Arbeitshefte des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums, Bd. 20

Friedrich Press (1904–1990)

Kirchenräume in Brandenburg

 

»Die Kirchenräume von Friedrich Press irritieren zunächst« sagte Henriette von Preuschen, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der BTU, unter deren Leitung das Seminar stand, eingangs der Buchpremiere den etwa 120 interessierten Besuchern. Mitarbeiter der BTU, der Landesämter, Studenten mehrerer Baustudienrichtungen, Wissenschaftler, Pfarrer und Gemeindemitglieder sahen zu Beginn der Präsentation einen kurzen Videofilm, in dem Friedrich Press (1903–90) noch einmal zu Wort kam: »Ich möchte, dass sich die Leute mit meinen Werken gedanklich befassen.«
Auf diese Art christlicher Kunst, die gar nicht so »kuschelig«, vielmehr herb ist, wurden die Mitarbeiter der BTU aufmerksam. Detlef Karg, Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege, brachte auf den Punkt »dass Press ohne seine Vorgeschichte nicht denkbar ist. 1904 im katholischen Münsterland geboren, Vater evangelisch, Mutter katholisch, vom Nationalsozialismus gebeutelt, im Zweiten Weltkrieg Soldat, in der DDR verfemt, fand seine künstlerische Erfüllung in der christlichen Kunst zwischen 1960 und 1990.
Sieben junge Studenten, konfessionell nicht gebunden, haben in akribischer Kleinarbeit diese in der DDR unbequeme Kunst hinterfragt, erforscht und dokumentiert. Von den über vierzig Kirchenräumen in ganz Deutschland, die Press gestaltete, liegen fünf im Land Brandenburg, die Gegenstand der Forschung wurden. Es sind dies die katholischen Kirchen in Wittenberge, Schwedt, Großräschen, Cottbus und die evangelische Kirche St. Barbara in Ortrand.
Uta Schaubs, die in Cottbus forschte, bekannte auf Nachfrage: »Ich hatte von Bibel, Religion keine Ahnung. Stundenlang las und blätterte ich in der Bibel.« Press’ Konzept für die Cottfeuser Propsteikirche lautete: »Maria und die Gemeinde auf der Straße Jahwe« und als Zusatz: »Jes. 40,3«. Für einen Bibelunkundigen eine Fleißarbeit, Details aus der Gestaltung gedanklich richtig einzuordnen. Im Vordergrund der Dokumentation stehen die Kunst an sich und ihre Bewahrung. Theologische Gedankenspiele sind untergeordnet.
Press bezog in seinen Planungen zur Neugestaltung alter Kirchen immer die Gemeinden mit ein. Viele Überlegungen, Besuche in seinem Atelier in Dresden, darunter natürlich auch Streitgespräche waren Grundlage seiner Arbeit. Daraus entstand dann der Grundgedanke wie beispielsweise für die St.-Antonius-Kirche in Großräschen: »Durch das Kreuz zur Auferstehung!« Und nun steht das große Kreuz, gleichsam auf die Gemeinde zuschreitend vor der in die Altarwand eingebauten Orgel, mit den aufwärts strebenden Orgelpfeifen.
Die Autoren faszinierte der Mut, den Friedrich Press hatte: unangepasst, in eigenständiger Kunst, Gedanken auszudrücken. Und, diese Kunst soll bewahrt bleiben, wohl wissend, dass »sein gleichermaßen ungewöhnlicher wie provozierender Stil bis heute Aufsehen erregt«. Auch das ist im nun vorliegenden Buch nachzulesen: »Press gilt in Europa als bedeutende Kapazität für moderne Kirchenraumgestaltung«.
Tag des Herrn. Katholische. Wochenzeitung für das Bistum Erfurt, 23. November 2008

[…] Weitere studentische Arbeiten, hier ein Vertiefungsseminar im Fach Denkmalpflege an der TU Cottbus, dokumentiert der ausgesprochen informative und sehr gelungene Band über sechs Kirchenräume in Brandenburg, die von Friedrich Press (1904–90) im Gefolge des 2. Vatikanums umgestaltet wurden. Fünf einleitende, allesamt sehr lesenswerte Beiträge externer Autoren verorten Press’ bildhauerisches Werk in der DDR-Zeit. Sämtliche Beiträge der Studentinnen, die sich Press’ Kirchengestaltungen in Wittenberge, Schwedt, Großräschen, Freiberg, Cottbus und Ortrand widmen, sind nach gleichem Muster gestaltet: Informationen zur Baugeschichte sowie älteren Umgestaltungen, ausführliche Erläuterungen zur Arbeit von Friedrich Press (in Zusammenarbeit mit Architekten), Beschreibung und Würdigung der neuen Ausstattungsgegenstände, (teils) Interpretationsansätze im Gesamtwerk bzw. Vergleich mit weiteren Arbeiten sowie abschließende denkmalpflegerische Betrachtung. Alle Artikel sind reich und gut bebildert. Press’ Gesamtkunstwerke stehen oft unter einem biblischen Motto. Allesamt sind von den Ortsgeistlichen intensiv begleitet worden; manche von ihnen hatten allerdings gewisse Schwierigkeiten mit der Ausdruckskraft seiner Werke (so Pfr. Gerold Schneider in Maria Friedenskönigin in Cottbus, der bspw. die Farbgebung alsbald wieder änderte). Press’ Eingriffe in die Räume sind teils erheblich, wechseln die Orientierung des Raums (etwa St. Heinrich in Wittenberge) bzw. zentrieren die Versammlungsräume deutlich um den Altar (z.B. Maria Himmelfahrt in Schwedt). Dabei arbeitet er mit Beton (Schwedt), Metall (Freiberg) und natürlich Holz. In der Wiedergabe der heutigen Gestalt von St. Heinrich in Wittenberge fällt die das Ensemble störende Verwendung eines Altartriptychons von Sieger (nicht Siegel) Köder auf; im gleichen Beitrag ist auch vom Kreuz als abschließende 13. (gemeint ist wohl die 15.) Station eines Kreuzwegs die Rede. Eine ähnlich qualitätvolle Bearbeitung wünscht man sich für zahlreiche weitere Kirchen(um)gestaltungen.