Bernfried Lichtnau (Hg.)
Architektur und Städtebau im südlichen Ostseeraum von 1970 bis zur Gegenwart. Entwicklungslinien – Brüche – Kontinuitäten.
Publikation der Beiträge zur kunsthistorischen Tagung, veranstaltet vom Caspar-David-Friedrich-Insitut, Bereich Kunstgeschichte, der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, 15.–17. April 2004.

Der vorliegende Band vereint in sich die Beiträge der IV. kunsthistorischen Tagung zur Architektur in Greifswald, die vom 15. bis 17. April 2004 stattfand. Diese IV. Architekturtagung schloss zugleich die Greifswalder Architekturtagungsreihe ab.
Während die vorhergehenden Tagungen sich mit der Architektur in Mecklenburg und Vorpommern 1800 bis 1950, der städtischen und ländlichen Siedlungsarchitektur zwischen 1900 und 1960 sowie der Architektur und dem Städtebau im Norden und Nordosten Deutschlands zwischen 1936 und dem Neubeginn 1945 bis zum Ende der 1970er Jahre auseinandersetzten, widmete sich diese Tagung nunmehr der Architektur und dem Städtebau im südlichen Ostseeraum von 1970 bis zur Gegenwart und versuchte Entwicklungslinien, Brüche und Kontinuitäten aufzuzeigen.
Neben einer kurzen Einführung von Bernd-Fried Lichtnau fasst die Publikation 26 Beiträge zusammen, die sich ganz unterschiedlich der Thematik nähern und verschiedene Aspekte aufgreifen. Heinz Quitzsch und Dirk Zabel erinnern an die Architekten Lothar Kühne und Richard Haseloff. Die Denkmalpflege und der Umgang mit der historischen Bausubstanz stehen u.a. in den Beiträgen von Neidhardt Krauss, Sabine Bock, Michael Lissok, Jörg Hackmann, Antja Pospischil, Mark Escherich und Peter Leonhardt im Mittelpunkt. Dabei gehen die Autoren auf den ländlichen Bereich mit seinen Gutshöfen, Herrenhäusern und Schlössern ein, kommentieren die Veränderungen in der Stralsunder Innenstadt und des Rigaer Rathausplatzes, beschäftigen sich mit der Usedomer Bäderarchitektur und thematisieren den »Denkmalwert« der »architektonischen Hinterlassenschaften der DDR«. Frank Mohr, Uwe Kiel und Ulrich Hartung berichten über die Umgestaltung der Greifswalder Altstadt, wobei die Beiträge von Margit Kühl zum Stadtteil Kiel-Mettendorf und von Dieter Pocher zu den Lückenbauten in der Altstadt von Güstrow ergänzend und erweiternd wirken. Janusz Nekanda-Trepka und Jósef Szymon Wronski referieren über den Kirchenbau in Krakau und Stettin. Untersuchungen zum Ferienkomplex »Roter Oktober« in Zinnowitz (Jens Amelung) und zum industriellen Wohnungsbau für die Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (Robert Conrad) vervollständigen den Gegenstand der Tagung.
Alle Beiträge sind lesenswert, enthalten eine Vielzahl von Informationen und nähern sich dem Thema von ganz verschiedenen Seiten. Das breite Spektrum und die unterschiedlichen Sichtweisen, u.a. auch von Zeitzeugen und Akteuren, machen den Tagungsband aus. Positiv ist hervorzuheben, dass zum Vergleich und zur Orientierung und Einordnung über den engeren regionalen Rahmen hinaus geschaut wurde. Eine ausführlichere, über die Einleitung hinausgehende Zusammenfassung und Synthese der Beiträge hätten den Band bereichert. Ebenso wären Register und Literaturverzeichnis – die Publikation enthält nur ein Autorenverzeichnis – wünschenswert gewesen. So bleiben die Beiträge einzeln für sich stehen und erschließen sich nur über den Titel.
