Catrin During und Albrecht Ecke

gebaut!
Architekturführer Potsdam

 

Wenn von Potsdams Architektur die Rede ist, stehen meist die berühmten Ensembles von Sanssouci im Mittelpunkt. Dieser neue Führer stellt dagegen – ohne die Schlösser und Gärten zu vernachlässigen – stärker die Architektur der Stadt Potsdam in den Mittelpunkt. Er beschreibt über zweihundert Gebäude und Ensembles von den ältesten baulichen Zeugen bis hin zur zeitgenössischen Architektur. Jedes Objekt erscheint mit einem Photo, Daten und knappen Erläuterungen. »gebaut!« ist ein Architekturführer gleichermaßen für Fachleute, Einwohner und Touristen.
In: Potsdam Journal. Das exklusive Journal, Frühjahr 2009.

 

Was, so muss die erste Frage lauten, hat ein Architekturführer auf einer Website zu suchen, auf der es um Film und Kino geht? Die Besprechung eines Führers durch Ludwigshafen, Haßloch oder Darmstadt wäre hier tatsächlich fehl am Platz, doch in »gebaut!« geht es um Potsdamer Architekturen, und die Stadt Potsdam schließt den Stadtteil Babelsberg mit ein. Jenen Ort also, der so eng mit der deutschen Filmgeschichte verknüpft ist wie vielleicht kein zweiter. Nicht von ungefähr gibt es mit »Potsdam Babelsberg – Der spezielle Reiseführer« ein Vademecum durch die Zeugnisse der Filmgeschichte des Ortes.
So findet man im Architekturführer Potsdam die Medienstadt Babelsberg mit den Filmstudios, der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf, dem Filmpark und dem Zentrum des Rundfunks Berlin-Brandenburg rbb. Leider ist die Medienstadt, der mit 46 Hektar deutschlandweit drittgrößte Standort moderner Medienproduktionen, bloß mit drei Gebäuden im Buch vertreten.
Darüber hinaus findet man den Marstall, der seit 1980 das Filmmuseum Potsdam beherbergt, Villen von Filmstars am Griebnitzsee, Drehorte wie die Glienicker Brücke aus »Unter den Brücken ...« und diversen Spionagefilmen, Schloss Sacrow aus »Die Braut« und »Wege zum Glück«, den Park Sanssouci aus »Around the World in 80 Days / In 80 Tagen um die Welt« (2003) und vielen weiteren Filmen.
Es findet sich bestätigt, was die Autoren Catrin During und Albrecht Ecke in ihrer Einleitung schreiben: »Potsdam ist die Stadt der Architekturzitate. Reisefreudige, weltoffene und von Fremdheit faszinierte Architekten, Künstler, Bauherren und Baumeister haben in Potsdam eine einzigartige Sammlung von Artefakten europäischer und außereuropäischer Architektur in überraschenden Ensembles hinterlassen.« Ein Glücksfall für Produzenten, die gerne auf Außendrehorte unweit der Studios zurückgreifen.
Über 200 Potsdamer Gebäude und Ensembles sind in »gebaut!« kurz beschrieben. Leider fehlen Grundrisse, Angaben zu den Baumaterialien, zum Denkmalschutz, zur genauen Lage im Stadtgebiet, und auch Innenaufnahmen zumindest einiger ausgewählter Gebäude wären wünschenswert gewesen.
Stefan Otto auf kino-zeit.de

 

Hier geht es mal nicht nur um Potsdams berühmte architektonische Ensembles Sanssouci und den Park Babelsberg. Beschrieben werden über zweihundert Gebäude und Ensembles von den ältesten baulichen Zeugen bis hin zur zeitgenössischen Architektur. Jedes Objekt erscheint mit einem Foto und knappen Erläuterungen, gut gegliedert und graphisch höchst ansprechend gestaltet, bis hin zu den schematisierten Karten.

Danuta Görnandt, in: Kulturradio-Tipps. Bücher für den Sommer, 2008.

