Simone Schimpf

Profanierung einer Heiligen

Maria Magdalena in der französischen Kunst des 19. Jahrhunderts

The French Dominicans promoted the cult of Mary Magdalene, and some thought of her as an allegorical representation of repentant France. To no avail - as Simone Schimpf demonstrates. Eugene Delacroix, in his 1835 painting »Christ crucified«, placed a voluptuous, semi-nude Mary Magdalene at the foot of the cross, as she gazes upon the dying saviour. But Delacroix was only one of the many nineteenth-century French artists who took up the subject of Mary Magdalene; he was joined by Paul Cézanne, Auguste Rodin, and many others. Frequently, Mary Magdalene is depicted in the nude, as she meditates over a scull or reads. While clerics protested against the profanation of the repentant female sinner, artists loved the subject that is so ably dealt with in the present volume.
»International Review of Biblical Studies« Vol. 54:2007/08

Ein eng gefasstes Thema, dennoch sehr spannend, da die Vielfalt der Überlieferungen und Rezeptionen der Maria Magdalena zur Sprache kommt. Über 300 französische Kunstwerke zum Thema »Magdalena«, bekannte wie unbekannte, werden besprochen. Dabei wird deutlich, wie gesellschaftliche Entwicklungen auf die Kunstwerke über Maria Magdalena einwirken. So wird ausgerechnet Maria Magdalena zu einer Symbolfigur gesellschaftlicher Strömungen im Frankreich des 19. Jahrhunderts.
Barbara Leicht in »Welt und Umwelt der Bibel«, 2/2008

Simone Schimpfs Freiburger Dissertation re­konstruiert das komplexe und heterogene Verständnis von Maria Magdalena anhand jener Kunstwerke, die das Motiv der Heiligen themati­sieren. Die Studie basiert auf der Auswertung von 318 Magdalenenskulpturen und Magdalenengemälden aus dem Zeitraum von 1830 bis 1900, gibt Aufschluss über die Modernisierung einer tra­ditionellen Heiligenikonographie und spiegelt historische Weiblichkeitsvorstellungen und den ge­sellschaftlichen Konflikt zwischen traditioneller Kirchenverbundenheit und wachsender Säkulari­sierung wider. Mit einleitenden Erörterungen über die Magdalenenvita, über Mythos, Legende, Ge­schichte, Säkularisierung, Profanierung, Entmythologisierung, über den zeitlichen Rahmen, Methode und Forschungsstand des Themas leitet Si­mone Schimpf zum ersten Kapitel der Arbeit über, zum Pariser Magdalenenkult und den provenzalischen Kultstätten mit Hinweisen zur Wiederbelebung der Magdalenenpilgerfahrt, zu zeitgenössischen Publikationen zum provenza­lischen Magdalenenkult, Magdalenenkult, zur »Romantischen Heiligenvita«, zum Streit um Magdalenas Apostolat, zur Geschichte eines ge­scheiterten Kultes und zu seiner Säkularisierung. Dabei wird auch die Frage einer politischen Instrumentalisierung des Magdalenenkultes ge­klärt. Das zweite Kapitel der Untersuchung »Kir­chen-Museen- Privatgemächer« recherchiert, wer Arbeiten zu welchem Zweck ankaufte (Magdalenen in der Kirche, im Salon, in Galerien und pri­vaten Sammlungen) und zeigt, wie Magdalenenikonographie für profane Projekte verfügbar wurde. Die beiden ersten Kapitel bilden die Grundlage für die drei folgenden, in denen einzelne Motive analysiert werden. Das dritte Kapitel »Die schöne Büßerin« wirft Fragen nach dem religiösen Akt auf, nach der Prostituierten in der Rolle von Maria Magdalena und ihrer religiösen und morali­schen Konvertierung. Im vierten Kapitel »Magda­lena und der Tod« stehen zwei Fragen im Mittel­punkt, Magdalenas Allegorisierung zur Trauer- und Vanitasfigur und der Übertragung von morbi­den Weiblichkeitsfiktionen wie die todbringende Verführerin auf ihre Person. Das fünfte und letzte Kapitel »Die ekstatische Magdalena« demon­striert die profanierte Magdalenenvita in der Ek­stase der Heiligen, die Symptome eines Krank­heitsbildes, der Hysterie, offenbart. Erörterungen zur Pathologisierung der Heiligen und damit ihrer radikalsten Profanierung beschließen das letzte Kapitel. Der Anhang der Dissertation bietet außer der Literatur und dem Abbildungsnachweis tabel­larische Zusammenstellungen der Magdalenen im Salon und der staatlichen Ankäufe, der staatlich beauftragten Magdalenenkopien für Kirchen und Magdalenenbilder für die Pariser Kirchen. Simone Schimpfs fundierte und materialreiche Untersuchung erschließt weitgehend wissen­schaftliches Neuland und ist nicht nur methodisch eine vorbildliche Arbeit zur Rezeptionsgeschichte schlechthin.
Fritz Wagner in der »Cistercienser Chronik«, 114. Jg. (2007) H. 3