Anett Müller in: »Baltische Studien – Pommersche Jahrbücher für Landesgeschichte«, Band 94, 2008

 

 

Die Erforschung der Architektur des heutigen Nordostdeutschlands und angrenzender Gebiete erhielt durch die neuen Möglichkeiten nach der Wiedervereinigung von 1990 einen enormen Schub der Entwicklung. Dies lässt sich zwar für die Mehrzahl historischer Forschungsgebiete in der ehemaligen DDR sagen, doch gilt es in besonderem Maße für die Geschichte der Baukunst dieser Region. Nach der Auflösung der Länder 1952 verschwanden die historischen Bezeichnungen Mecklenburg und Vorpommern nicht nur aus der Verwaltungssprache. Die Nennung des Begriffs Vorpommern unterblieb auch in geschichtlichen Darstellungen – was den Schwierigkeiten geschuldet war, den Verbleib der östlich der : Staatsgrenze befindlichen Teile Pommerns zu erklären. Das Fach Kunstgeschichte, das sich in der DDR erst seit dem Ende der 1970er Jahre unter der neu eingeführten Kategorie des Erbes verstärkt auch den als nicht fortschrittlich bewerteten Epochen zuwenden konnte – darunter der Architektur Preußens –, war zudem in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Bis zum Ende des Staates wären die Kunsthistoriker ohne eigene Fachzeitschrift und ohne einen eigenen Fachverband.
Der Entwicklungsschub in der baugeschichtlichen Forschung des Themas, der neben Kunsthistorikern in gleichem Maße von Archäologen, Geographen, Theologen, Restauratoren und den verschiedenen Professionen entstammenden Denkmalpflegern und Archivaren getragen wurde, ist dokumentiert in den Sammelbänden der seit 1995 veranstalteten Greifswalder Tagungen zur regionalen Architektur. Die Reihe der Greifswalder Tagungen, die ihre thematischen und räumlichen Untersuchungsbereiche von Mal zu Mal variierten und erweiterten, war 2004 hinsichtlich ihres zeitlichen Betrachtungsrahmens bis in die Gegenwart vorgerückt. Die vierte und abschließende Tagung stellte »Architektur und Städtebau im südlichen Ostseeraum von 1970 bis zur Gegenwart« in den Mittelpunkt. Die Ergebnisse der Veranstaltung liegen nun als ausführlicher Protokollband vor.
Die erste Tagung von 1995, die sich der Architektur in Mecklenburg und Vorpommern von 1800 bis 1950 widmete, zog eine Bilanz der vielfältigen Forschungen, die im Lichte neuer Fragestellungen seit dem gesellschaftlichen Umbruch in der DDR und der deutschen Wiedervereinigung unternommen wurden. Zu bis dahin von der Forschung eher vernachlässigten Bereichen wie Stadtkirchen, Bäderarchitektur, Siedlungsbauten und Industriearchitektur wurden zahlreiche Einzeluntersuchungen vorgelegt. Im Gegensatz zum großen zeitlichen Rahmen der ersten konzentrierte sich die folgende Tagung 1997 auf einen thematischen Schwerpunkt: die städtische und ländliche Siedlungsarchitektur zwischen 1900 und 1960. Die dritte Tagung im Jahr 2001 weitete den Blick, wie dies auch die vierte tun sollte, geographisch auf den südlichen Ostseeraum aus und umfasste die Zeit von 1936 bis 1980. Durch die von Bernfried Lichtnau herausgegebenen Dokumentationen ist nicht nur der Kenntnisstand zur regionalen Architektur um einen beträchtlichen Teil vorangeschritten. Die Sammelbände machen auch vertraut mit der Bandbreite der kunsthistorischen, denkmalpflegerischen und gesellschaftsgeschichtlichen Fragestellungen, die in jüngster Zeit die Untersuchungen zur regionalen Baukunst geprägt haben.