 

Potsdam hat Baudenkmale und Kulturlandschaften von Welterbe-Wert: Sanssouci, Cecilienhof, Schloss Babelsberg und all die Parks und Villen. Mehrere Reiseführer haben das aus dem Vorkriegs-Potsdam überlebende reiche Erbe beschrieben, einige auch Beispiele der Nachkriegszeit und der Nachwendezeit ergänzt Der neue Architekturführer aus dem Lukas-Verlag geht diesen Weg konsequent weiter: Er liefert das Standard-Programm Schlösser und Parks und beschreibt bekannte Bauten aus zweieinhalb Jahrhunderten in aller Kürze, Aber er gibt den Industrie-, Gewerbe- und Gesellschaftbauten der Zeit nach 1990 mehr Raum und bezieht neue Ortsteile ein. Es ist nicht alles neu in diesem Buch, aber es ist ausnehmend übersichtlich gemacht und lädt in seiner Knappheit und Verständlichkeit zu Spaziergängen von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit ein, Das fördert den Kurzzeit-Tourismus von Besuchern, die vielleicht nur einen Tag in Potsdam haben oder ein ; Wochenende, die sich aber ein Thema oder einen Stadtteil wählen können. Und das Buch bietet Änsätze für Veröffentlichungen, die eher unbekannte Seiten Potsdams zeigen: Erstlingswerke berühmter Architekten. Karl Friedrich Schinkel schuf hier den Pomonatempel, Mies van der Rohe das Landhaus Riehl... »Ich wusste gar nicht, dass das Ding Nitag heißt«, sagt ein verblüffter Oberbürgermeister: »Ich kenn’ das nur als Harley-Werkstatt.« Gemeint ist die alte Tankstelle an der Glienicker Brücke, 1937 von den Landhaus-Architekten Estorff & Winkler für die Naphta-Industrie- und Tankanlagen (NITAG) gebaut und nach dem Krieg vom DDR-Konzern Minol betrieben. Das Minol-Schild hat Inhaber Indian-Werkstatt- und -Café-Betreiber Werner Heuser immer noch an der Fassade. Und mit diesem Bild steht er im neuen Potsdam-Architekturführer »gebaut!«, der gestern den Oberbürgermeister staunen ließ. Des Lobes voll war Jakobs auch ob der Auswahl der 213 Objekte in Potsdam, viele eher unbekannte darunter, der Bikertreff zum Beispiel.
Natürlich sind in dem von Catrin During und Stadtmöbeldesigner Albrecht Ecke editierten Buch auch Sanssouci und die anderen größeren und kleineren Schlösser Potsdams verzeichnet, aber jedes nur im Standardformat einer halben Seite mit einem einzigen Bild. Dagegen sind das Bornstedter Feld und stilprägende Nachwende-Neubauten in Babelsberg und am Neuen Garten ausführlicher behandelt. Auch historische Wohnsiedlungen, Industrie- und Wissenschaftsbauten werden eingehender beleuchtet, darunter die alten Forschungsgebäude auf dem Telegrafenberg und das MAZ-Verlagsgebäude, das mal ein Flugzeugwerk gewesen ist. Modernität wie die Bausparkassenverwaltung nebst Hotel in der Pirschheide, der Hauptbahnhof und mehrere Zweckbauten der Energieversorgung sind ebenso vertreten wie diverse hochherrschaftliche Villen, die erst zum Teil saniert sind. Sogar einige der Prominentenvillen vom Heiligen See sind verzeichnet: die Villa Rumpf und die Villa Metz zum Beispiel, die beide Wolfgang Joop gehören. Joop ließ den Fotografen gern die Bilder machen, lud ihn zu sich ein.
Geordnet ist das im Berliner Lukas Verlag erschienene broschierte Werk anhand von Farben in einem groben Flächenplan des Buchdeckels. Dort sind den verschiedenen Stadtteilen Farben zugeordnet, die im Buch selbst dann wie ein Daumenregister anwählbar sind. Der Einführungsseite folgen ein Straßenraster mit den nummerierten Sehenswürdigkeiten, die Punkt für Punkt, knapp und verständlich selbst für absolute Architektur-Laien behandelt werden. Das Ganze könne gern als Spaziergang verstanden werden, sagt Ecke, der selbst in Babelsberg wohnt. Jann Jakobs sieht darin die Fortsetzung der thematischen Stadtspaziergänge im Jahr der Architektur 2006. »Das ist Pflichtlektüre für Leute, die in Sachen Potsdam mitreden wollen«, so der Oberbürgermeister.
Verleger Frank Böttcher hatte einen eher schweren Zugang zu dem Werk. »Vor 28 Jahren hab’ ich mal anderthalb Jahre hier gedient. Für mich war Potsdam immer nur die Stadt, in der ich auf der Straße Offiziere grüßen musste.« 15 Jahre mied der Berliner Potsdam »wie die Pest«. Erst über Veröffentlichungen zur Geschichte des Landes Brandenburg kam Böttcher »in konzentrischen Kreisen« wieder nach Potsdam. Bei der Arbeit am neuen Architekturführer habe er »viel gesehen und viel gelernt«, sagt er: »Ich bin wieder in Potsdam angekommen.«
Das Buch hat eine Erstauflage von fünftausend Exemplaren. Gefördert wurde es mit achttausend Euro durch die Stadt Potsdam und mit fünftausend Euro durch die städtische Bauholding Pro Potsdam.
Rainer Schüler in »Märkische Allgemeine«, 16. Juni 2008

