Michael Lissok und Bernfried Lichtnau (Hg.)

Das steinerne Antlitz der Alma Mater. Die Bauten der Universität Greifswald 1456–2006

 

Die vorliegende Publikation ist weit mehr als ein Ausstellungskatalog, sie bietet einen Abriss der Geschichte der Universitätsbauten vom 15. Jh. bis in die Gegenwart und schreibt somit auch Universitätsgeschichte. Hervorgegangen aus einem Studentenprojekt über drei Semester am Caspar-David-Friedrich-Institut widmet sich der Band der gesamten Breite und Vielfalt der akademischen Baulichkeiten in fünfeinhalb Jahrhunderten und stellt diese in ihrer Entstehung und Entwicklung dar. Für das Ergebnis ist den Hgg. ausdrücklich zu danken.
Nach dem Grußwort des Rektors und der Einleitung und Danksagung der Hgg. folgen zunächst einige Aufsätze, die in das Thema einführen und sich diesem unter verschiedenen Aspekten nähern. Ernst Badstübner gibt eingangs einen Überblick über die Geschichte der Baulichkeiten für Lehrende und Studierende, Felix Schönrock zeigt vor allem die Entwicklung des Immobilienbesitzes der Greifswalder Universität bis zum Anfang des 19. Jh. auf und wendet sich dann den Professorenhäusern zu. Torsten Rütz beschreibt die Baugeschichte des Wahrzeichens der Greifswalder Universität, des Kollegiengebäudes. Michael Lissok geht der Architekturausbildung an der Greifswalder Hochschule nach, wobei er dabei die Landwirtschaftsakademie in Eldena mit einschließt, und er untersucht die berufliche Stellung und die Aufgabenfelder der Greifswalder Universitätsbaumeister. Jana Olschewski beschäftigt sich mit den Bauten auf dem Lande im 19. Jh. im Zusammenhang mit Kirchenpatronat und Grundbesitz. Anschließend betrachtet Andreas Meinecke die Universitätsbauten aus der Zeit des Wilhelminischen Kaiserreiches und Bernfried Lichtnau befasst sich mit den universitären Bauprojekten und städtebaulichen Planungen im ersten Drittel des 20. Jh. Die neueren und neusten Bauten stehen im Mittelpunkt der Beiträge von Ulrich Hartung – die Hochschulbauten aus der Zeit der DDR – und Niclas Dünnebakke – neue Gebäude der Greifswalder Universität für das 21. Jh. Abschließend schildert Dirk Alvermann die Überlieferungslage zur Baugeschichte im Universitätsarchiv Greifswald. Die Aufsätze sind solide, basierend auf dem aktuellen Forschungsstand gearbeitet, jedoch hätte man sich teilweise etwas mehr Ausführlichkeit gewünscht. Auch hätten Verweise auf den Katalogteil die Beiträge bereichert.
Den Aufsätzen schließt sich der eigentliche Katalogteil an. Chronologisch von 1456 bis 2006 gegliedert (1456–1539,–1539–1648, 1648–1815, 1815–1871, 1871–1918, 1919–1933, 1933–1945, 1945/49–1990,1990–2006, 2006–2010) werden nach einer kurzen Einführung zum jeweiligen Zeitraum die entsprechenden Baulichkeiten, die reich bebildert sind, vorgestellt. In den Einführungen wird der Bezug zur Entwicklung der Universität sowie der Stadt hergestellt und somit eine Einordnung in die gesamtgesellschaftlichen und universitären Zusammenhänge ermöglicht. Im letzten Abschnitt des Katalogteils 2006–2010 geben die Autoren einen Ein- und Ausblick in die Planungen der baulichen Entwicklung. Hervorgehoben werden muss das Bemühen sowohl um eine vollständige und allseitige Bearbeitung des Themas als auch um eine kritische Auseinandersetzung mit vorgenommenen Restaurierungen, Anpassungen und Um-nutzungen der Gebäude.
Der Katalogteil wird durch Kurzbiographien zu den beteiligten Architekten ergänzt. Ein Anhang, bestehend aus Bibliographie, Ausstellungsexpressum, Objekt- und Personenregister, sowie Orientierungspläne vervollständigen den Katalog.
Der vorliegende Band ist ein würdiger Beitrag zum Universitätsjubiläum. Er gibt einen Überblick über die Bauten der Universität Greifswald von 1456 bis 2006 und ermöglicht durch seine systematische Gliederung, prägnante Beiträge und zahlreiche Register einen schnellen und komplexen Zugriff auf das Thema. Der Katalog wird weit über die Ausstellung hinaus seinen Platz in der Universitäts- und Stadtgeschichtsliteratur finden und sich zu einem gefragten Nachschlagewerk entwickeln.

Leipzig, Anett Müller in »Baltische Studien« (Pommersche Jahrbücher für Landesgeschichte), Band 93/2007 (Band 193 der Gesamtreihe)