Den Schwerpunkt des hier zur Diskussion stehenden jüngsten Tagungsbandes bildet der städtebauliche und architektonische Umgang mit der Altstadt Greifswalds in den 1970er und 1980er Jahren sowie die sich aus den Maßnahmen bis in die Gegenwart ergebenden Folgen. Verantwortliche Praktiker sowohl der damaligen (Frank Mohr) wie auch der gegenwärtigen Zeit (Volker Bouché) erläutern die jeweils vorherrschenden Bedingungen sowie Ziele und beziehen Stellung. Unter dem Titel »Abbruch – Rekonstruktion – Ersatzneubau« stellt der Archivar Uwe Kiel die Planungsgeschichte vor, die er in Anlehnung an ein Wort der Schriftstellerin Monika Maron zusammenfassend als Experiment Greifswald bezeichnet. Es ging in der von Kriejgszerstörungen verschonten, aber vom allmählichen Verfall geprägten Stadt zu Beginn der 1970er Jahre darum, die Leistungsfähigkeit industrialisierten Wohnungsbaus innerhalb der Kleinteiligkeit einer mittelalterlich geprägten Parzellenstruktur beispielhaft zu erkunden. Vereinfacht ausgedrückt: Das Experiment sollte die Antwort darauf geben, wie die Plattenbauweise in Altstädten eingesetzt werden könne. Greifswald war der Testfall für den innerstädtischen industriellen Wohnungsbau in Klein- und Mittelstädten der DDR. Nach wie vor ist die damals gewählte Vorgehensweise umstritten. Um einer angemessenen Bewertung nahezukommen, arbeitet der Kunsthistoriker Ulrich Härtung die formalen und typologischen Qualitäten dieser für die Belange historischer Innenstädte modifizierten Serienarchitektur heraus. Seine differenzierte Untersuchung hebt einerseits das überall zu erkennende problematische Verhältnis von Konstruktion und Gestaltung hervor, betont jedoch andererseits, dass »hier die ›Monotonie der Plattenbauweise‹ fast vollkommen überwunden werden konnte« (S. 266). Die Greifswalder Innenstadt, so das insgesamt positive Fazit, sei durch die Umgestaltungsmaßnahmen als Wohnstandort erhalten geblieben, was wiederum die Erhaltung und Nutzung zahlreicher historischer Bauten ermöglicht habe.
Den Ferienkomplex »Roter Oktober« in Zinnowitz auf der Insel Usedom stellt Jens Amelung, Mitarbeiter des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, vor. Der in den Jahren 1974–1977 durch die Industriegewerkschaft Wismut errichtete, großzügig ausgestattete und in Formen der international vorherrschenden Moderne gestaltete Komplex diente den Bergleuten aus dem Uranbergbau des Erzgebirges und Südostthüringens als Erholungsstätte. Bei der Anlage handele es sich, so Amelungs Bewertung, um ein Ensemble, dessen Gestaltungsqualität »zumindest an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns seinesgleichen sucht« (S. 193). Die als Denkmal anerkannte Ferienanlage ist durch die neue Nutzung als Sporthotel teilweise weitgehenden Veränderungen ausgesetzt worden. Bauten des Tourismus der späten DDR unterziehen auch die Architekten und Architekturhistoriker Mark Escherich und Ulrich Wielex in ihren Beiträgen einer näheren Betrachtung. Sie untersuchen neben Anderem, inwieweit regionale Bauformen innerhalb des industrialisierten Bauens möglich waren. Anhand von Bauten aus Thüringen, vorgestellt besonders durch Beispiele aus dem ehemaligen Bezirk Suhl, setzen sie sich mit den vorherrschenden Möglichkeiten und Beschränkungen auseinander. Ulrich Wieler nähert sich dem Thüringer Wald als der – nach der Ostseeküste – zweitbesten Region für den Aufbau eines sozialistischen Tourismus in der DDR. Er erörtert, ob es sich bei Oberhof, das zu einem internationalen Wintersport- und Erholungszentrum ausgebaut wurde, um eine Form alpiner Architektur in der DDR gehandelt habe.