 

 

Potsdams Stadtmauer hatte nie eine wirkliche Schutz- oder Verteidigungsfunktion. Sie diente vielmehr dazu, Steuern einzutreiben und Soldaten der Garnison an der Flucht zu hindern. An dem etwa 160 Meter langen, restaurierten Mauerrest in der Großen Fischerstraße beginnt der Spaziergang, zu dem der Architekturführer Potsdam »gebaut!« einlädt.
Das sehr informative und übersichtlich gestaltete Kompendium beschreibt über 200 Gebäude und Ensembles, die zumeist im Schatten der Schlösser und Gärten stehen. Zu Unrecht, wie der von Catrin During und Albrecht Ecke verfasste Wissensspeicher beweist. Nicht nur für Touristen fasst er zusammen, was diese Stadt ausmacht: Exklusive Villen neben sozialistischen Großsiedlungen, Architekturzitate auf europäische Bauten neben Lücken und Brüche als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges und der ideologisch gefärbten Moderne in der DDR. Aber auch eine heute bedingungslose Denkmalpflege »die sicher manchmal über das Ziel hinaus schießt, aber alles dafür getan hat, das Gesamtkunstwerk Potsdam zu schützen«, wie die Autoren betonen.
Zu dieser Gesamtheit gehören auch die neuen Stadtteile im Plattenbau sowie die umliegenden Dörfer im ländlich-märkischem Charme, die das Buch mit durchwandert. Es zeigt Kirchen, Wohnhäuser, Mühlen, Institute, Tankstellen, Brücken, Fabriken, Kasernen, Bahnhöfe – nicht nur als kleine Visitenkarten in Form von Fotos, Bauzeit, Bauherr und Architekt. Es gibt auch einen kurzen geschichtlichen Abriss, der oft das Leben in den verschiedenen Zeiten spiegelt. Wie das von Unger 1772 erbaute Lazarett in der Lindenstraße 25. Hinter der relativ schmucklosen Fassade wohnte damals der Militärsanitäter. Einzig die beiden Sandsteinfiguren des Bildhauers Philipp Gottfried Jenner belebten das Äußere. Sie stellen zwei Behandlungssituationen dar: eine mit Klistier und eine mit Arzneiglas. »Offenbar sollten die Figuren die kranken Gardisten eher abschrecken denn zum Arztbesuch einladen«, mutmaßen die aufmerksamen »Stadtwanderer«.
Die Wohnhäuser in der Großen Fischerstraße 3 bis 10 wurden für die in Potsdam ansässigen Fischer im Stil des späten Barock gebaut: »Die Eigentümer erhielten die Fischereigerechtigkeit, das heißt sowohl Käufer als auch Mieter und sogar die Erben mussten das Fischereigewerbe betreiben. So blieb die Struktur des Viertels bis Anfang des 20. Jahrhunderts erhalten«, ist zu lesen.
Über die 1932 bis 1934 gebaute Wohnanlage »Am Stadtrand« ist zu erfahren, dass sie nach der Weltwirtschaftskrise von arbeitslosen Handwerkern selbst erbaut und anschließend unter ihnen verlost wurde. »Das gewährleistete eine hohe Qualität, da niemand wusste, welches Haus er einmal bekommen würde«
Der Architekturführer schlägt einen weiten Bogen bis in die Jetztzeit, nimmt den Leser auch mit in die umgekrempelte Schiffbauergasse oder ans »Glienicker Horn«. Mit dieser Broschüre unterm Arm lässt sich Potsdam mit geschärftem Blick entdecken.
Heidi Jäger in »Potsdamer Neueste Nachrichten«, 22. Mai 2008