die wasserbaulichen Maßnahmen in Loccum mit denen in Citeaux, Pontigny, Clairvaux, Morimond, Fontenay und Maubuisson. Dabei gelangen die Bearbeiter zu dem Urteil, dass die Wasserbauwerke dort nach gleichen oder ähnlichen Prinzipien wie in Loccum aufgeführt wurden. Es wäre zu begrüßen gewesen, wenn an Stelle des umfangreichen, einleitenden Teils des Bandes mit altbekannten Tatsachen dieser Teil, der in sich grundlegenden und wissenschaftlich neuen Charakter hat, wesentlich umfangreicher ausgearbeitet worden wäre. Dabei wäre auch die Frage interessant gewesen, woher die Zisterzienser ihre Kenntnisse in der Wasserwirtschaft erworben haben. Hier hätte sich ein Vergleich mit großen, alten Benediktinerarbeiten angeboten. Der Band ist in seiner technischen Erfassung einzigartig und Autoren und Verlag wäre dringend anzuraten, baldmöglichst Umfassenderes zu diesem Thema in Form von Einzelstudien vorzulegen. Die Teichwirtschaft der alten Reichsabtei Ellwangen z.B. lässt auf eine sehr alte Tradition dieser »Wasserbaukunst« auch bei den Benediktinern schließen, doch fehlen dazu fast allgemein alle näheren Anknüpfungspunkte.
Immo Eberl in: Ellwanger Jahrbuch 41 (2006/07)

 

Im Kloster Loccum lebten Zisterzienser von 1163 an bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts, wobei seit der Reformation der Konvent allmählich in eine evangelische Gemeinschaft umgewandelt wurde. Von den bis dahin errichteten Gebäuden ist ein Großteil im ursprünglichen Zustand erhalten geblieben. Aber auch von den Anlagen zur Wasserversorgung innerhalb der Klostermauern und im angrenzenden Klosterforst ist vieles noch funktionsfähig. So findet man zahlreiche Teiche, die als Wasserreservoir und zur Fischzucht dienten. Die im engeren Klosterbezirk gelegenen Teiche wurden mittels eines komplizierten Systems von hangparallelen Gräben beschickt. Das Wasser für Brunnenhaus und Küche wurde von entfernten Quellen eingespeist. Alle Abwässer und die von den Dächern rinnenden Niederschlagswässer flössen durch unterirdische, in Bruchsteinmauerwerk errichtete Kanäle zu einem Teich außerhalb der Klostermauer, wo sie eine natürliche Klärung erfuhren. Schließlich trieb die Wasserkraft die zahlreichen Mühlen unterschiedlichster Art.
Ein Arbeitskreis »Wasserwirtschaft der Zisterzienser« widmet sich seit einigen Jahren erfolgreich der Erforschung der Wasserbaukunst in Loccum. Er setzt sich zusammen aus acht Rentnern und Pensionären aus unterschiedlichen Berufen, die seit 1998 mit Prof. Dr. Hans-Werner Holz, Hochschullehrer für Baugrundkunde und Wasserwirtschaft, das Projekt betreiben. Dabei kommen unterschiedliche Methoden zur Anwendung: Feldbeobachtungen und archäologische Sondierungen innerhalb der Klausurmauer, im Klosterforst und im angrenzenden Gelände, Auswertung historischer Landkarten, archivalische und Literaturrecherchen, topographisch-morphologische Vermessungen, Wasserbau- und biologietechnische Untersuchungen sowie vergleichende Studien in anderen Zisterzienserklöstern (Citeaux, Clairvaux, Pontigny, Morimond, Fontenay, Maubuisson). Außerdem sind zwei Diplomarbeiten mit vegetationsgeschichtlicher und vermessungstechnischer Thematik mit aufgenommen worden.
Der Inhalt ist in folgende Hauptthemen gegliedert: Geschichte des Klosters Loccum, geographische Situation und Siedlungsgeschichte, Klima- und Vegetationsgeschichte, Bewirtschaftung des Wassers, Nutzung von Quellen, Verteilung des Wassers im Klosterbereich (Kanäle, Brunnen), Behandlung von Trink- und Brauchwasser, Löschwasser, Ableitung und Behandlung des Abwassers, Mühlen, Vergleich der wasserbaulichen Maßnahmen mit denen der Primarabteien. Den Anhang bilden tabellarische Übersichten zum Baugeschehen in Loccum und zur Landschafts- und Forstgeschichte des Sündern, ein Glossar und ein ausführliches Literaturverzeichnis. Allem vorangestellt ist ein Kapitel zur Geschichte der Zisterzienser.
Anders als in Frankreich sind im deutschsprachigen Raum solche Studien noch recht spärlich. Umso mehr verdient diese Neuerscheinung Anerkennung. Sie dürfte auf längere Sicht als Standardwerk für jede ordens- und technikgeschichtliche Bibliothek unverzichtbar sein. Beispielhaft ist aber auch die Abwicklung des Projektes, das durch ehrenamtlichen Einsatz erfolgt. Der Lukas-Verlag hat sich erneut als führendes Unternehmen für Zisterzienser-Literatur profiliert.
HJR in »Cistersienser Chronik«, 113. Jahrgang 2006, Heft 3