Wie die Themen der beiden letztgenannten Autoren zeigen, ist der Raum der Betrachtung weit gefasst. Einige Studien des Sammelbandes behandeln Phänomene anhand von Beispielen, die außerhalb des Ostseeraumes liegen. Diese Abweichung vom Bezugsrahmen erscheint einsichtig aufgrund der überregional gültigen Bedingungen der Architektur sozialistischer Staaten, die durch ideologische Vorgaben und bautechnische Parameter umfassend determiniert war. Die breite stilistische Vielfalt neuer Kirchenbauten in Polen seit den 1970er Jahren stellen der Architekt und Architekturhistoriker Janusz Nekanda-Trepka und der Kunsthistoriker Józef Szymon Wronski vor. Die Beispiele aus Szczecin/Stettin und Krakow/Krakau zeigen in eindrucksvoller Weise, in welch unterschiedlichen und teilweise äußerst kühnen Ausdrucksformen der Kirchenbau dazu beitrug, dass der Katholizismus in einem sozialistischen Staat als eine eigenständige und offen erkennbare Kraft wahrzunehmen war. Allein in Krakau sind in den 1980er und 1990er Jahren 34 neue Kirchen errichtet worden. Im gesamten 20. Jahrhundert seien es, so Wronski, insgesamt 65 gewesen. Bemerkenswert erscheint, dass die seit der politischen Wende projektierten Bauten in ihren Grundformen auffallend bescheidener und in ihrer Gestaltung wesentlich konservativer sind als deren Vorgänger in der sozialistischen Zeit. Große und kühne Gesten sind im gegenwärtigen Kirchenbau der beiden Städte kaum mehr zu erkennen.
Neben Beiträgen aus Polen, zu denen auch eine lebendige Darstellung der Baukultur in Gdansk/Danzig seit 1989 von Jacek Friedrich gehört, bildet Lettland eines der Themen der Aufsatzsammlung. Als eine aussagekräftige Quelle der Geschichts- und Nationspolitik untersucht der Greifswalder Historiker Jörg Hackmann die bauliche Entwicklung des Rigaer Rathausplatzes in der Zeit von 1938 bis 2003. »In einer historischen Stratographie«, so Hackmanns Arbeitshypothese, »heben sich an diesem Ort die unterschiedlichen Schichten angeeigneter und abgelehnter Geschichte so plastisch gegeneinander ab, daß der Rathausmarkt gleichsam paradigmatisch für das Problem kultureller Aneignungsprozesse in Mittel- und Osteuropa […] betrachtet werden kann.« (S. 118) Seine folgenden Ausführungen zeigen deutlich, von welch unterschiedlichen bis gegenläufigen Motivationen die Aneignung von Geschichte bei dem Wiederaufbau, der Rekonstruktion und der Neugestaltung des Platzes geprägt worden ist.
Auf einen weißen Fleck im Wissen um die Baukunst der späten DDR macht der Architekt Robert Conrad aufmerksam. Er stellt diejenigen Wohnbauten vor, die volkseigene Baubetriebe für die Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) errichteten. Die Streitkräfte umfassten zwischen 350 000 und 500 000 Soldaten, die mit wenigen Kontakten zur Bevölkerung in eigenen, zum Teil in abseitiger Lage befindlichen Liegenschaften lebten und arbeiteten. Erstmals 1967 verabschiedete die Regierung der DDR ein Wohnungsbauprogramm für die sowjetischen Truppen. Das Problem der Wohnungsnot wurde aber auch durch die in diesem Rahmen errichteten Wohnblöcke, die die jeweiligen Kontingente des allgemeinen staatlichen Bauprogramms auf Bezirksebene verringerten, nicht gelöst – auch wenn die Lebensverhältnisse für die meisten Soldaten besser als in ihrer Heimat waren.
