Kathleen Krenzlin und
Monika Meiser (Hg.)
Klaus Roenspieß
Malerei 1957–2011
Sie sind noch da, die Maler der sogenannten Berliner Schule, die freilich nie
eine solche war, wenn man das Stilbildende erwartet. Nicht im Osten der Stadt,
wo sie seit den 50er Jahren so viele waren, die sich mit ihrer
arkadischen, entschleunigten Bildsprache vor dem staatlich geforderten
Sozialistischen Realismus drückten. Und auch nicht im Westen, wo Maler das
irgendwie Weitabgewandte bevorzugten und nicht die zum totalen Trend gewordene
informelle oder gestische Abstraktion der US-amerikanischen Kunst. Das waren
Maler wie Werner Heldt, dessen gleichnishafter Satz »Unter dem Asphaltboden
Berlins ist überall der Sand der Mark. Und das war früher einmal Meeresboden«
in den Ateliers von ganz Berlin Wirkung zeigte. Wenn man so will, auch im
Atelier des 1935 in Prenzlauer Berg geborenen Klaus Roenspieß. Wie eine Hommage
ans steinerne Berlin, von dem Heldt sprach, und zugleich an die Naturfreiheit
der Ostseeküste, und auch an die Strände der vielen Seen rund um Berlin lassen
sich Roenspieß’ Gemälde von 1957 bis heute deuten. Und nicht zu übersehen ist
die Affinität des Malers für die Brücke-Expressionisten, seien es die
schroff-sinnlichen Akte am Wasser, Großstadtszenen mit und ohne Menschen oder
die geheimnisvollen »Baumbilder«, in denen die Linden, Ahornbäume, Kastanien zu
magischen Stadtbewohnern werden.
An seinem Malstil hat Roenspieß, der einst an der Kunsthochschule Weißensee
studierte, aber hinschmiss, was wohl mit der damaligen DDR-Kunstpolitik zu tun
hatte, bis heute nichts geändert. Er benutzt Pinsel und Ölfarben, die er auf
grundierte Leinwand setzt. Und immer geht der eng mit Malern wie Hans Vent,
Lothar Böhme und Dieter Golztsche Befreundete für seine Motive vom Geschauten aus,
übersetzt er es ins Vokabular seiner Malerei, die aus dunkler, herber, dabei
überreicher Farbigkeit wächst, bedächtig, bald melancholisch, bald heiter – und
vor allem mit einem sehr eigenen, manchmal kalten, dann wieder warmen Blau. Das
legendäre Preußisch Blau Max Liebermanns grüßt hinter den Bäumen der
Kollwitzstraße und von einer Mauer am Landwehrkanal. Und ein wenig auch noch
vom Himmel über Kopenhagen, einer Szene von 2007. Einmal Berliner. Immer
Berliner.
Ingeborg Ruthe, in: Berliner Zeitung am
22.03.2012