Auf die mangelnde öffentliche Akzeptanz gegenüber der Architektur der 1960er und 1970er Jahre in Leipzig und die dafür verantwortlichen Gründe macht der in dieser Stadt als Denkmalpfleger tätige Peter Leonhard in seinem Beitrag aufmerksam. Im Gegensatz zu den Neubauten der 1950er Jahre, die teilweise bis ins Detail durch ideologische Vorgaben bestimmt worden waren, seien es jedoch die Bauwerke der beiden folgenden Jahrzehnte, die in der Bevölkerung in einem sehr schlechten Ruf stünden. »Die um Internationalität bemühte Moderne der sechziger und siebziger Jahre«, so Leonhard, »wird unterschiedslos als architewonische Repräsentation des SED-Staates angesehen.« (S. 406) Die Moderne dieser Zeit werde verbunden mit dem Abbruch wertvoller historischer Zeugnisse und dem damit einhergehenden Verlust an lokaler Identität. Besonders die Sprengung der Universitätskirche 1968, die den Neubauten der Universität vorausging, stehe »geradezu synonym für den Umgang mit der historischen Stadt in den sechziger Jahren« (S. 399). Mit diesen Anmerkungen sind die Themen des Sammelbandes in einer Auswahl angesprochen. Die weiteren sollen im Folgenden kurz benannt werden: Heinz Quitzsch erinnert an die in den 1970er und 1980er Jahren in der DDR geführten Diskussionen zum Funktionalismus und besonders an das Wirken von Lothar Kühne; Dirk Zabel stellt den Lebensweg des pommerschen Architekten Richard Haselhoff vor; Margit Kühl verfolgt die Entwicklung der in den 1960er und 1970er Jahren errichteten Großsiedlung Kiel-Mettenhof, in der 35% der Wohnungen in serieller Montagebauweise entstanden; Neidhardt Krauß betrachtet anhand ausgewählter Gutshöfe in Mecklenburg und Vorpommern den Umgang mit historischer Bausubstanz auf dem Lande vor und nach der politischen Wende von 1990; Sabine Bock zeichnet den Weg der Denkmalschutzgesetzgebung in Mecklenburg nach; Michael Lissok analysiert Stadterneuerung und Denkmalpflege in Stralsund vor und nach der politischen Wende; Alexander Schacht zieht eine Bilanz der, wie er es nennt, retrospektiven Tendenzen in Architektur und Städtebau seit 1975 in Mecklenburg; Gert Gröning berichtet vom Konzept des Naturgartens und dessen Fehlinterpretationen in der zeitgenössischen Wissenschaft; Antje Pospischil macht mit den jüngsten Ereignissen um die Usedomer Bäderarchitektur bekannt; Andreas Meinecke beleuchtet die seit den 1960er Jahren durchgeführten Architekturwettbewerbe zur Gestaltung des Zentralen Platzes in Potsdam; Ernst Badstübner nähert sich in einer betont subjektiven Betrachtungsweise dem Städtebau Berlins an; Klaus Haese stellt neue Beiträge zur Backsteinarchitektur in Vorpommern und Dieter Pocher die im 20. Jahrhundert entstandenen Lückenbauten in Güstrows Altstadt vor.
Der Sammelband zu Architektur und Städtebau im südlichen Ostseeraum ist neben dem Schwerpunkt Greifswald geprägt durch eine große Bandbreite von behandelten Orten, Themen und Herangehensweisen. Stärker noch als in den vorangegangenen Tagungsbänden ist die Vielfältigkeit ein Kennzeichen dieser Veröffentlichung. Sie bildet ihren neuralgischen Punkt. Zu vermissen ist die kritische Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit ein regionaler Untersuchungsrahmen angemessen ist für ein Gebiet, dessen Bauwesen in den letzten beiden Jahrzehnten des staatlichen Sozialismus stärker als in den Zeiten zuvor durch ideologische Vorgaben und die Einengung auf vorgegebene bauindustrielle Muster geprägt war. Gleichzeitig ist die Pluralität die Stärke dieses Sammelbandes, die nicht mit Beliebigkeit verwechselt werden darf. Vielmehr ist sie ein Merkmal der wissenschaftlichen Arbeit des Herausgebers, der bereits vor der politischen Wende in Greifewald dafür eintrat, die Vielschichtigkeit der Erscheinungen in der bildenden Kunst und Architektur abseits der anerkannten Zentren, eben in der Region, ins Bewusstsein zu rücken.

Jörg Kirchner in »Zeitgeschichte regional – Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern«, Heft 2, Dezember 2008